Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.
Jch spielte die Stelle lange nicht mehr, um ihn ganz davon abzuführen und dem ganzen Spiel ein Ende zu machen; oder ich mischte die Stelle so sehr unter fremde Sachen, wich in der Form und Harmonie so aus, daß er mich bei seiner gänzlichen Unwissenheit in der Musik, und bei seinem
Jch spielte die Stelle lange nicht mehr, um ihn ganz davon abzufuͤhren und dem ganzen Spiel ein Ende zu machen; oder ich mischte die Stelle so sehr unter fremde Sachen, wich in der Form und Harmonie so aus, daß er mich bei seiner gaͤnzlichen Unwissenheit in der Musik, und bei seinem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0095" n="95"/><lb/> am Ende machte es ihm eine schmerzhafte Empfindung, er bat mich aufzuhoͤren, und selbst dann, wenn er schon im Begriff war ins Bette zu steigen, und in einer Entfernung von dreien Zimmern den Satz spielen hoͤrte, kam er mit flehendem Geschrei hervorgerannt und unterbrach mich. Mein Bitten, sich doch in seiner Ausgelassenheit zu maͤßigen, mein Verbieten endlich, das Gelaͤchter, dem er sich dabei aussetzte, der Spott der kleinern, meine Versuche ihn festhalten zu lassen, alles half eine Zeitlang nichts, und er riß sich entweder loß, oder er strengte sich bis zur gaͤnzlichen Erschlaffung an. Daß er nicht affektirte, nicht betrog, dafuͤr buͤrgte mir seine ehrliche Einfalt und sein natuͤrliches Unvermoͤgen, eine ihm so fremde Rolle zu spielen; und warum sollte er es auch thun? Niemand konnte weniger geneigt seyn, sich bemerkt zu machen, als er; uͤberdem bewiesen seine Thraͤnen und das Mißvergnuͤgen, dem ihn die allgemeine Neugierde und Verspottung der andern Zoͤglinge aussetzten, das Gegentheil zur Genuͤge. </p> <p>Jch spielte die Stelle lange nicht mehr, um ihn ganz davon abzufuͤhren und dem ganzen Spiel ein Ende zu machen; oder ich mischte die Stelle so sehr unter fremde Sachen, wich in der Form und Harmonie so aus, daß er mich bei seiner gaͤnzlichen Unwissenheit in der Musik, und bei seinem<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [95/0095]
am Ende machte es ihm eine schmerzhafte Empfindung, er bat mich aufzuhoͤren, und selbst dann, wenn er schon im Begriff war ins Bette zu steigen, und in einer Entfernung von dreien Zimmern den Satz spielen hoͤrte, kam er mit flehendem Geschrei hervorgerannt und unterbrach mich. Mein Bitten, sich doch in seiner Ausgelassenheit zu maͤßigen, mein Verbieten endlich, das Gelaͤchter, dem er sich dabei aussetzte, der Spott der kleinern, meine Versuche ihn festhalten zu lassen, alles half eine Zeitlang nichts, und er riß sich entweder loß, oder er strengte sich bis zur gaͤnzlichen Erschlaffung an. Daß er nicht affektirte, nicht betrog, dafuͤr buͤrgte mir seine ehrliche Einfalt und sein natuͤrliches Unvermoͤgen, eine ihm so fremde Rolle zu spielen; und warum sollte er es auch thun? Niemand konnte weniger geneigt seyn, sich bemerkt zu machen, als er; uͤberdem bewiesen seine Thraͤnen und das Mißvergnuͤgen, dem ihn die allgemeine Neugierde und Verspottung der andern Zoͤglinge aussetzten, das Gegentheil zur Genuͤge.
Jch spielte die Stelle lange nicht mehr, um ihn ganz davon abzufuͤhren und dem ganzen Spiel ein Ende zu machen; oder ich mischte die Stelle so sehr unter fremde Sachen, wich in der Form und Harmonie so aus, daß er mich bei seiner gaͤnzlichen Unwissenheit in der Musik, und bei seinem
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