Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite


mittags in einigen Schlaf, erwachte aber mit Heftigkeit um vier Uhr, stieß die Medicin drei Stunden lang von sich, wüthete laut, und ihm mußte mit Hülfe der Ruthe die Arzenei beigebracht werden. Um sieben aß er Suppe, mußte nachher wieder durch Schärfe zum Einnehmen bewogen werden, worauf er von zwölf bis fünf Uhr schlafend zubrachte.

Den 18ten bis den 23sten Tag blieb abwechselnd die alte Lage, das Abführungsmittel wirkte nicht nach Wunsch, und die gewöhnliche auflösende Medicin mußte noch nicht genugsam eingegriffen haben: er fing an, dieselbe auch völlig überdrüßig zu werden, und der Arzt änderte beides ab; er bekam nun Tropfen und Pillen, und nun ging es mit dem Einnehmen und der Oefnung besser; der verworrene Zustand indessen und das unabläßige Plaudern Tag und Nacht dauerte fort; allein mehr lustig und frölich wie mürrisch. Mit den Wächtern ging er als Soldaten freundlich um, hingegen gegen die Dienstbothen war er das Gegentheil. Der Schlaf bei Nacht fand sich zu vier bis sechs Stunden ununterbrochen ein, und er erwachte auch meist heiter, bis wenn die Fliegenpflaster geschärft waren und die Bevestigung am Bett mittelst des Gurtes um den Leib ihn böse machte.

Am 24sten Tage kam unvermuthet vom Lande der Großvater zu ihm; er war den Morgen über wild gewesen, doch hatte er seine gewöhnliche Kost, Suppe, gekocht Obst und ein Butterschnittchen mit


mittags in einigen Schlaf, erwachte aber mit Heftigkeit um vier Uhr, stieß die Medicin drei Stunden lang von sich, wuͤthete laut, und ihm mußte mit Huͤlfe der Ruthe die Arzenei beigebracht werden. Um sieben aß er Suppe, mußte nachher wieder durch Schaͤrfe zum Einnehmen bewogen werden, worauf er von zwoͤlf bis fuͤnf Uhr schlafend zubrachte.

Den 18ten bis den 23sten Tag blieb abwechselnd die alte Lage, das Abfuͤhrungsmittel wirkte nicht nach Wunsch, und die gewoͤhnliche aufloͤsende Medicin mußte noch nicht genugsam eingegriffen haben: er fing an, dieselbe auch voͤllig uͤberdruͤßig zu werden, und der Arzt aͤnderte beides ab; er bekam nun Tropfen und Pillen, und nun ging es mit dem Einnehmen und der Oefnung besser; der verworrene Zustand indessen und das unablaͤßige Plaudern Tag und Nacht dauerte fort; allein mehr lustig und froͤlich wie muͤrrisch. Mit den Waͤchtern ging er als Soldaten freundlich um, hingegen gegen die Dienstbothen war er das Gegentheil. Der Schlaf bei Nacht fand sich zu vier bis sechs Stunden ununterbrochen ein, und er erwachte auch meist heiter, bis wenn die Fliegenpflaster geschaͤrft waren und die Bevestigung am Bett mittelst des Gurtes um den Leib ihn boͤse machte.

Am 24sten Tage kam unvermuthet vom Lande der Großvater zu ihm; er war den Morgen uͤber wild gewesen, doch hatte er seine gewoͤhnliche Kost, Suppe, gekocht Obst und ein Butterschnittchen mit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0036" n="36"/><lb/>
mittags in                   einigen Schlaf, erwachte aber mit Heftigkeit um vier Uhr, stieß die Medicin drei                   Stunden lang von sich, wu&#x0364;thete laut, und ihm mußte mit Hu&#x0364;lfe der Ruthe die Arzenei                   beigebracht werden. Um sieben aß er Suppe, mußte nachher wieder durch Scha&#x0364;rfe zum                   Einnehmen bewogen werden, worauf er von zwo&#x0364;lf bis fu&#x0364;nf Uhr schlafend zubrachte. </p>
            <p>Den 18ten bis den 23sten Tag blieb abwechselnd die alte Lage, das Abfu&#x0364;hrungsmittel                   wirkte nicht nach Wunsch, und die gewo&#x0364;hnliche auflo&#x0364;sende Medicin mußte noch nicht                   genugsam eingegriffen haben: er fing an, dieselbe auch vo&#x0364;llig u&#x0364;berdru&#x0364;ßig zu                   werden, und der Arzt a&#x0364;nderte beides ab; er bekam nun Tropfen und Pillen, und nun                   ging es mit dem Einnehmen und der Oefnung besser; der verworrene Zustand indessen                   und das unabla&#x0364;ßige Plaudern Tag und Nacht dauerte fort; allein mehr lustig und                   fro&#x0364;lich wie mu&#x0364;rrisch. Mit den Wa&#x0364;chtern ging er als Soldaten freundlich um,                   hingegen gegen die Dienstbothen war er das Gegentheil. Der Schlaf bei Nacht fand                   sich zu vier bis sechs Stunden ununterbrochen ein, und er erwachte auch meist                   heiter, bis wenn die Fliegenpflaster gescha&#x0364;rft waren und die Bevestigung am Bett                   mittelst des Gurtes um den Leib ihn bo&#x0364;se machte. </p>
            <p>Am 24sten Tage kam unvermuthet vom Lande der Großvater zu ihm; er war den Morgen                   u&#x0364;ber wild gewesen, doch hatte er seine gewo&#x0364;hnliche Kost, Suppe, gekocht Obst und                   ein Butterschnittchen mit<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[36/0036] mittags in einigen Schlaf, erwachte aber mit Heftigkeit um vier Uhr, stieß die Medicin drei Stunden lang von sich, wuͤthete laut, und ihm mußte mit Huͤlfe der Ruthe die Arzenei beigebracht werden. Um sieben aß er Suppe, mußte nachher wieder durch Schaͤrfe zum Einnehmen bewogen werden, worauf er von zwoͤlf bis fuͤnf Uhr schlafend zubrachte. Den 18ten bis den 23sten Tag blieb abwechselnd die alte Lage, das Abfuͤhrungsmittel wirkte nicht nach Wunsch, und die gewoͤhnliche aufloͤsende Medicin mußte noch nicht genugsam eingegriffen haben: er fing an, dieselbe auch voͤllig uͤberdruͤßig zu werden, und der Arzt aͤnderte beides ab; er bekam nun Tropfen und Pillen, und nun ging es mit dem Einnehmen und der Oefnung besser; der verworrene Zustand indessen und das unablaͤßige Plaudern Tag und Nacht dauerte fort; allein mehr lustig und froͤlich wie muͤrrisch. Mit den Waͤchtern ging er als Soldaten freundlich um, hingegen gegen die Dienstbothen war er das Gegentheil. Der Schlaf bei Nacht fand sich zu vier bis sechs Stunden ununterbrochen ein, und er erwachte auch meist heiter, bis wenn die Fliegenpflaster geschaͤrft waren und die Bevestigung am Bett mittelst des Gurtes um den Leib ihn boͤse machte. Am 24sten Tage kam unvermuthet vom Lande der Großvater zu ihm; er war den Morgen uͤber wild gewesen, doch hatte er seine gewoͤhnliche Kost, Suppe, gekocht Obst und ein Butterschnittchen mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0302_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0302_1785/36
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 2. Berlin, 1785, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0302_1785/36>, abgerufen am 26.04.2024.