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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 1. Berlin, 1785.

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Maasstab, den Grad dieser Stimmung anzugeben, der zur Hervorbringung des Lachens vorhanden seyn muß, und der nach den so sehr verschiedenen, bald feinern, bald gröbern Empfindungsfähigkeiten der Menschen, und ihren eben so verschiedenen Anlagen des Geistes, Aehnlichkeiten mit einander schnell zu vergleichen, so wie auch nach den jedesmaligen Gemüthszuständen derselben, nicht anders als sehr verschieden ausfallen kann. Manche Menschen können aus Mangel eines feinern Gefühls durchaus nicht das Witzige eines Gedankens empfinden, worüber andre sich nicht satt lachen können; andre scheinen nur für eine einzige Art des Lächerlichen einen Sinn zu haben; einige, besonders Kinder, und kindischwerdende Alte, lachen über jede Kleinigkeit; wieder andre behalten den ewigen kalten Ernst auf ihre Stirne. -- Man zeigte uns in der Geschichte eine Menge von Männern, die in ihrem Leben kein einzigesmal gelacht haben sollen, und man hat unsern Erlöser, um ihm wahrscheinlich eine große Ehre dadurch zu erweisen, mit darunter gesezt.*)


*) Lächerlich genug war der Gedanke eines bekannten Theologen dieses Jahrhunderts, der allenfalls zugestand, daß unser Erlöser habe lachen können; -- aber über nichts anders, als über die -- Bekehrung eines busfertigen Sünders. Sieh. d. Art. Lachen in Walchs Philos. Wörterb. Anmerk. d. Verf.


Maasstab, den Grad dieser Stimmung anzugeben, der zur Hervorbringung des Lachens vorhanden seyn muß, und der nach den so sehr verschiedenen, bald feinern, bald groͤbern Empfindungsfaͤhigkeiten der Menschen, und ihren eben so verschiedenen Anlagen des Geistes, Aehnlichkeiten mit einander schnell zu vergleichen, so wie auch nach den jedesmaligen Gemuͤthszustaͤnden derselben, nicht anders als sehr verschieden ausfallen kann. Manche Menschen koͤnnen aus Mangel eines feinern Gefuͤhls durchaus nicht das Witzige eines Gedankens empfinden, woruͤber andre sich nicht satt lachen koͤnnen; andre scheinen nur fuͤr eine einzige Art des Laͤcherlichen einen Sinn zu haben; einige, besonders Kinder, und kindischwerdende Alte, lachen uͤber jede Kleinigkeit; wieder andre behalten den ewigen kalten Ernst auf ihre Stirne. — Man zeigte uns in der Geschichte eine Menge von Maͤnnern, die in ihrem Leben kein einzigesmal gelacht haben sollen, und man hat unsern Erloͤser, um ihm wahrscheinlich eine große Ehre dadurch zu erweisen, mit darunter gesezt.*)


*) Laͤcherlich genug war der Gedanke eines bekannten Theologen dieses Jahrhunderts, der allenfalls zugestand, daß unser Erloͤser habe lachen koͤnnen; — aber uͤber nichts anders, als uͤber die — Bekehrung eines busfertigen Suͤnders. Sieh. d. Art. Lachen in Walchs Philos. Woͤrterb. Anmerk. d. Verf.
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[95/0097] Maasstab, den Grad dieser Stimmung anzugeben, der zur Hervorbringung des Lachens vorhanden seyn muß, und der nach den so sehr verschiedenen, bald feinern, bald groͤbern Empfindungsfaͤhigkeiten der Menschen, und ihren eben so verschiedenen Anlagen des Geistes, Aehnlichkeiten mit einander schnell zu vergleichen, so wie auch nach den jedesmaligen Gemuͤthszustaͤnden derselben, nicht anders als sehr verschieden ausfallen kann. Manche Menschen koͤnnen aus Mangel eines feinern Gefuͤhls durchaus nicht das Witzige eines Gedankens empfinden, woruͤber andre sich nicht satt lachen koͤnnen; andre scheinen nur fuͤr eine einzige Art des Laͤcherlichen einen Sinn zu haben; einige, besonders Kinder, und kindischwerdende Alte, lachen uͤber jede Kleinigkeit; wieder andre behalten den ewigen kalten Ernst auf ihre Stirne. — Man zeigte uns in der Geschichte eine Menge von Maͤnnern, die in ihrem Leben kein einzigesmal gelacht haben sollen, und man hat unsern Erloͤser, um ihm wahrscheinlich eine große Ehre dadurch zu erweisen, mit darunter gesezt.*) *) Laͤcherlich genug war der Gedanke eines bekannten Theologen dieses Jahrhunderts, der allenfalls zugestand, daß unser Erloͤser habe lachen koͤnnen; — aber uͤber nichts anders, als uͤber die — Bekehrung eines busfertigen Suͤnders. Sieh. d. Art. Lachen in Walchs Philos. Woͤrterb. Anmerk. d. Verf.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 1. Berlin, 1785, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0301_1785/97>, abgerufen am 30.04.2024.