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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 1. Berlin, 1785.

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Was das Lachen insbesondere betriff, so lehrt uns die Erfahrung, daß dabei vornehmlich folgende Ursachen zum Grunde liegen müssen; wir müssen entweder durch das Witzige, Sonderbare und Unerwartete eines launigen Gedankens auf eine angenehme Art gerührt werden; oder es müssen uns ungewöhnliche, bizarre Gegenstände vermöge ihrer lächerlichen Gestalt; oder auch ihrer unregelmäßigen Verbindung, in welcher sie sich mit entgegenstehenden Objekten würklich, oder auch nur unsrer Einbildung nach befinden; -- aber auch wegen des Unerwarteten ihrer Handlungen, sehr auffallen. Das Lachen welches durch einen Kitzel des Körpers hervorgebracht wird, oder das sogenannte animalische Lachen, rechne ich nicht hierher, weil unsre Seele daran keinen Antheil zu haben scheint; auch nicht das erzwungne und verstellte Lachen, weil ihm das Angenehme und Erquickende fehlt, welches die andern Arten des Lachens seiner Natur nach allemal begleitet.

Zu den vorher angegebenen Ursachen des Lachens rechne ich noch die Schadenfreude. Ohne mich auf eine genauere Untersuchung der Moralität dieser Art des Lachens einzulassen, die ohnedem hier gerade am unrechten Orte stehen würde, bemerke ich nur, daß dieses Lachen in den allermeisten Fällen, vorausgesezt, daß wir an dem Unglück des andern nicht Schuld sind, nichts böses ist, ob es gleich allerdings sehr unanständig seyn kann.


Was das Lachen insbesondere betriff, so lehrt uns die Erfahrung, daß dabei vornehmlich folgende Ursachen zum Grunde liegen muͤssen; wir muͤssen entweder durch das Witzige, Sonderbare und Unerwartete eines launigen Gedankens auf eine angenehme Art geruͤhrt werden; oder es muͤssen uns ungewoͤhnliche, bizarre Gegenstaͤnde vermoͤge ihrer laͤcherlichen Gestalt; oder auch ihrer unregelmaͤßigen Verbindung, in welcher sie sich mit entgegenstehenden Objekten wuͤrklich, oder auch nur unsrer Einbildung nach befinden; — aber auch wegen des Unerwarteten ihrer Handlungen, sehr auffallen. Das Lachen welches durch einen Kitzel des Koͤrpers hervorgebracht wird, oder das sogenannte animalische Lachen, rechne ich nicht hierher, weil unsre Seele daran keinen Antheil zu haben scheint; auch nicht das erzwungne und verstellte Lachen, weil ihm das Angenehme und Erquickende fehlt, welches die andern Arten des Lachens seiner Natur nach allemal begleitet.

Zu den vorher angegebenen Ursachen des Lachens rechne ich noch die Schadenfreude. Ohne mich auf eine genauere Untersuchung der Moralitaͤt dieser Art des Lachens einzulassen, die ohnedem hier gerade am unrechten Orte stehen wuͤrde, bemerke ich nur, daß dieses Lachen in den allermeisten Faͤllen, vorausgesezt, daß wir an dem Ungluͤck des andern nicht Schuld sind, nichts boͤses ist, ob es gleich allerdings sehr unanstaͤndig seyn kann.

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[93/0095] Was das Lachen insbesondere betriff, so lehrt uns die Erfahrung, daß dabei vornehmlich folgende Ursachen zum Grunde liegen muͤssen; wir muͤssen entweder durch das Witzige, Sonderbare und Unerwartete eines launigen Gedankens auf eine angenehme Art geruͤhrt werden; oder es muͤssen uns ungewoͤhnliche, bizarre Gegenstaͤnde vermoͤge ihrer laͤcherlichen Gestalt; oder auch ihrer unregelmaͤßigen Verbindung, in welcher sie sich mit entgegenstehenden Objekten wuͤrklich, oder auch nur unsrer Einbildung nach befinden; — aber auch wegen des Unerwarteten ihrer Handlungen, sehr auffallen. Das Lachen welches durch einen Kitzel des Koͤrpers hervorgebracht wird, oder das sogenannte animalische Lachen, rechne ich nicht hierher, weil unsre Seele daran keinen Antheil zu haben scheint; auch nicht das erzwungne und verstellte Lachen, weil ihm das Angenehme und Erquickende fehlt, welches die andern Arten des Lachens seiner Natur nach allemal begleitet. Zu den vorher angegebenen Ursachen des Lachens rechne ich noch die Schadenfreude. Ohne mich auf eine genauere Untersuchung der Moralitaͤt dieser Art des Lachens einzulassen, die ohnedem hier gerade am unrechten Orte stehen wuͤrde, bemerke ich nur, daß dieses Lachen in den allermeisten Faͤllen, vorausgesezt, daß wir an dem Ungluͤck des andern nicht Schuld sind, nichts boͤses ist, ob es gleich allerdings sehr unanstaͤndig seyn kann.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 1. Berlin, 1785, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0301_1785/95>, abgerufen am 30.04.2024.