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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 1. Berlin, 1785.

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machen läßt, ich, da ich der Obriste des Leibregiments bin, worüber der Durchlauchtigste Fürst in Stralsund Chef ist, darum so der junge schnelle Bote nicht heute reiten will, so will ich selbst reiten. Jch weiß es schon, daß die Gingster mit mir processiren wollen, aber ich will dem hiesigen Pöbel weisen, daß ich ihr Präpositus und ihr Vorgesetzter bin; aber ich will nicht mit ihnen processiren, denn ich weiß wohl, daß sich hier schon Priester todt geärgert haben, und nun kommen sie mit ihren verdammten Lügen, und ich muß mich noch vor meinem fünfzigsten Jahr hier todt quälen.

Jch habe nun hier schon funfzehn Jahre die Passionsandachten, so viel mir meine Kräfte zugelassen haben, gehalten, allein die mehreste Zeit vor ein paar alten Weibern predigen müssen, und die leeren Bänke vor mir gesehen, und dabey meine Gesundheit, Leben, Muth und Blut zugesetzet. Wer hat also wohl die Schuld, wenn der Priester Lügen predigen muß?

Aber ich will nun wohl bessere Ordnung halten, und so wahr wie Gott im Himmel lebt! will ich mich der Sachen besser annehmen, die Gingster können mich nur verklagen; aber wo wollen sie mich verklagen? Bei Sr. Durchlaucht, oder bey dem König Gustav dem Zweiten? denn nach dem Königlichen Amtshauptmann können sie nur hingehen, der ist mein guter Freund, und ich will mich doch nicht in einen Proceß geben. (Nun wandte sich


machen laͤßt, ich, da ich der Obriste des Leibregiments bin, woruͤber der Durchlauchtigste Fuͤrst in Stralsund Chef ist, darum so der junge schnelle Bote nicht heute reiten will, so will ich selbst reiten. Jch weiß es schon, daß die Gingster mit mir processiren wollen, aber ich will dem hiesigen Poͤbel weisen, daß ich ihr Praͤpositus und ihr Vorgesetzter bin; aber ich will nicht mit ihnen processiren, denn ich weiß wohl, daß sich hier schon Priester todt geaͤrgert haben, und nun kommen sie mit ihren verdammten Luͤgen, und ich muß mich noch vor meinem fuͤnfzigsten Jahr hier todt quaͤlen.

Jch habe nun hier schon funfzehn Jahre die Passionsandachten, so viel mir meine Kraͤfte zugelassen haben, gehalten, allein die mehreste Zeit vor ein paar alten Weibern predigen muͤssen, und die leeren Baͤnke vor mir gesehen, und dabey meine Gesundheit, Leben, Muth und Blut zugesetzet. Wer hat also wohl die Schuld, wenn der Priester Luͤgen predigen muß?

Aber ich will nun wohl bessere Ordnung halten, und so wahr wie Gott im Himmel lebt! will ich mich der Sachen besser annehmen, die Gingster koͤnnen mich nur verklagen; aber wo wollen sie mich verklagen? Bei Sr. Durchlaucht, oder bey dem Koͤnig Gustav dem Zweiten? denn nach dem Koͤniglichen Amtshauptmann koͤnnen sie nur hingehen, der ist mein guter Freund, und ich will mich doch nicht in einen Proceß geben. (Nun wandte sich

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[5/0007] machen laͤßt, ich, da ich der Obriste des Leibregiments bin, woruͤber der Durchlauchtigste Fuͤrst in Stralsund Chef ist, darum so der junge schnelle Bote nicht heute reiten will, so will ich selbst reiten. Jch weiß es schon, daß die Gingster mit mir processiren wollen, aber ich will dem hiesigen Poͤbel weisen, daß ich ihr Praͤpositus und ihr Vorgesetzter bin; aber ich will nicht mit ihnen processiren, denn ich weiß wohl, daß sich hier schon Priester todt geaͤrgert haben, und nun kommen sie mit ihren verdammten Luͤgen, und ich muß mich noch vor meinem fuͤnfzigsten Jahr hier todt quaͤlen. Jch habe nun hier schon funfzehn Jahre die Passionsandachten, so viel mir meine Kraͤfte zugelassen haben, gehalten, allein die mehreste Zeit vor ein paar alten Weibern predigen muͤssen, und die leeren Baͤnke vor mir gesehen, und dabey meine Gesundheit, Leben, Muth und Blut zugesetzet. Wer hat also wohl die Schuld, wenn der Priester Luͤgen predigen muß? Aber ich will nun wohl bessere Ordnung halten, und so wahr wie Gott im Himmel lebt! will ich mich der Sachen besser annehmen, die Gingster koͤnnen mich nur verklagen; aber wo wollen sie mich verklagen? Bei Sr. Durchlaucht, oder bey dem Koͤnig Gustav dem Zweiten? denn nach dem Koͤniglichen Amtshauptmann koͤnnen sie nur hingehen, der ist mein guter Freund, und ich will mich doch nicht in einen Proceß geben. (Nun wandte sich

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 1. Berlin, 1785, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0301_1785/7>, abgerufen am 27.11.2024.