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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 1. Berlin, 1785.

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mehr empfindsame --) Jch las alte und neue Dichter, Lust- und Trauerspiele, besonders letztere am liebsten, so wie ich überhaupt mehr Gefühl fürs Ernste, Rührende als fürs Komische, Tändelnde habe. Jch suchte meine Sprache zu bilden, indem ich mir das Eigenthümliche eines Verfassers dadurch deutlich machte, daß ich ihn mit andern verglich; ihre Wortfügung, ihren Periodenbau bemerkte. Jch fing an, mir selbst kleine Aufsätze zu machen; mir ein gewisses Thema aufzugeben, worüber ich schon viel gelesen. Das brachte ich nun nach meiner Art zu Papier; nur schade! daß ich keinen Freund hatte, der meine Gedanken recensirt hätte. Jch machte mir Auszüge aus Büchern über Gegenstände der Religion, Philosophie, Naturgeschichte und Naturlehre. Besonders fand ich viel Vergnügen in Büchern, worinnen ich Bemerkungen übers menschliche Herz fand. Jn diesen habe ich viel und fleißig gelesen. Niemeiers Charakteristik der Bibel; die Faramondsche Familiengeschichte; Franz von Kronenburgs und Ernst Grato's Briefe zur Beförderung der Menschenkenntniß. Wagenseils Beiträge zur Weisheit und Menschenkenntniß; Tagebücher über sich selbst u.a.m. Auch über Erziehung habe ich viel gelesen, und sie wurde, da sie so genau mit der Menschenkenntniß verwandt ist, bald mein Lieblingsstudium. Auch fing ich einmal Bemerkungen über mich selbst aufzusetzen; allein die anhaltenden Unruhen meiner Seele mach-


mehr empfindsame —) Jch las alte und neue Dichter, Lust- und Trauerspiele, besonders letztere am liebsten, so wie ich uͤberhaupt mehr Gefuͤhl fuͤrs Ernste, Ruͤhrende als fuͤrs Komische, Taͤndelnde habe. Jch suchte meine Sprache zu bilden, indem ich mir das Eigenthuͤmliche eines Verfassers dadurch deutlich machte, daß ich ihn mit andern verglich; ihre Wortfuͤgung, ihren Periodenbau bemerkte. Jch fing an, mir selbst kleine Aufsaͤtze zu machen; mir ein gewisses Thema aufzugeben, woruͤber ich schon viel gelesen. Das brachte ich nun nach meiner Art zu Papier; nur schade! daß ich keinen Freund hatte, der meine Gedanken recensirt haͤtte. Jch machte mir Auszuͤge aus Buͤchern uͤber Gegenstaͤnde der Religion, Philosophie, Naturgeschichte und Naturlehre. Besonders fand ich viel Vergnuͤgen in Buͤchern, worinnen ich Bemerkungen uͤbers menschliche Herz fand. Jn diesen habe ich viel und fleißig gelesen. Niemeiers Charakteristik der Bibel; die Faramondsche Familiengeschichte; Franz von Kronenburgs und Ernst Grato's Briefe zur Befoͤrderung der Menschenkenntniß. Wagenseils Beitraͤge zur Weisheit und Menschenkenntniß; Tagebuͤcher uͤber sich selbst u.a.m. Auch uͤber Erziehung habe ich viel gelesen, und sie wurde, da sie so genau mit der Menschenkenntniß verwandt ist, bald mein Lieblingsstudium. Auch fing ich einmal Bemerkungen uͤber mich selbst aufzusetzen; allein die anhaltenden Unruhen meiner Seele mach-

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[10/0012] mehr empfindsame —) Jch las alte und neue Dichter, Lust- und Trauerspiele, besonders letztere am liebsten, so wie ich uͤberhaupt mehr Gefuͤhl fuͤrs Ernste, Ruͤhrende als fuͤrs Komische, Taͤndelnde habe. Jch suchte meine Sprache zu bilden, indem ich mir das Eigenthuͤmliche eines Verfassers dadurch deutlich machte, daß ich ihn mit andern verglich; ihre Wortfuͤgung, ihren Periodenbau bemerkte. Jch fing an, mir selbst kleine Aufsaͤtze zu machen; mir ein gewisses Thema aufzugeben, woruͤber ich schon viel gelesen. Das brachte ich nun nach meiner Art zu Papier; nur schade! daß ich keinen Freund hatte, der meine Gedanken recensirt haͤtte. Jch machte mir Auszuͤge aus Buͤchern uͤber Gegenstaͤnde der Religion, Philosophie, Naturgeschichte und Naturlehre. Besonders fand ich viel Vergnuͤgen in Buͤchern, worinnen ich Bemerkungen uͤbers menschliche Herz fand. Jn diesen habe ich viel und fleißig gelesen. Niemeiers Charakteristik der Bibel; die Faramondsche Familiengeschichte; Franz von Kronenburgs und Ernst Grato's Briefe zur Befoͤrderung der Menschenkenntniß. Wagenseils Beitraͤge zur Weisheit und Menschenkenntniß; Tagebuͤcher uͤber sich selbst u.a.m. Auch uͤber Erziehung habe ich viel gelesen, und sie wurde, da sie so genau mit der Menschenkenntniß verwandt ist, bald mein Lieblingsstudium. Auch fing ich einmal Bemerkungen uͤber mich selbst aufzusetzen; allein die anhaltenden Unruhen meiner Seele mach-

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 3, St. 1. Berlin, 1785, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0301_1785/12>, abgerufen am 23.11.2024.