Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784.
Herr Stork schien an den Unterschied beider Arten von Begriffen und an die Schwierigkeiten den letztern zu erlangen gar nicht zu denken. Es schien mir also auch hieraus zu erhellen, daß man
Herr Stork schien an den Unterschied beider Arten von Begriffen und an die Schwierigkeiten den letztern zu erlangen gar nicht zu denken. Es schien mir also auch hieraus zu erhellen, daß man <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0086" n="86"/><lb/> das Kind <hi rendition="#b">jeden Begrif,</hi> deren in dem ziemlich langen Satze so viele vorkommen, und die so abstrakt sind, <hi rendition="#b">deutlich erkenne.</hi> Die Begriffe von <hi rendition="#b">neuem Testamente,</hi> von <hi rendition="#b">unblutigem Opfer,</hi> vom <hi rendition="#b">Denkmahl, das ein unblutiges Opfer</hi> ist, moͤchten wohl einem Taubstummen immer ziemlich unverstaͤndlich bleiben, und vielleicht waͤre es am besten, ihn gar nicht damit zu belaͤstigen. Daß das Kind uͤbrigens durch das <hi rendition="#b">Nachschreiben</hi> der obigen <hi rendition="#b">Definition</hi> nun den so verwickelten <hi rendition="#b">allgemeinen Begrif der Messe</hi> deutlich erkennen gelernt habe, ist wohl kaum zu glauben. Jch wollte der Sache naͤher kommen, und fragte den Herrn <hi rendition="#b">Abbé:</hi> welcher Methode er sich bedient habe, um den Kindern den Begrif, <hi rendition="#b">was die Messe sei,</hi> verstaͤndlich zu machen. Er versetzte: »Sie haben sie gesehen, oft gesehen. Sie werden oft in die Messe gefuͤhrt.« Jch schwieg; denn es schien mir, als ob er meine Frage gar nicht verstaͤnde, und weiter hineinzugehen, war da der Ort nicht. Jch glaubte, wenn auch das Kind <hi rendition="#b">den sinnlichen Begrif der Bewegungen des Priesters bei der Messe</hi> moͤchte erlangt haben, so sei eine ganz andere Frage, ob es von dem <hi rendition="#b">dogmatischen und mystischen Begriffe</hi> sich auch eine deutliche Vorstellung machen koͤnnte. </p> <p>Herr <hi rendition="#b">Stork</hi> schien an den Unterschied beider Arten von Begriffen und an die Schwierigkeiten den letztern zu erlangen gar nicht zu denken. Es schien mir also auch hieraus zu erhellen, daß man<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [86/0086]
das Kind jeden Begrif, deren in dem ziemlich langen Satze so viele vorkommen, und die so abstrakt sind, deutlich erkenne. Die Begriffe von neuem Testamente, von unblutigem Opfer, vom Denkmahl, das ein unblutiges Opfer ist, moͤchten wohl einem Taubstummen immer ziemlich unverstaͤndlich bleiben, und vielleicht waͤre es am besten, ihn gar nicht damit zu belaͤstigen. Daß das Kind uͤbrigens durch das Nachschreiben der obigen Definition nun den so verwickelten allgemeinen Begrif der Messe deutlich erkennen gelernt habe, ist wohl kaum zu glauben. Jch wollte der Sache naͤher kommen, und fragte den Herrn Abbé: welcher Methode er sich bedient habe, um den Kindern den Begrif, was die Messe sei, verstaͤndlich zu machen. Er versetzte: »Sie haben sie gesehen, oft gesehen. Sie werden oft in die Messe gefuͤhrt.« Jch schwieg; denn es schien mir, als ob er meine Frage gar nicht verstaͤnde, und weiter hineinzugehen, war da der Ort nicht. Jch glaubte, wenn auch das Kind den sinnlichen Begrif der Bewegungen des Priesters bei der Messe moͤchte erlangt haben, so sei eine ganz andere Frage, ob es von dem dogmatischen und mystischen Begriffe sich auch eine deutliche Vorstellung machen koͤnnte.
Herr Stork schien an den Unterschied beider Arten von Begriffen und an die Schwierigkeiten den letztern zu erlangen gar nicht zu denken. Es schien mir also auch hieraus zu erhellen, daß man
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