Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784.
Ohne Hülfe, ohne Aussichten nach einer glücklichen Zukunft, ohne einen Freund, vor welchem ich mein Herz ausschütten konte, ging ich eines
Ohne Huͤlfe, ohne Aussichten nach einer gluͤcklichen Zukunft, ohne einen Freund, vor welchem ich mein Herz ausschuͤtten konte, ging ich eines <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0060" n="60"/><lb/> ich was zu essen; die andern Tage sollte ich mit nuͤchtern Magen unterrichten. Dazu kam noch mancher Verdruß von Seiten der Eltern. Bald war ich ihnen zu strenge, bald zu gelinde. Nach Verlauf dieser zwei Monat fingen sie auch an das Schulgeld schuldig zu bleiben, mahnte ich sie, so wurden sie grob und ― schickten sie nicht wieder. Die Anzahl wurde immer kleiner, und um Fastnacht, so wie anfing gut Wetter zu werden, brauchten viele Eltern ihre Kinder zu Hause und auf dem Felde, und ich hatte kaum noch achtzehn. Nun uͤberstieg bereits der Stubenzins die Einnahme. Jch mußte Schulden machen, ich mochte es anfangen, wie ich wollte. Wahr ist es zwar, daß ich allein wohl gesehen haͤtte, wie ich mich haͤtte hingebracht; allein wie konnte ich meine arme huͤlflose Eltern, denen ich das ihrige auch mit aufgezehrt hatte, verlassen? Mein Kummer war damals sehr groß, und der Gedanke: was nun meine Bekannte sagen wuͤrden, wenn ich nun wieder ohne Beschaͤftigung herumgehen wuͤrde, nagte unaufhoͤrlich an meinem Herzen. Jch verbarg oft den Kummer vor meinen Eltern, aber die verborgne Kammer und das weite Feld ist oft Zeuge meiner geheimen Thraͤnen gewesen, die ich im Drange der aͤußersten Noth weinte. </p> <p>Ohne Huͤlfe, ohne Aussichten nach einer gluͤcklichen Zukunft, ohne einen Freund, vor welchem ich mein Herz ausschuͤtten konte, ging ich eines<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [60/0060]
ich was zu essen; die andern Tage sollte ich mit nuͤchtern Magen unterrichten. Dazu kam noch mancher Verdruß von Seiten der Eltern. Bald war ich ihnen zu strenge, bald zu gelinde. Nach Verlauf dieser zwei Monat fingen sie auch an das Schulgeld schuldig zu bleiben, mahnte ich sie, so wurden sie grob und ― schickten sie nicht wieder. Die Anzahl wurde immer kleiner, und um Fastnacht, so wie anfing gut Wetter zu werden, brauchten viele Eltern ihre Kinder zu Hause und auf dem Felde, und ich hatte kaum noch achtzehn. Nun uͤberstieg bereits der Stubenzins die Einnahme. Jch mußte Schulden machen, ich mochte es anfangen, wie ich wollte. Wahr ist es zwar, daß ich allein wohl gesehen haͤtte, wie ich mich haͤtte hingebracht; allein wie konnte ich meine arme huͤlflose Eltern, denen ich das ihrige auch mit aufgezehrt hatte, verlassen? Mein Kummer war damals sehr groß, und der Gedanke: was nun meine Bekannte sagen wuͤrden, wenn ich nun wieder ohne Beschaͤftigung herumgehen wuͤrde, nagte unaufhoͤrlich an meinem Herzen. Jch verbarg oft den Kummer vor meinen Eltern, aber die verborgne Kammer und das weite Feld ist oft Zeuge meiner geheimen Thraͤnen gewesen, die ich im Drange der aͤußersten Noth weinte.
Ohne Huͤlfe, ohne Aussichten nach einer gluͤcklichen Zukunft, ohne einen Freund, vor welchem ich mein Herz ausschuͤtten konte, ging ich eines
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