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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784.

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Vergnügen der Erhohlung nach der Arbeit geschmeckt, und eine Handlung vermieden, die bis jetzt noch einen Stachel in meiner Seele zurückgelassen.

Ein großer Theil meiner Glückseeligkeit stand also auf der Spitze eines Kegelschubes; und wer ist, dessen Schicksal nicht oft auf einer ähnlichen Spitze stände."

Die gute Laune, die Zufriedenheit mit uns selber ist die Mutter aller Tugenden -- sie ist aber ein kostbares Ding, und zerbrechlich wie Glaß.

Ehe jemand zu einer solchen Fertigkeit gekommen ist, daß nichts so leicht die Grundfesten seiner Handlungen mehr erschüttern kann, muß er über die gute heitere Stimmung seiner Seele, wie über eine aufkeimende Pflanze wachen, die der kleinste Stoß vom Winde zerknicken kann.

Jn der Folge kann man zwar schon etwas dreister seyn; aber ganz sicher nie -- denn als S** schon viele Jahre lang ein ordentlicher und rechtlicher Mann gewesen war, und für seine Gemüthsruhe von keinem mißlungnen Kegelschube etwas mehr zu befürchten hatte, brachte ihn doch einmal das Billard so aus seinem Gleise, daß es ihm vier Wochen Zeit kostete, ehe er wieder hineinkommen konnte.



Vergnuͤgen der Erhohlung nach der Arbeit geschmeckt, und eine Handlung vermieden, die bis jetzt noch einen Stachel in meiner Seele zuruͤckgelassen.

Ein großer Theil meiner Gluͤckseeligkeit stand also auf der Spitze eines Kegelschubes; und wer ist, dessen Schicksal nicht oft auf einer aͤhnlichen Spitze staͤnde.«

Die gute Laune, die Zufriedenheit mit uns selber ist die Mutter aller Tugenden ― sie ist aber ein kostbares Ding, und zerbrechlich wie Glaß.

Ehe jemand zu einer solchen Fertigkeit gekommen ist, daß nichts so leicht die Grundfesten seiner Handlungen mehr erschuͤttern kann, muß er uͤber die gute heitere Stimmung seiner Seele, wie uͤber eine aufkeimende Pflanze wachen, die der kleinste Stoß vom Winde zerknicken kann.

Jn der Folge kann man zwar schon etwas dreister seyn; aber ganz sicher nie ― denn als S** schon viele Jahre lang ein ordentlicher und rechtlicher Mann gewesen war, und fuͤr seine Gemuͤthsruhe von keinem mißlungnen Kegelschube etwas mehr zu befuͤrchten hatte, brachte ihn doch einmal das Billard so aus seinem Gleise, daß es ihm vier Wochen Zeit kostete, ehe er wieder hineinkommen konnte.


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[123/0123] Vergnuͤgen der Erhohlung nach der Arbeit geschmeckt, und eine Handlung vermieden, die bis jetzt noch einen Stachel in meiner Seele zuruͤckgelassen. Ein großer Theil meiner Gluͤckseeligkeit stand also auf der Spitze eines Kegelschubes; und wer ist, dessen Schicksal nicht oft auf einer aͤhnlichen Spitze staͤnde.« Die gute Laune, die Zufriedenheit mit uns selber ist die Mutter aller Tugenden ― sie ist aber ein kostbares Ding, und zerbrechlich wie Glaß. Ehe jemand zu einer solchen Fertigkeit gekommen ist, daß nichts so leicht die Grundfesten seiner Handlungen mehr erschuͤttern kann, muß er uͤber die gute heitere Stimmung seiner Seele, wie uͤber eine aufkeimende Pflanze wachen, die der kleinste Stoß vom Winde zerknicken kann. Jn der Folge kann man zwar schon etwas dreister seyn; aber ganz sicher nie ― denn als S** schon viele Jahre lang ein ordentlicher und rechtlicher Mann gewesen war, und fuͤr seine Gemuͤthsruhe von keinem mißlungnen Kegelschube etwas mehr zu befuͤrchten hatte, brachte ihn doch einmal das Billard so aus seinem Gleise, daß es ihm vier Wochen Zeit kostete, ehe er wieder hineinkommen konnte.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0203_1784/123>, abgerufen am 27.04.2024.