Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

Laune.

"Jch spielte den 12ten August im Jahr 1776 Kegel, um mich ein wenig zu zerstreuen, erzählte mir mein Freund S**, und meine Laune besser zu stimmen.

Aber als ich ein paar Würfe fehl gethan hatte, ward ich ungeduldig, und wollte nun das Treffen mit Gewalt erzwingen, da gelang es mir noch weniger, und so spielte ich drei Spiele hindurch noch um ein gut Theil mißvergnügter, als ich vorher war.

Jch hatte nun keine rechte Lust zu arbeiten, und da ich einmal mein Geschäft hatte liegen lassen, so schien es mir nun mit jedem Augenblick schwerer und unangenehmer, -- wollt' ich aber mir ein Vergnügen machen, so fielen mir wieder die verwünschten Arbeiten ein.

Jch mußte also zu etwas schreiten, worüber ich mich selbst vergaß -- dieß verleitete mich zu einem Schritte, der mich viele Jahre gereuet hat.

Hätte ich nur noch beim fünften Wurfe meine Geduld nicht ganz verrauchen lassen, so hätte ich wahrscheinlich nicht fehl geworfen, meine besten Launen wären wieder zurückgekommen; ich wäre mit Vergnügen an mein Geschäft gegangen -- hätte nach Vollendung desselben das reine


Laune.

»Jch spielte den 12ten August im Jahr 1776 Kegel, um mich ein wenig zu zerstreuen, erzaͤhlte mir mein Freund S**, und meine Laune besser zu stimmen.

Aber als ich ein paar Wuͤrfe fehl gethan hatte, ward ich ungeduldig, und wollte nun das Treffen mit Gewalt erzwingen, da gelang es mir noch weniger, und so spielte ich drei Spiele hindurch noch um ein gut Theil mißvergnuͤgter, als ich vorher war.

Jch hatte nun keine rechte Lust zu arbeiten, und da ich einmal mein Geschaͤft hatte liegen lassen, so schien es mir nun mit jedem Augenblick schwerer und unangenehmer, ― wollt' ich aber mir ein Vergnuͤgen machen, so fielen mir wieder die verwuͤnschten Arbeiten ein.

Jch mußte also zu etwas schreiten, woruͤber ich mich selbst vergaß ― dieß verleitete mich zu einem Schritte, der mich viele Jahre gereuet hat.

Haͤtte ich nur noch beim fuͤnften Wurfe meine Geduld nicht ganz verrauchen lassen, so haͤtte ich wahrscheinlich nicht fehl geworfen, meine besten Launen waͤren wieder zuruͤckgekommen; ich waͤre mit Vergnuͤgen an mein Geschaͤft gegangen ― haͤtte nach Vollendung desselben das reine

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0122" n="122"/><lb/><lb/>
        </div>
        <div n="2">
          <head>Laune. </head><lb/>
          <note type="editorial">
            <bibl>
              <persName ref="#ref163"><note type="editorial"/>M..s (Mendelssohn?)</persName>
            </bibl>
          </note>
          <p>»Jch spielte den 12ten August im Jahr 1776 Kegel, um mich                         ein wenig zu zerstreuen, erza&#x0364;hlte mir mein Freund S**, und meine Laune                         besser zu stimmen. </p>
          <p>Aber als ich ein paar Wu&#x0364;rfe fehl gethan hatte, ward ich ungeduldig, und                         wollte nun das Treffen mit Gewalt erzwingen, da gelang es mir noch weniger,                         und so spielte ich drei Spiele hindurch noch um ein gut Theil mißvergnu&#x0364;gter,                         als ich vorher war. </p>
          <p>Jch hatte nun keine rechte Lust zu arbeiten, und da ich einmal mein Gescha&#x0364;ft                         hatte liegen lassen, so schien es mir nun mit jedem Augenblick schwerer und                         unangenehmer, &#x2015; wollt' ich aber mir ein Vergnu&#x0364;gen machen, so fielen mir                         wieder die verwu&#x0364;nschten Arbeiten ein. </p>
          <p>Jch mußte also zu etwas schreiten, woru&#x0364;ber ich mich selbst vergaß &#x2015; dieß                         verleitete mich zu einem Schritte, der mich viele Jahre gereuet hat. </p>
          <p>Ha&#x0364;tte ich nur noch beim fu&#x0364;nften Wurfe meine Geduld nicht ganz verrauchen                         lassen, so ha&#x0364;tte ich wahrscheinlich nicht fehl geworfen, meine besten Launen                         wa&#x0364;ren wieder zuru&#x0364;ckgekommen; ich wa&#x0364;re mit Vergnu&#x0364;gen an mein Gescha&#x0364;ft                         gegangen &#x2015; ha&#x0364;tte nach Vollendung desselben das reine<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0122] Laune. »Jch spielte den 12ten August im Jahr 1776 Kegel, um mich ein wenig zu zerstreuen, erzaͤhlte mir mein Freund S**, und meine Laune besser zu stimmen. Aber als ich ein paar Wuͤrfe fehl gethan hatte, ward ich ungeduldig, und wollte nun das Treffen mit Gewalt erzwingen, da gelang es mir noch weniger, und so spielte ich drei Spiele hindurch noch um ein gut Theil mißvergnuͤgter, als ich vorher war. Jch hatte nun keine rechte Lust zu arbeiten, und da ich einmal mein Geschaͤft hatte liegen lassen, so schien es mir nun mit jedem Augenblick schwerer und unangenehmer, ― wollt' ich aber mir ein Vergnuͤgen machen, so fielen mir wieder die verwuͤnschten Arbeiten ein. Jch mußte also zu etwas schreiten, woruͤber ich mich selbst vergaß ― dieß verleitete mich zu einem Schritte, der mich viele Jahre gereuet hat. Haͤtte ich nur noch beim fuͤnften Wurfe meine Geduld nicht ganz verrauchen lassen, so haͤtte ich wahrscheinlich nicht fehl geworfen, meine besten Launen waͤren wieder zuruͤckgekommen; ich waͤre mit Vergnuͤgen an mein Geschaͤft gegangen ― haͤtte nach Vollendung desselben das reine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0203_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0203_1784/122
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0203_1784/122>, abgerufen am 27.04.2024.