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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784.

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chen noch immer in einer Entfernung wittere, worin es auf den Geruch nur weniger Personen Eindruck macht. Jch kann freilich nicht sagen, daß ich die geringste Empfindung durch die Nerven des Geruchs gehabt hätte, der ich mich deutlich bewußt gewesen wäre, wenn ich die Nähe einer Person ahndete. Aber da diese Ahndung sich nur selten in einem Zimmer, öfter aber in freier Luft, bey mir geregt hat, so wird es mir wahrscheinlicher, daß ich dergleichen sinnliche Eindrücke, ohne mein Wissen, empfangen habe.

Eben so wenig kann ich sagen, daß ich die Personen, deren Nähe sich mir verrieth, im geringsten durch den Geruch hätte unterscheiden können, und am wenigsten, daß ich bei allen, oder auch nur dem größten Theil derer, welche mir unvermuthet aufgestoßen sind, eine Vorempfindung gehabt hätte.

Aber dieses alles stößt meine Hypothese nicht um. Daß mir jetzt diese Ahndung nur selten anwandelt (die von Hrn. B. war die letzte von der Art) ließe sich vielleicht aus der Abnahme meines reinen Geruchs und den immer stärkern Gebrauch des Tobacks erklären.

Jch will Jhnen von einem weit merkwürdigern Ahndungsvermögen noch ein paar Worte sagen, das ich mir auf eben die Art erklärt habe. Für die Wahrheit kann einer der berühmtesten Schriftsteller Deutschlands die Gewähr leisten, der mir aber


chen noch immer in einer Entfernung wittere, worin es auf den Geruch nur weniger Personen Eindruck macht. Jch kann freilich nicht sagen, daß ich die geringste Empfindung durch die Nerven des Geruchs gehabt haͤtte, der ich mich deutlich bewußt gewesen waͤre, wenn ich die Naͤhe einer Person ahndete. Aber da diese Ahndung sich nur selten in einem Zimmer, oͤfter aber in freier Luft, bey mir geregt hat, so wird es mir wahrscheinlicher, daß ich dergleichen sinnliche Eindruͤcke, ohne mein Wissen, empfangen habe.

Eben so wenig kann ich sagen, daß ich die Personen, deren Naͤhe sich mir verrieth, im geringsten durch den Geruch haͤtte unterscheiden koͤnnen, und am wenigsten, daß ich bei allen, oder auch nur dem groͤßten Theil derer, welche mir unvermuthet aufgestoßen sind, eine Vorempfindung gehabt haͤtte.

Aber dieses alles stoͤßt meine Hypothese nicht um. Daß mir jetzt diese Ahndung nur selten anwandelt (die von Hrn. B. war die letzte von der Art) ließe sich vielleicht aus der Abnahme meines reinen Geruchs und den immer staͤrkern Gebrauch des Tobacks erklaͤren.

Jch will Jhnen von einem weit merkwuͤrdigern Ahndungsvermoͤgen noch ein paar Worte sagen, das ich mir auf eben die Art erklaͤrt habe. Fuͤr die Wahrheit kann einer der beruͤhmtesten Schriftsteller Deutschlands die Gewaͤhr leisten, der mir aber

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[120/0120] chen noch immer in einer Entfernung wittere, worin es auf den Geruch nur weniger Personen Eindruck macht. Jch kann freilich nicht sagen, daß ich die geringste Empfindung durch die Nerven des Geruchs gehabt haͤtte, der ich mich deutlich bewußt gewesen waͤre, wenn ich die Naͤhe einer Person ahndete. Aber da diese Ahndung sich nur selten in einem Zimmer, oͤfter aber in freier Luft, bey mir geregt hat, so wird es mir wahrscheinlicher, daß ich dergleichen sinnliche Eindruͤcke, ohne mein Wissen, empfangen habe. Eben so wenig kann ich sagen, daß ich die Personen, deren Naͤhe sich mir verrieth, im geringsten durch den Geruch haͤtte unterscheiden koͤnnen, und am wenigsten, daß ich bei allen, oder auch nur dem groͤßten Theil derer, welche mir unvermuthet aufgestoßen sind, eine Vorempfindung gehabt haͤtte. Aber dieses alles stoͤßt meine Hypothese nicht um. Daß mir jetzt diese Ahndung nur selten anwandelt (die von Hrn. B. war die letzte von der Art) ließe sich vielleicht aus der Abnahme meines reinen Geruchs und den immer staͤrkern Gebrauch des Tobacks erklaͤren. Jch will Jhnen von einem weit merkwuͤrdigern Ahndungsvermoͤgen noch ein paar Worte sagen, das ich mir auf eben die Art erklaͤrt habe. Fuͤr die Wahrheit kann einer der beruͤhmtesten Schriftsteller Deutschlands die Gewaͤhr leisten, der mir aber

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 3. Berlin, 1784, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0203_1784/120>, abgerufen am 28.04.2024.