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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784.

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ihm nichts zu befürchten. Als nun die übrigen merkten, daß er ganz freundschaftlich mit ihrem Kamerad sprach, kamen sie näher. Er brachte sie bald auf seine Seite, um aber ganz sicher zu gehen, verabredeten sie sich auf einem benachbarten sächsischen Dorfe eine Zusammenkunft zu fernerer Verabredung zu halten. Diese Leute waren Handarbeiter, die sich durch diesen Nebenweg einige Groschen zu verdienen suchten. Robert aber dachte weiter. Er projektirte die ganze Nacht und den ganzen Tag und sah eine unendliche Menge Gelegenheiten, und überlegte, wie er sie am besten benutzen wolle. Er wurde mit dem unterhandelnden Kaufmann bekannt. Die Unterhandlungen dauerten wohl acht Tage, ehe sie einig werden konnten. Endlich wurde festgesetzt, daß der Kaufmann Roberten jährlich zweihundert Rthlr. auszahlen wolle, wofür er ihm die Waaren, die er außer Landes behandle, hereinschaffen sollte. Den Tagelöhnern wurde auch ein gewisser Sold ausgemacht, so, daß sie gleichsam in Roberts Diensten stunden. Zuletzt schwuren sie, wenn einer von ihnen unglücklich werden sollte, sich nie zu verrathen, und daß sie sich im gemeinen Leben nicht kennen wollten. Die drei Handarbeiter setzte er durch seine Versprechungen und Drohungen in ein solches Erstaunen, daß sie sich ihm gern unterwarfen, und sich freueten, von einem so muthigen Manne angeführt zu werden. Sie hielten ihn für einen Studenten, denn er hat ihnen


ihm nichts zu befuͤrchten. Als nun die uͤbrigen merkten, daß er ganz freundschaftlich mit ihrem Kamerad sprach, kamen sie naͤher. Er brachte sie bald auf seine Seite, um aber ganz sicher zu gehen, verabredeten sie sich auf einem benachbarten saͤchsischen Dorfe eine Zusammenkunft zu fernerer Verabredung zu halten. Diese Leute waren Handarbeiter, die sich durch diesen Nebenweg einige Groschen zu verdienen suchten. Robert aber dachte weiter. Er projektirte die ganze Nacht und den ganzen Tag und sah eine unendliche Menge Gelegenheiten, und uͤberlegte, wie er sie am besten benutzen wolle. Er wurde mit dem unterhandelnden Kaufmann bekannt. Die Unterhandlungen dauerten wohl acht Tage, ehe sie einig werden konnten. Endlich wurde festgesetzt, daß der Kaufmann Roberten jaͤhrlich zweihundert Rthlr. auszahlen wolle, wofuͤr er ihm die Waaren, die er außer Landes behandle, hereinschaffen sollte. Den Tageloͤhnern wurde auch ein gewisser Sold ausgemacht, so, daß sie gleichsam in Roberts Diensten stunden. Zuletzt schwuren sie, wenn einer von ihnen ungluͤcklich werden sollte, sich nie zu verrathen, und daß sie sich im gemeinen Leben nicht kennen wollten. Die drei Handarbeiter setzte er durch seine Versprechungen und Drohungen in ein solches Erstaunen, daß sie sich ihm gern unterwarfen, und sich freueten, von einem so muthigen Manne angefuͤhrt zu werden. Sie hielten ihn fuͤr einen Studenten, denn er hat ihnen

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[9/0011] ihm nichts zu befuͤrchten. Als nun die uͤbrigen merkten, daß er ganz freundschaftlich mit ihrem Kamerad sprach, kamen sie naͤher. Er brachte sie bald auf seine Seite, um aber ganz sicher zu gehen, verabredeten sie sich auf einem benachbarten saͤchsischen Dorfe eine Zusammenkunft zu fernerer Verabredung zu halten. Diese Leute waren Handarbeiter, die sich durch diesen Nebenweg einige Groschen zu verdienen suchten. Robert aber dachte weiter. Er projektirte die ganze Nacht und den ganzen Tag und sah eine unendliche Menge Gelegenheiten, und uͤberlegte, wie er sie am besten benutzen wolle. Er wurde mit dem unterhandelnden Kaufmann bekannt. Die Unterhandlungen dauerten wohl acht Tage, ehe sie einig werden konnten. Endlich wurde festgesetzt, daß der Kaufmann Roberten jaͤhrlich zweihundert Rthlr. auszahlen wolle, wofuͤr er ihm die Waaren, die er außer Landes behandle, hereinschaffen sollte. Den Tageloͤhnern wurde auch ein gewisser Sold ausgemacht, so, daß sie gleichsam in Roberts Diensten stunden. Zuletzt schwuren sie, wenn einer von ihnen ungluͤcklich werden sollte, sich nie zu verrathen, und daß sie sich im gemeinen Leben nicht kennen wollten. Die drei Handarbeiter setzte er durch seine Versprechungen und Drohungen in ein solches Erstaunen, daß sie sich ihm gern unterwarfen, und sich freueten, von einem so muthigen Manne angefuͤhrt zu werden. Sie hielten ihn fuͤr einen Studenten, denn er hat ihnen

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0201_1784/11>, abgerufen am 30.04.2024.