Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite


das ist herrlich! Er glaubte nun auf einmal ein Mittel gefunden zu haben, wie er aus seiner Verlegenheit herauskommen könnte. Er wollte Schleichhändler werden -- und das schien ihm auch so leicht und so vortheilhaft, daß er sich keine einzige Schwierigkeit als Hinderniß dachte, und daß er schon hundert verschiedne Wege vor sich sah, wie er sich bereichern und wie er durch die verstecktesten Mittel eine glänzende Rolle spielen könnte, ohne seinem eisern Eigensinne Gewalt anzuthun. Diese vermeinte Rettung machte ihm so eine unerwartete Freude, daß er die heftigsten Ausbrüche davon äußerte. Er nahm den Sack auf seine Schultern, und trug ihn einigemal hin und her, so wie ein Kind, das sich schon immer durch süsse Spiele in der Beschäftigung übt, welche ihm die Eltern als angenehm schildern und wozu es glaubt, daß es einmal schreiten werde. Endlich setzte er den Sack an die Wand und war darauf bedacht, die Leute wieder aufzusuchen, die er gestört hatte, und sich mit ihnen zu vereinen. Er durchsuchte also die Gärten so behutsam als möglich, und entdeckte endlich einen, der aber floh, sobald er ihn gewahr wurde. St. rief er, ich bin kein Visitator. Jhr habt Euch geirrt. Euer Kaffee liegt noch da. Aber es hörte keiner auf ihn, bis er dem einen nachsetzte, und ihn erwischte, da er eben im Begriffe war, über die Wand zu klettern. Jener schrie, er aber hielt ihn fest, und bat ihn, er möchte ruhig seyn: er hätte von


das ist herrlich! Er glaubte nun auf einmal ein Mittel gefunden zu haben, wie er aus seiner Verlegenheit herauskommen koͤnnte. Er wollte Schleichhaͤndler werden ― und das schien ihm auch so leicht und so vortheilhaft, daß er sich keine einzige Schwierigkeit als Hinderniß dachte, und daß er schon hundert verschiedne Wege vor sich sah, wie er sich bereichern und wie er durch die verstecktesten Mittel eine glaͤnzende Rolle spielen koͤnnte, ohne seinem eisern Eigensinne Gewalt anzuthun. Diese vermeinte Rettung machte ihm so eine unerwartete Freude, daß er die heftigsten Ausbruͤche davon aͤußerte. Er nahm den Sack auf seine Schultern, und trug ihn einigemal hin und her, so wie ein Kind, das sich schon immer durch suͤsse Spiele in der Beschaͤftigung uͤbt, welche ihm die Eltern als angenehm schildern und wozu es glaubt, daß es einmal schreiten werde. Endlich setzte er den Sack an die Wand und war darauf bedacht, die Leute wieder aufzusuchen, die er gestoͤrt hatte, und sich mit ihnen zu vereinen. Er durchsuchte also die Gaͤrten so behutsam als moͤglich, und entdeckte endlich einen, der aber floh, sobald er ihn gewahr wurde. St. rief er, ich bin kein Visitator. Jhr habt Euch geirrt. Euer Kaffee liegt noch da. Aber es hoͤrte keiner auf ihn, bis er dem einen nachsetzte, und ihn erwischte, da er eben im Begriffe war, uͤber die Wand zu klettern. Jener schrie, er aber hielt ihn fest, und bat ihn, er moͤchte ruhig seyn: er haͤtte von

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0010" n="8"/><lb/>
das ist herrlich! Er  glaubte nun auf einmal ein Mittel gefunden zu haben, wie er aus seiner  Verlegenheit herauskommen ko&#x0364;nnte. Er wollte Schleichha&#x0364;ndler werden &#x2015; und das  schien ihm auch so leicht und so vortheilhaft, daß er sich keine einzige  Schwierigkeit als Hinderniß dachte, und daß er schon hundert verschiedne  Wege vor sich sah, wie er sich bereichern und wie er durch die  verstecktesten Mittel eine gla&#x0364;nzende Rolle spielen ko&#x0364;nnte, ohne seinem  eisern Eigensinne Gewalt anzuthun. Diese vermeinte Rettung machte ihm so  eine unerwartete Freude, daß er die heftigsten Ausbru&#x0364;che davon <choice><corr>a&#x0364;ußerte.</corr><sic>a&#x0364;ußerte</sic></choice> Er  nahm den Sack auf seine Schultern, und trug ihn einigemal hin und her, so  wie ein Kind, das sich schon immer durch su&#x0364;sse Spiele in der Bescha&#x0364;ftigung  u&#x0364;bt, welche ihm die Eltern als angenehm schildern und wozu es glaubt, daß es  einmal schreiten werde. Endlich setzte er den Sack an die Wand und war  darauf bedacht, die Leute wieder aufzusuchen, die er gesto&#x0364;rt hatte, und sich  mit ihnen zu vereinen. Er durchsuchte also die Ga&#x0364;rten so behutsam als  mo&#x0364;glich, und entdeckte endlich einen, der aber floh, sobald er ihn gewahr  wurde. St. rief er, ich bin kein Visitator. Jhr habt Euch geirrt. Euer  Kaffee liegt noch da. Aber es ho&#x0364;rte keiner auf ihn, bis er dem einen  nachsetzte, und ihn erwischte, da er eben im Begriffe war, u&#x0364;ber die Wand zu  klettern. Jener schrie, er aber hielt ihn fest, und bat ihn, er mo&#x0364;chte ruhig  seyn: er ha&#x0364;tte von<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[8/0010] das ist herrlich! Er glaubte nun auf einmal ein Mittel gefunden zu haben, wie er aus seiner Verlegenheit herauskommen koͤnnte. Er wollte Schleichhaͤndler werden ― und das schien ihm auch so leicht und so vortheilhaft, daß er sich keine einzige Schwierigkeit als Hinderniß dachte, und daß er schon hundert verschiedne Wege vor sich sah, wie er sich bereichern und wie er durch die verstecktesten Mittel eine glaͤnzende Rolle spielen koͤnnte, ohne seinem eisern Eigensinne Gewalt anzuthun. Diese vermeinte Rettung machte ihm so eine unerwartete Freude, daß er die heftigsten Ausbruͤche davon aͤußerte. Er nahm den Sack auf seine Schultern, und trug ihn einigemal hin und her, so wie ein Kind, das sich schon immer durch suͤsse Spiele in der Beschaͤftigung uͤbt, welche ihm die Eltern als angenehm schildern und wozu es glaubt, daß es einmal schreiten werde. Endlich setzte er den Sack an die Wand und war darauf bedacht, die Leute wieder aufzusuchen, die er gestoͤrt hatte, und sich mit ihnen zu vereinen. Er durchsuchte also die Gaͤrten so behutsam als moͤglich, und entdeckte endlich einen, der aber floh, sobald er ihn gewahr wurde. St. rief er, ich bin kein Visitator. Jhr habt Euch geirrt. Euer Kaffee liegt noch da. Aber es hoͤrte keiner auf ihn, bis er dem einen nachsetzte, und ihn erwischte, da er eben im Begriffe war, uͤber die Wand zu klettern. Jener schrie, er aber hielt ihn fest, und bat ihn, er moͤchte ruhig seyn: er haͤtte von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung, University of Glasgow: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0201_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0201_1784/10
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 2, St. 1. Berlin, 1784, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde0201_1784/10>, abgerufen am 30.04.2024.