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Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783.

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Mertens, den ich in dieser Absicht aus dem hiesigen
Chariteehause zu mir nahm.

Er schien es zu wissen, daß ihm ein Sinn
mangle, indem er allemal mit dem Kopfe schüt-
telte, und eine betrübte Miene machte, sobald man
auf das Ohr zeigte. Auch schien er den Mangel
der Sprache zu empfinden, und bezeigte eine große
Begierde, reden zu lernen.

Gleich anfänglich bildete er mir zwar die
leichten Buchstaben b, d, f, u. s. w. durch die
Bewegung des Mundes nach, aber er setzte keinen
vernehmlichen Laut hinzu, bis ich durch Lachen und
Husten, welches er mir ebenfalls nachmachte, end-
lich einen Ton aus seiner Kehle hervorlockte, und
ihn nun in demselben Augenblick die obigen Buch-
staben, mit diesem Tone verknüpft, wieder aus-
sprechen ließ. Dieß alles war das Geschäft einer
einzigen Stunde.

Anstatt der Buchstabencharaktere machte ich
ihm nun erstlich einige natürliche Zeichen, und fand
zu meiner größten Verwundrung, daß er eine klei-
ne Wellenlinie, gänzlich ohne mein Zuthun, und
von freien Stücken, sogleich mit der Volubilität der
Zunge verfolgte, und dieses wiederhohlte, so oft
ich ihm diese Linie wieder vorzeichnete, so, daß er
auf die Weise zuerst das l aussprechen lernte. Eben
so verfolgte er nachher, auch ohne mein Zuthun,

den

Mertens, den ich in dieser Absicht aus dem hiesigen
Chariteehause zu mir nahm.

Er schien es zu wissen, daß ihm ein Sinn
mangle, indem er allemal mit dem Kopfe schuͤt-
telte, und eine betruͤbte Miene machte, sobald man
auf das Ohr zeigte. Auch schien er den Mangel
der Sprache zu empfinden, und bezeigte eine große
Begierde, reden zu lernen.

Gleich anfaͤnglich bildete er mir zwar die
leichten Buchstaben b, d, f, u. s. w. durch die
Bewegung des Mundes nach, aber er setzte keinen
vernehmlichen Laut hinzu, bis ich durch Lachen und
Husten, welches er mir ebenfalls nachmachte, end-
lich einen Ton aus seiner Kehle hervorlockte, und
ihn nun in demselben Augenblick die obigen Buch-
staben, mit diesem Tone verknuͤpft, wieder aus-
sprechen ließ. Dieß alles war das Geschaͤft einer
einzigen Stunde.

Anstatt der Buchstabencharaktere machte ich
ihm nun erstlich einige natuͤrliche Zeichen, und fand
zu meiner groͤßten Verwundrung, daß er eine klei-
ne Wellenlinie, gaͤnzlich ohne mein Zuthun, und
von freien Stuͤcken, sogleich mit der Volubilitaͤt der
Zunge verfolgte, und dieses wiederhohlte, so oft
ich ihm diese Linie wieder vorzeichnete, so, daß er
auf die Weise zuerst das l aussprechen lernte. Eben
so verfolgte er nachher, auch ohne mein Zuthun,

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[40/0044] Mertens, den ich in dieser Absicht aus dem hiesigen Chariteehause zu mir nahm. Er schien es zu wissen, daß ihm ein Sinn mangle, indem er allemal mit dem Kopfe schuͤt- telte, und eine betruͤbte Miene machte, sobald man auf das Ohr zeigte. Auch schien er den Mangel der Sprache zu empfinden, und bezeigte eine große Begierde, reden zu lernen. Gleich anfaͤnglich bildete er mir zwar die leichten Buchstaben b, d, f, u. s. w. durch die Bewegung des Mundes nach, aber er setzte keinen vernehmlichen Laut hinzu, bis ich durch Lachen und Husten, welches er mir ebenfalls nachmachte, end- lich einen Ton aus seiner Kehle hervorlockte, und ihn nun in demselben Augenblick die obigen Buch- staben, mit diesem Tone verknuͤpft, wieder aus- sprechen ließ. Dieß alles war das Geschaͤft einer einzigen Stunde. Anstatt der Buchstabencharaktere machte ich ihm nun erstlich einige natuͤrliche Zeichen, und fand zu meiner groͤßten Verwundrung, daß er eine klei- ne Wellenlinie, gaͤnzlich ohne mein Zuthun, und von freien Stuͤcken, sogleich mit der Volubilitaͤt der Zunge verfolgte, und dieses wiederhohlte, so oft ich ihm diese Linie wieder vorzeichnete, so, daß er auf die Weise zuerst das l aussprechen lernte. Eben so verfolgte er nachher, auch ohne mein Zuthun, den

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp: Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 1, St. 1. Berlin, 1783, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01_1783/44>, abgerufen am 21.11.2024.