Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793.

Bild:
<< vorherige Seite


sogleich wieder weggieng? Jch war damals nur ein einziges mal in der (lateinischen) Schule gewesen, hatte noch gar keine Kenntnisse in dieser Sprache erlangt; hatte den Apulejus bloß deswegen gekauft, weil er vergoldet war, -- und den andern Tag darauf war ich so weit in der lateinischen Sprache als ich jetzt bin, hatte auch zugleich das Griechische, Spanische und Französische mit gelernt, daß ich Bücher darin lesen konnte."

Als er über den Tod seines Sohnes (der eines Verbrechens wegen hingerichtet wurde) sich sehr betrübte, kam ihm einmal im Schlafe vor, als hörte er eine Stimme, welche ihm zurief! Was klagst du, worüber beunruhigst du dich? über den Tod deines Sohnes? Nachdem Kardan dieses bejahet hatte, antwortete die Stimme: lege den Stein, welchen du an deinen Hals gehängt, in den Mund, und so lange du ihn darin hältst, wirst du an deinen Sohn nicht denken. Er that es, und vergaß seinen Sohn wirklich ganze anderthalb Jahr, nur wenn er zum essen oder sprechen den Mund aufthun und folglich den wohlthätigen Smaragd nicht gebrauchen konnte, wurde er bis zum Todesschweiß gequält.

Er spricht auch von einem Schutzgeist, den er gleich mehrern großen Männer gehabt haben wollte; und dem er alle die im vorhergehenden erzählten sonderbaren Zufalle zuschrieb.


sogleich wieder weggieng? Jch war damals nur ein einziges mal in der (lateinischen) Schule gewesen, hatte noch gar keine Kenntnisse in dieser Sprache erlangt; hatte den Apulejus bloß deswegen gekauft, weil er vergoldet war, — und den andern Tag darauf war ich so weit in der lateinischen Sprache als ich jetzt bin, hatte auch zugleich das Griechische, Spanische und Franzoͤsische mit gelernt, daß ich Buͤcher darin lesen konnte.«

Als er uͤber den Tod seines Sohnes (der eines Verbrechens wegen hingerichtet wurde) sich sehr betruͤbte, kam ihm einmal im Schlafe vor, als hoͤrte er eine Stimme, welche ihm zurief! Was klagst du, woruͤber beunruhigst du dich? uͤber den Tod deines Sohnes? Nachdem Kardan dieses bejahet hatte, antwortete die Stimme: lege den Stein, welchen du an deinen Hals gehaͤngt, in den Mund, und so lange du ihn darin haͤltst, wirst du an deinen Sohn nicht denken. Er that es, und vergaß seinen Sohn wirklich ganze anderthalb Jahr, nur wenn er zum essen oder sprechen den Mund aufthun und folglich den wohlthaͤtigen Smaragd nicht gebrauchen konnte, wurde er bis zum Todesschweiß gequaͤlt.

Er spricht auch von einem Schutzgeist, den er gleich mehrern großen Maͤnner gehabt haben wollte; und dem er alle die im vorhergehenden erzaͤhlten sonderbaren Zufalle zuschrieb.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0090" n="90"/><lb/>
sogleich wieder weggieng? Jch war damals nur ein                         einziges mal in der (lateinischen) Schule gewesen, hatte noch gar keine                         Kenntnisse in dieser Sprache erlangt; hatte den Apulejus bloß deswegen                         gekauft, weil er vergoldet war, &#x2014; und den andern Tag darauf war ich so weit                         in der lateinischen Sprache als ich jetzt bin, hatte auch zugleich das                         Griechische, Spanische und Franzo&#x0364;sische mit gelernt, daß ich Bu&#x0364;cher darin                         lesen konnte.«</p>
            <p>Als er u&#x0364;ber den Tod seines Sohnes (der eines                         Verbrechens wegen hingerichtet wurde) sich sehr betru&#x0364;bte, kam ihm einmal im                         Schlafe vor, als ho&#x0364;rte er eine Stimme, welche ihm zurief! Was klagst du,                         woru&#x0364;ber beunruhigst du dich? u&#x0364;ber den Tod deines Sohnes? Nachdem Kardan                         dieses bejahet hatte, antwortete die Stimme: lege den Stein, welchen du an                         deinen Hals geha&#x0364;ngt, in den Mund, und so lange du ihn darin ha&#x0364;ltst, wirst du                         an deinen Sohn nicht denken. Er that es, und vergaß seinen Sohn wirklich                         ganze anderthalb Jahr, nur wenn er zum essen oder sprechen den Mund aufthun                         und folglich den wohltha&#x0364;tigen Smaragd nicht gebrauchen konnte, wurde er bis                         zum Todesschweiß gequa&#x0364;lt.</p>
            <p>Er spricht auch von einem Schutzgeist, den                         er gleich mehrern großen Ma&#x0364;nner gehabt haben wollte; und dem er alle die im                         vorhergehenden erza&#x0364;hlten sonderbaren Zufalle zuschrieb.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0090] sogleich wieder weggieng? Jch war damals nur ein einziges mal in der (lateinischen) Schule gewesen, hatte noch gar keine Kenntnisse in dieser Sprache erlangt; hatte den Apulejus bloß deswegen gekauft, weil er vergoldet war, — und den andern Tag darauf war ich so weit in der lateinischen Sprache als ich jetzt bin, hatte auch zugleich das Griechische, Spanische und Franzoͤsische mit gelernt, daß ich Buͤcher darin lesen konnte.« Als er uͤber den Tod seines Sohnes (der eines Verbrechens wegen hingerichtet wurde) sich sehr betruͤbte, kam ihm einmal im Schlafe vor, als hoͤrte er eine Stimme, welche ihm zurief! Was klagst du, woruͤber beunruhigst du dich? uͤber den Tod deines Sohnes? Nachdem Kardan dieses bejahet hatte, antwortete die Stimme: lege den Stein, welchen du an deinen Hals gehaͤngt, in den Mund, und so lange du ihn darin haͤltst, wirst du an deinen Sohn nicht denken. Er that es, und vergaß seinen Sohn wirklich ganze anderthalb Jahr, nur wenn er zum essen oder sprechen den Mund aufthun und folglich den wohlthaͤtigen Smaragd nicht gebrauchen konnte, wurde er bis zum Todesschweiß gequaͤlt. Er spricht auch von einem Schutzgeist, den er gleich mehrern großen Maͤnner gehabt haben wollte; und dem er alle die im vorhergehenden erzaͤhlten sonderbaren Zufalle zuschrieb.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christof Wingertszahn, Sheila Dickson, University of Glasgow, Goethe-Museum Düsseldorf/Anton-und-Katharina-Kippenberg-Stiftung: Erstellung der Transkription nach DTA-Richtlinien (2015-06-09T11:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig, Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie zu Berlin: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2015-06-09T11:00:00Z)
UB Uni-Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-06-09T11:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Die Umlautschreibung mit ›e‹ über dem Vokal wurden übernommen.
  • Die Majuskel I/J wurde nicht nach Lautwert transkribiert.
  • Verbessert wird nur bei eindeutigen Druckfehlern. Die editorischen Eingriffe sind stets nachgewiesen.
  • Zu Moritz’ Zeit war es üblich, bei mehrzeiligen Zitaten vor jeder Zeile Anführungsstriche zu setzen. Diese wiederholten Anführungsstriche des Originals werden stillschweigend getilgt.
  • Die Druckgestalt der Vorlagen (Absätze, Überschriften, Schriftgrade etc.) wird schematisiert wiedergegeben. Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Worteinfügungen der Herausgeber im edierten Text sowie Ergänzungen einzelner Buchstaben sind dokumentiert.
  • Die Originalseite wird als einzelne Seite in der Internetausgabe wiedergegeben. Von diesem Darstellungsprinzip wird bei langen, sich über mehr als eine Seite erstreckenden Fußnoten abgewichen. Die vollständige Fußnote erscheint in diesem Fall zusammenhängend an der ersten betreffenden Seite.
  • Die textkritischen Nachweise erfolgen in XML-Form nach dem DTABf-Schema: <choice><corr>[Verbesserung]</corr><sic>[Originaltext]</sic></choice> vorgenommen.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793/90
Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793/90>, abgerufen am 02.05.2024.