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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793.

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sehe. Die andere (die er zufälligerweise bemerkt habe) ist, daß wenn sich Leute streiten, und er dazwischen komme, kein Blut vergossen, auch keiner verwundet werde, welches er, nachdem er es an sich bemerkt hatte, als ein probates Mittel solche Uebel zu verhindern, vorsetzlich brauchte. Selbst das Wild, wenn er mit auf der Jagd ist, kann so wenig durch Schießgewehr als durch Hunde verwundet werden.

Dieser, wie Leibniz sich ausdrückt, mit allen seinen Fehlern wirklich große Mann erzählte noch mehrere dergleichen schwärmerische Grillen, die wegen ihrer zu großen Eccentricität, hier übergegangen werden müssen.

Folgende sind in psychologischem Betracht merkwürdig.

Er erzählt von sich, daß er ungefähr seit 46 Jahren von der Seite, wo von ihm gesprochen wird, ein Geräusch in seinem Ohr schallen wahrnimmt. Jst es etwas gutes, so gelangt es, es mag von der rechten oder linken Seite herkommen, in sein rechtes Ohr. Jst es etwas Böses, so ist das Geräusch tumultuarisch, und kommt von der Stelle her, wo die Stimme entsteht. Er behauptet ferner, daß er durch Träume bevorstehende Dinge (33 Jahr lang) habe vorhersehen können.

"Wer, sagt Kardan, mag wohl der Mann gewesen seyn, welcher mir in meinem zwanzigsten Jahre den lateinischen Apulejus verkaufte, und


sehe. Die andere (die er zufaͤlligerweise bemerkt habe) ist, daß wenn sich Leute streiten, und er dazwischen komme, kein Blut vergossen, auch keiner verwundet werde, welches er, nachdem er es an sich bemerkt hatte, als ein probates Mittel solche Uebel zu verhindern, vorsetzlich brauchte. Selbst das Wild, wenn er mit auf der Jagd ist, kann so wenig durch Schießgewehr als durch Hunde verwundet werden.

Dieser, wie Leibniz sich ausdruͤckt, mit allen seinen Fehlern wirklich große Mann erzaͤhlte noch mehrere dergleichen schwaͤrmerische Grillen, die wegen ihrer zu großen Eccentricitaͤt, hier uͤbergegangen werden muͤssen.

Folgende sind in psychologischem Betracht merkwuͤrdig.

Er erzaͤhlt von sich, daß er ungefaͤhr seit 46 Jahren von der Seite, wo von ihm gesprochen wird, ein Geraͤusch in seinem Ohr schallen wahrnimmt. Jst es etwas gutes, so gelangt es, es mag von der rechten oder linken Seite herkommen, in sein rechtes Ohr. Jst es etwas Boͤses, so ist das Geraͤusch tumultuarisch, und kommt von der Stelle her, wo die Stimme entsteht. Er behauptet ferner, daß er durch Traͤume bevorstehende Dinge (33 Jahr lang) habe vorhersehen koͤnnen.

»Wer, sagt Kardan, mag wohl der Mann gewesen seyn, welcher mir in meinem zwanzigsten Jahre den lateinischen Apulejus verkaufte, und

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[89/0089] sehe. Die andere (die er zufaͤlligerweise bemerkt habe) ist, daß wenn sich Leute streiten, und er dazwischen komme, kein Blut vergossen, auch keiner verwundet werde, welches er, nachdem er es an sich bemerkt hatte, als ein probates Mittel solche Uebel zu verhindern, vorsetzlich brauchte. Selbst das Wild, wenn er mit auf der Jagd ist, kann so wenig durch Schießgewehr als durch Hunde verwundet werden. Dieser, wie Leibniz sich ausdruͤckt, mit allen seinen Fehlern wirklich große Mann erzaͤhlte noch mehrere dergleichen schwaͤrmerische Grillen, die wegen ihrer zu großen Eccentricitaͤt, hier uͤbergegangen werden muͤssen. Folgende sind in psychologischem Betracht merkwuͤrdig. Er erzaͤhlt von sich, daß er ungefaͤhr seit 46 Jahren von der Seite, wo von ihm gesprochen wird, ein Geraͤusch in seinem Ohr schallen wahrnimmt. Jst es etwas gutes, so gelangt es, es mag von der rechten oder linken Seite herkommen, in sein rechtes Ohr. Jst es etwas Boͤses, so ist das Geraͤusch tumultuarisch, und kommt von der Stelle her, wo die Stimme entsteht. Er behauptet ferner, daß er durch Traͤume bevorstehende Dinge (33 Jahr lang) habe vorhersehen koͤnnen. »Wer, sagt Kardan, mag wohl der Mann gewesen seyn, welcher mir in meinem zwanzigsten Jahre den lateinischen Apulejus verkaufte, und

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793/89>, abgerufen am 02.05.2024.