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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793.

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durch eine sehr interessante Liebesszene aus seinem Traume erwachte.

Darauf schlief er wieder ein. Der nehmliche Mann erschien ihm noch einmal, fragte ihn, ob er mit dem, was er ihm gezeigt habe, zufrieden sey; und ob er noch einmal die Menschen, welche er in seinem Leben gekannt, zu sehen wünschte? Nachdem dieser diese Frage mit ja beantwortet, hielt ihm jener abermal einen Spiegel vor, worin er wirklich alle seine Bekannten, Lebende und Verstorbene der Reihe nach vorübergehen sahe. Mit dem Unterschiede, daß die noch lebenden Glücklichen seiner Bekannten ihn freundlich ansahen und stehen blieben, die Unglücklichen hingegen alle mit der Hand vor den Augen schnell ohne sich umzusehen, vorübergiengen. An den Verstorbenen bemerkte er gleichfalls diesen Unterschied.

Jetzt wachte er zum zweitenmal auf. Er gieng aus dem Bette, um sich zu zerstreuen. Gegen drei Uhr Morgens legte er sich etwas beruhigt abermal nieder.

Er fieng an im Traume über seinen vorigen Traum nachzudenken, und verfertigte im Schlafe ein recht hübsches Gedicht darüber, welches er auch zugleich in Musik setzte. Nach dem Erwachen schrieb er den ganzen Traum, das Gedicht und die Komposition auf.




durch eine sehr interessante Liebesszene aus seinem Traume erwachte.

Darauf schlief er wieder ein. Der nehmliche Mann erschien ihm noch einmal, fragte ihn, ob er mit dem, was er ihm gezeigt habe, zufrieden sey; und ob er noch einmal die Menschen, welche er in seinem Leben gekannt, zu sehen wuͤnschte? Nachdem dieser diese Frage mit ja beantwortet, hielt ihm jener abermal einen Spiegel vor, worin er wirklich alle seine Bekannten, Lebende und Verstorbene der Reihe nach voruͤbergehen sahe. Mit dem Unterschiede, daß die noch lebenden Gluͤcklichen seiner Bekannten ihn freundlich ansahen und stehen blieben, die Ungluͤcklichen hingegen alle mit der Hand vor den Augen schnell ohne sich umzusehen, voruͤbergiengen. An den Verstorbenen bemerkte er gleichfalls diesen Unterschied.

Jetzt wachte er zum zweitenmal auf. Er gieng aus dem Bette, um sich zu zerstreuen. Gegen drei Uhr Morgens legte er sich etwas beruhigt abermal nieder.

Er fieng an im Traume uͤber seinen vorigen Traum nachzudenken, und verfertigte im Schlafe ein recht huͤbsches Gedicht daruͤber, welches er auch zugleich in Musik setzte. Nach dem Erwachen schrieb er den ganzen Traum, das Gedicht und die Komposition auf.



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[72/0072] durch eine sehr interessante Liebesszene aus seinem Traume erwachte. Darauf schlief er wieder ein. Der nehmliche Mann erschien ihm noch einmal, fragte ihn, ob er mit dem, was er ihm gezeigt habe, zufrieden sey; und ob er noch einmal die Menschen, welche er in seinem Leben gekannt, zu sehen wuͤnschte? Nachdem dieser diese Frage mit ja beantwortet, hielt ihm jener abermal einen Spiegel vor, worin er wirklich alle seine Bekannten, Lebende und Verstorbene der Reihe nach voruͤbergehen sahe. Mit dem Unterschiede, daß die noch lebenden Gluͤcklichen seiner Bekannten ihn freundlich ansahen und stehen blieben, die Ungluͤcklichen hingegen alle mit der Hand vor den Augen schnell ohne sich umzusehen, voruͤbergiengen. An den Verstorbenen bemerkte er gleichfalls diesen Unterschied. Jetzt wachte er zum zweitenmal auf. Er gieng aus dem Bette, um sich zu zerstreuen. Gegen drei Uhr Morgens legte er sich etwas beruhigt abermal nieder. Er fieng an im Traume uͤber seinen vorigen Traum nachzudenken, und verfertigte im Schlafe ein recht huͤbsches Gedicht daruͤber, welches er auch zugleich in Musik setzte. Nach dem Erwachen schrieb er den ganzen Traum, das Gedicht und die Komposition auf.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 3. Berlin, 1793, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01003_1793/72>, abgerufen am 02.05.2024.