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Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 1. Berlin, 1793.

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Sie dann doch vielleicht die Jahre wieder zurückwünschen, wo Sie sich all das bereiten konnten, und die eben Jhre gegenwärtigen sind. -- Bedenken Sie dies, und wissen Sie, daß man Sie beobachtet, um Jhnen, im Fall Sie gewisse Forderungen erfüllen, wieder beizuspringen, und daß man aus Jhrem hiesigen Leben schon anfängt zu hoffen.

Jch wollte reden, er verließ mich aber, und sagte nur noch: Sie verstehn mich, ich erwarte Sie bald wieder bei mir.

Ja, ich verstehe dich ehrliche Haut: aber -- mein Leben sei nun künftig, welches es wolle -- so sollt Jhr, die ihr meine Marie tödten konntet, wahrlich nie den Triumph haben mich meiner Besserung wegen zu belohnen. Elende Menschen! warum ließt ihr mir Sie nicht, um die ich alles alles gethan hätte? und ich sollte mich Euch zu gefallen bestreben, um euren Beifall, wie ein Schulknabe, ängstlich seyn? Jch habe nur Eine Empfindung für euch alle -- Rache! denn ihr habt mir alles gemordet, Sie und meine Empfindung für das Gute, und mein ganzes irrdisches Gedeihen.

O Marie! Mädchen des Himmels! warum trennten uns diese Rasende wohl? --


Nein! kein schlechter Mensch bin ich, sonst würden die schlechten Menschen nicht so erbärmlich vor mir dastehen.



Sie dann doch vielleicht die Jahre wieder zuruͤckwuͤnschen, wo Sie sich all das bereiten konnten, und die eben Jhre gegenwaͤrtigen sind. — Bedenken Sie dies, und wissen Sie, daß man Sie beobachtet, um Jhnen, im Fall Sie gewisse Forderungen erfuͤllen, wieder beizuspringen, und daß man aus Jhrem hiesigen Leben schon anfaͤngt zu hoffen.

Jch wollte reden, er verließ mich aber, und sagte nur noch: Sie verstehn mich, ich erwarte Sie bald wieder bei mir.

Ja, ich verstehe dich ehrliche Haut: aber — mein Leben sei nun kuͤnftig, welches es wolle — so sollt Jhr, die ihr meine Marie toͤdten konntet, wahrlich nie den Triumph haben mich meiner Besserung wegen zu belohnen. Elende Menschen! warum ließt ihr mir Sie nicht, um die ich alles alles gethan haͤtte? und ich sollte mich Euch zu gefallen bestreben, um euren Beifall, wie ein Schulknabe, aͤngstlich seyn? Jch habe nur Eine Empfindung fuͤr euch alle — Rache! denn ihr habt mir alles gemordet, Sie und meine Empfindung fuͤr das Gute, und mein ganzes irrdisches Gedeihen.

O Marie! Maͤdchen des Himmels! warum trennten uns diese Rasende wohl? —


Nein! kein schlechter Mensch bin ich, sonst wuͤrden die schlechten Menschen nicht so erbaͤrmlich vor mir dastehen.


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[88/0090] Sie dann doch vielleicht die Jahre wieder zuruͤckwuͤnschen, wo Sie sich all das bereiten konnten, und die eben Jhre gegenwaͤrtigen sind. — Bedenken Sie dies, und wissen Sie, daß man Sie beobachtet, um Jhnen, im Fall Sie gewisse Forderungen erfuͤllen, wieder beizuspringen, und daß man aus Jhrem hiesigen Leben schon anfaͤngt zu hoffen. Jch wollte reden, er verließ mich aber, und sagte nur noch: Sie verstehn mich, ich erwarte Sie bald wieder bei mir. Ja, ich verstehe dich ehrliche Haut: aber — mein Leben sei nun kuͤnftig, welches es wolle — so sollt Jhr, die ihr meine Marie toͤdten konntet, wahrlich nie den Triumph haben mich meiner Besserung wegen zu belohnen. Elende Menschen! warum ließt ihr mir Sie nicht, um die ich alles alles gethan haͤtte? und ich sollte mich Euch zu gefallen bestreben, um euren Beifall, wie ein Schulknabe, aͤngstlich seyn? Jch habe nur Eine Empfindung fuͤr euch alle — Rache! denn ihr habt mir alles gemordet, Sie und meine Empfindung fuͤr das Gute, und mein ganzes irrdisches Gedeihen. O Marie! Maͤdchen des Himmels! warum trennten uns diese Rasende wohl? — am 22ten May. Nein! kein schlechter Mensch bin ich, sonst wuͤrden die schlechten Menschen nicht so erbaͤrmlich vor mir dastehen.

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Zitationshilfe: Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 1. Berlin, 1793, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01001_1793/90>, abgerufen am 08.05.2024.