Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 1. Berlin, 1793.War das deine Absicht, guter Bursche? Nein beim Himmel! mit dir und deines gleichen werd' ich nie gemeine Sache machen. So ein jämmerlicher furchtsamer Bösewicht! Aber, wollt' er nicht schon einmal ein Pasquill von mir gemacht haben? Jch begreife nicht, warum ich ihm das so hingehen ließ? -- Ueberhaupt muß das der Wiegand verrathen haben, daß ich Verse mache; die Leute, die mich hier kennen, machen ordentlich Prätensionen an meinen Witz. -- Als ich ihm das abschlug, kam er seltner zu mir, und vermied mich endlich ganz, und ich glaube nicht, daß ihn die Art, wie ich unsere Bekanntschaft erneuert habe, eben erbaut hat. Aber warum trägt mir auch diese Handlung nicht die Frucht des Wohlgefallens? -- Freilich ist die Zeit nun vorüber, auf welche Wiegand vorausbezahlt hatte, und ich brauche eine andere Wohnung. Freilich kann es seyn, ich sage, kann seyn, daß ich mich um die ganze Niederträchtigkeit nicht bekümmert hätte, wenn ich mich nicht gerade um eine andere Wohnung zu bekümmern gehabt hätte. Aber auch dieses kann seyn mich um den Genuß einer Handlung zu bringen, die ich doch auch eben so wahrscheinlich vielleicht auch ohne Rücksicht auf Vortheile gethan hätte! -- Freilich müßt' ich nun den Vortheil ausschlagen. Aber was dann anfangen? Jsts nicht besser, ich nehme dies Zimmer an, als daß ichs vielleicht einem andern schuldig bleibe? Die- War das deine Absicht, guter Bursche? Nein beim Himmel! mit dir und deines gleichen werd' ich nie gemeine Sache machen. So ein jaͤmmerlicher furchtsamer Boͤsewicht! Aber, wollt' er nicht schon einmal ein Pasquill von mir gemacht haben? Jch begreife nicht, warum ich ihm das so hingehen ließ? — Ueberhaupt muß das der Wiegand verrathen haben, daß ich Verse mache; die Leute, die mich hier kennen, machen ordentlich Praͤtensionen an meinen Witz. — Als ich ihm das abschlug, kam er seltner zu mir, und vermied mich endlich ganz, und ich glaube nicht, daß ihn die Art, wie ich unsere Bekanntschaft erneuert habe, eben erbaut hat. Aber warum traͤgt mir auch diese Handlung nicht die Frucht des Wohlgefallens? — Freilich ist die Zeit nun voruͤber, auf welche Wiegand vorausbezahlt hatte, und ich brauche eine andere Wohnung. Freilich kann es seyn, ich sage, kann seyn, daß ich mich um die ganze Niedertraͤchtigkeit nicht bekuͤmmert haͤtte, wenn ich mich nicht gerade um eine andere Wohnung zu bekuͤmmern gehabt haͤtte. Aber auch dieses kann seyn mich um den Genuß einer Handlung zu bringen, die ich doch auch eben so wahrscheinlich vielleicht auch ohne Ruͤcksicht auf Vortheile gethan haͤtte! — Freilich muͤßt' ich nun den Vortheil ausschlagen. Aber was dann anfangen? Jsts nicht besser, ich nehme dies Zimmer an, als daß ichs vielleicht einem andern schuldig bleibe? Die- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0091" n="89"/><lb/> <p>War das deine Absicht, guter Bursche? Nein beim Himmel! mit dir und deines gleichen werd' ich nie gemeine Sache machen. So ein jaͤmmerlicher furchtsamer Boͤsewicht! Aber, wollt' er nicht schon einmal ein Pasquill von mir gemacht haben? Jch begreife nicht, warum ich ihm das so hingehen ließ? — Ueberhaupt muß das der Wiegand verrathen haben, daß ich Verse mache; die Leute, die mich hier kennen, machen ordentlich Praͤtensionen an meinen Witz. — Als ich ihm das abschlug, kam er seltner zu mir, und vermied mich endlich ganz, und ich glaube nicht, daß ihn die Art, wie ich unsere Bekanntschaft erneuert habe, eben erbaut hat.</p> <p>Aber warum traͤgt mir auch diese Handlung nicht die Frucht des Wohlgefallens? — Freilich ist die Zeit nun voruͤber, auf welche Wiegand vorausbezahlt hatte, und ich brauche eine andere Wohnung. Freilich kann es seyn, ich sage, kann seyn, daß ich mich um die ganze Niedertraͤchtigkeit nicht bekuͤmmert haͤtte, wenn ich mich nicht gerade um eine andere Wohnung zu bekuͤmmern gehabt haͤtte. Aber auch dieses <hi rendition="#b">kann seyn</hi> mich um den Genuß einer Handlung zu bringen, die ich doch auch eben so wahrscheinlich vielleicht auch ohne Ruͤcksicht auf Vortheile gethan haͤtte! — Freilich muͤßt' ich nun den Vortheil ausschlagen. Aber was dann anfangen? Jsts nicht besser, ich nehme dies Zimmer an, als daß ichs vielleicht einem andern schuldig bleibe? Die-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [89/0091]
War das deine Absicht, guter Bursche? Nein beim Himmel! mit dir und deines gleichen werd' ich nie gemeine Sache machen. So ein jaͤmmerlicher furchtsamer Boͤsewicht! Aber, wollt' er nicht schon einmal ein Pasquill von mir gemacht haben? Jch begreife nicht, warum ich ihm das so hingehen ließ? — Ueberhaupt muß das der Wiegand verrathen haben, daß ich Verse mache; die Leute, die mich hier kennen, machen ordentlich Praͤtensionen an meinen Witz. — Als ich ihm das abschlug, kam er seltner zu mir, und vermied mich endlich ganz, und ich glaube nicht, daß ihn die Art, wie ich unsere Bekanntschaft erneuert habe, eben erbaut hat.
Aber warum traͤgt mir auch diese Handlung nicht die Frucht des Wohlgefallens? — Freilich ist die Zeit nun voruͤber, auf welche Wiegand vorausbezahlt hatte, und ich brauche eine andere Wohnung. Freilich kann es seyn, ich sage, kann seyn, daß ich mich um die ganze Niedertraͤchtigkeit nicht bekuͤmmert haͤtte, wenn ich mich nicht gerade um eine andere Wohnung zu bekuͤmmern gehabt haͤtte. Aber auch dieses kann seyn mich um den Genuß einer Handlung zu bringen, die ich doch auch eben so wahrscheinlich vielleicht auch ohne Ruͤcksicht auf Vortheile gethan haͤtte! — Freilich muͤßt' ich nun den Vortheil ausschlagen. Aber was dann anfangen? Jsts nicht besser, ich nehme dies Zimmer an, als daß ichs vielleicht einem andern schuldig bleibe? Die-
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Zitationshilfe: | Moritz, Karl Philipp (Hrsg.): Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde. Bd. 10, St. 1. Berlin, 1793, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moritz_erfahrungsseelenkunde01001_1793/91>, abgerufen am 16.02.2025. |