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Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.

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der Teutschen Sprache.
beit sey/ eine Sprache wieder ihre Ey-
genschafft in solches Gebände zu zwingen.
Dieses urtheilet auch Baco Verulamius
lib. 6. de augmentis scientiarum cap. 1. Il-
lud reprehendendum,
sagt er/ quod quidam
antiquitatis nimium studiosi linguas mo-
dernas ad mensuras antiquas heroicas, ele-
giacas, sapphicas traducere conati sunt,
quas ipsa linguarum fabrica respuit: nec
minus aures abhorrent: in hujusmodi re-
bus sensus judicium artis praeceptis praepo-
nendum.
Ist also das beste/ daß man
bey der üblichen Poesie im Teutschen
bleibe/ und diese Kunst so viel als immer
müglich ist/ außübe. Von den Lehrsä-
tzen selbst wird bey andern weitläufftig
gehandelt/ worinnen man eben sich nicht
so viel auffzuhalten. Dann es lernet sich
die Poesis viel glücklicher durch die Ubung
an sich selbst/ als durch viele Reguln.
Es haben sich auch einige gefunden wel-
che sonderliche Handgriffe in dieser Kunst
verheissen/ wodurch man ohne grosse
Bemunhung also fort ein Carmen schrei-
ben konnne/ ob man gleich keine Prosodiam

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der Teutſchen Sprache.
beit ſey/ eine Sprache wieder ihre Ey-
genſchafft in ſolches Gebaͤnde zu zwingen.
Dieſes urtheilet auch Baco Verulamius
lib. 6. de augmentis ſcientiarum cap. 1. Il-
lud reprehendendum,
ſagt er/ quod quidam
antiquitatis nimium ſtudioſi linguas mo-
dernas ad menſuras antiquas heroicas, ele-
giacas, ſapphicas traducere conati ſunt,
quas ipſa linguarum fabrica reſpuit: nec
minus aures abhorrent: in hujusmodi re-
bus ſenſus judicium artis præceptis præpo-
nendum.
Iſt alſo das beſte/ daß man
bey der uͤblichen Poeſie im Teutſchen
bleibe/ und dieſe Kunſt ſo viel als immer
muͤglich iſt/ außuͤbe. Von den Lehrſaͤ-
tzen ſelbſt wird bey andern weitlaͤufftig
gehandelt/ worinnen man eben ſich nicht
ſo viel auffzuhalten. Dann es lernet ſich
die Poeſis viel gluͤcklicher durch die Ubung
an ſich ſelbſt/ als durch viele Reguln.
Es haben ſich auch einige gefunden wel-
che ſonderliche Handgriffe in dieſer Kunſt
verheiſſen/ wodurch man ohne groſſe
Bemūhung alſo fort ein Carmen ſchrei-
ben kōnne/ ob man gleich keine Proſodiam

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[537/0549] der Teutſchen Sprache. beit ſey/ eine Sprache wieder ihre Ey- genſchafft in ſolches Gebaͤnde zu zwingen. Dieſes urtheilet auch Baco Verulamius lib. 6. de augmentis ſcientiarum cap. 1. Il- lud reprehendendum, ſagt er/ quod quidam antiquitatis nimium ſtudioſi linguas mo- dernas ad menſuras antiquas heroicas, ele- giacas, ſapphicas traducere conati ſunt, quas ipſa linguarum fabrica reſpuit: nec minus aures abhorrent: in hujusmodi re- bus ſenſus judicium artis præceptis præpo- nendum. Iſt alſo das beſte/ daß man bey der uͤblichen Poeſie im Teutſchen bleibe/ und dieſe Kunſt ſo viel als immer muͤglich iſt/ außuͤbe. Von den Lehrſaͤ- tzen ſelbſt wird bey andern weitlaͤufftig gehandelt/ worinnen man eben ſich nicht ſo viel auffzuhalten. Dann es lernet ſich die Poeſis viel gluͤcklicher durch die Ubung an ſich ſelbſt/ als durch viele Reguln. Es haben ſich auch einige gefunden wel- che ſonderliche Handgriffe in dieſer Kunſt verheiſſen/ wodurch man ohne groſſe Bemūhung alſo fort ein Carmen ſchrei- ben kōnne/ ob man gleich keine Proſodiam ge- l l 5

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Zitationshilfe: Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682, S. 537. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/549>, abgerufen am 24.08.2024.