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Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.

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der Teutschen Sprache.
verständigen Maun nur allein begreiffen
kan. Man versuche es nur/ und nehme
eine Ode aus dem Flemming oder jemand
anders/ und setze an statt der Reimwör-
ter/ andere gleichdeutige/ die sich nicht
reimen/ so wird man klärlich sehen/ wie
so gar nicht die Ordnung der Rede/ mit
derselben/ die man in Prosa gebraucht/
übereinkomme. Dann daß Maaß der
Füsse/ das Reimgebannde/ gibt der Re-
de eine eigene Gestallt/ die woll klinget/
wann man sie mit den Reimen und in
demselben maaß lieset; übel aber/ wann
man sie davon absondert. In der La-
teinischen Sprache kan man dieses klanr-
lich sehen/ in welcher die vielsylbigen
Wörter und derselben Maaß eine sonder-
liche art von Versetzung erfodern/ die in
Prosa durchauß nicht klinget. In der
Teutschen/ weil sie verba auxiliaria, articu-
los,
und pronomina gebraucht/ läßt sich
diese art der Versetzung nicht anbrin-
gen. Dann weiln diese bey allen nomi-
nibus
und verbis stehen/ so lanst sich dieser

Band
kk 2

der Teutſchen Sprache.
verſtaͤndigen Maun nur allein begreiffen
kan. Man verſuche es nur/ und nehme
eine Ode aus dem Flemming oder jemand
anders/ und ſetze an ſtatt der Reimwoͤr-
ter/ andere gleichdeutige/ die ſich nicht
reimen/ ſo wird man klaͤrlich ſehen/ wie
ſo gar nicht die Ordnung der Rede/ mit
derſelben/ die man in Proſa gebraucht/
uͤbereinkomme. Dann daß Maaß der
Fuͤſſe/ das Reimgebānde/ gibt der Re-
de eine eigene Geſtallt/ die woll klinget/
wann man ſie mit den Reimen und in
demſelben maaß lieſet; uͤbel aber/ wann
man ſie davon abſondert. In der La-
teiniſchen Sprache kan man dieſes klār-
lich ſehen/ in welcher die vielſylbigen
Woͤrter und derſelben Maaß eine ſonder-
liche art von Verſetzung erfodern/ die in
Proſa durchauß nicht klinget. In der
Teutſchen/ weil ſie verba auxiliaria, articu-
los,
und pronomina gebraucht/ laͤßt ſich
dieſe art der Verſetzung nicht anbrin-
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Band
kk 2
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[515/0527] der Teutſchen Sprache. verſtaͤndigen Maun nur allein begreiffen kan. Man verſuche es nur/ und nehme eine Ode aus dem Flemming oder jemand anders/ und ſetze an ſtatt der Reimwoͤr- ter/ andere gleichdeutige/ die ſich nicht reimen/ ſo wird man klaͤrlich ſehen/ wie ſo gar nicht die Ordnung der Rede/ mit derſelben/ die man in Proſa gebraucht/ uͤbereinkomme. Dann daß Maaß der Fuͤſſe/ das Reimgebānde/ gibt der Re- de eine eigene Geſtallt/ die woll klinget/ wann man ſie mit den Reimen und in demſelben maaß lieſet; uͤbel aber/ wann man ſie davon abſondert. In der La- teiniſchen Sprache kan man dieſes klār- lich ſehen/ in welcher die vielſylbigen Woͤrter und derſelben Maaß eine ſonder- liche art von Verſetzung erfodern/ die in Proſa durchauß nicht klinget. In der Teutſchen/ weil ſie verba auxiliaria, articu- los, und pronomina gebraucht/ laͤßt ſich dieſe art der Verſetzung nicht anbrin- gen. Dann weiln dieſe bey allen nomi- nibus und verbis ſtehen/ ſo lāſt ſich dieſer Band kk 2

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Zitationshilfe: Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682, S. 515. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/527>, abgerufen am 26.06.2024.