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Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.

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der Teutschen Sprache.
sprung wird schwerlich einer geben/ wel-
cher nicht weiß/ daß es in dem al-
ten Teutschen Psalter begiht, oder begicht
geschrieben wird/ und also zusammen
gesetzet ist aus der praepositione insepara-
bili be
und dem Wort giht oder gicht.
Worauß hernach per Syncopen bicht und
im Hochteutschen beicht geworden. Die
Wörter freund und feind werden vor
primitiva gehalten. Wer aber die alten
Wörter fien odisse frigan amare kennet/
siehet leicht daß es die particicipia fiant,
und frigond sein/ die nachgehends in ein-
sylbige Wörter zusammen gezogen.
Er handelt ferner von den Ursprung der
Wörter erquicken/ barmhertzig/ er-
eugen/ Beyspihl/ Wucher/
die von
alten abgestorbenen Wörtern herkom-
men. Es konte aber ein grosses vollstän-
diges Buch von Exempeln zusammen
getragen werden. Ist derowegen dieses
der näheste Weg/ daß man aus den al-
ten Wörtern derselben Sprache/ die Ab-
leitung suche/ nicht aber aus den fremb-

den.

der Teutſchen Sprache.
ſprung wird ſchwerlich einer geben/ wel-
cher nicht weiß/ daß es in dem al-
ten Teutſchen Pſalter begiht, oder begicht
geſchrieben wird/ und alſo zuſammen
geſetzet iſt aus der præpoſitione inſepara-
bili be
und dem Wort giht oder gicht.
Worauß hernach per Syncopen bicht und
im Hochteutſchen beicht geworden. Die
Woͤrter freund und feind werden vor
primitiva gehalten. Wer aber die alten
Woͤrter fien odiſſe frigan amare kennet/
ſiehet leicht daß es die particicipia fiant,
und frigond ſein/ die nachgehends in ein-
ſylbige Woͤrter zuſammen gezogen.
Er handelt ferner von den Urſprung der
Woͤrter erquicken/ barmhertzig/ er-
eugen/ Beyſpihl/ Wucher/
die von
alten abgeſtorbenen Woͤrtern herkom-
men. Es konte aber ein groſſes vollſtaͤn-
diges Buch von Exempeln zuſammen
getragen werden. Iſt derowegen dieſes
der naͤheſte Weg/ daß man aus den al-
ten Woͤrtern derſelben Sprache/ die Ab-
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den.
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[493/0505] der Teutſchen Sprache. ſprung wird ſchwerlich einer geben/ wel- cher nicht weiß/ daß es in dem al- ten Teutſchen Pſalter begiht, oder begicht geſchrieben wird/ und alſo zuſammen geſetzet iſt aus der præpoſitione inſepara- bili be und dem Wort giht oder gicht. Worauß hernach per Syncopen bicht und im Hochteutſchen beicht geworden. Die Woͤrter freund und feind werden vor primitiva gehalten. Wer aber die alten Woͤrter fien odiſſe frigan amare kennet/ ſiehet leicht daß es die particicipia fiant, und frigond ſein/ die nachgehends in ein- ſylbige Woͤrter zuſammen gezogen. Er handelt ferner von den Urſprung der Woͤrter erquicken/ barmhertzig/ er- eugen/ Beyſpihl/ Wucher/ die von alten abgeſtorbenen Woͤrtern herkom- men. Es konte aber ein groſſes vollſtaͤn- diges Buch von Exempeln zuſammen getragen werden. Iſt derowegen dieſes der naͤheſte Weg/ daß man aus den al- ten Woͤrtern derſelben Sprache/ die Ab- leitung ſuche/ nicht aber aus den fremb- den.

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Zitationshilfe: Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/505>, abgerufen am 28.07.2024.