Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.Poeterey. andere übersteigen können/ wenn sie sol-ches mit Ernst jhnen vorsetzen. Weiln die allgemeine Landsahrt von der Natur nicht dahin geführet wird/ als wird nicht gar viel fleiß darauff gewandt/ und die bey den ingeniis sich findende Zuneigung in dem ersten Beginnen gehemmet/ als welche durch die vielheit der Exempeln/ und hochachtung solcher Wissenschafft nicht gereitzet und geleitet wird/ wie bey andern Völckern. Nur wann sich die Na- tur von selbsten hervor thut/ so hat man die herrlichsten Poeten auch bey jhnen gesehen. Man kan diesen Trieb in den alten Lateinischen auß Spanien bürtigen Poeten/ als dem Seneca Tragico, Lucano und Martiali sehen. Dann ob man sie gleich beschuldiget/ daß sie ein frembdes Wesen in die Lateinische Sprache ge- bracht: So ist doch ein grosser Tichteri- scher Geist in jhren Schrifften verborgen/ der den Römern selbst zuvor thut/ als des Seneca in Tragoedien/ welchekein Rö- mer so hochgebracht/ des Martialis in Epi- gram- o 3
Poeterey. andere uͤberſteigen koͤnnen/ wenn ſie ſol-ches mit Ernſt jhnen vorſetzen. Weiln die allgemeine Landsahrt von der Natur nicht dahin gefuͤhret wird/ als wird nicht gar viel fleiß darauff gewandt/ und die bey den ingeniis ſich findende Zuneigung in dem erſten Beginnen gehemmet/ als welche durch die vielheit der Exempeln/ und hochachtung ſolcher Wiſſenſchafft nicht gereitzet und geleitet wird/ wie bey andern Voͤlckern. Nur wann ſich die Na- tur von ſelbſten hervor thut/ ſo hat man die herrlichſten Poeten auch bey jhnen geſehen. Man kan dieſen Trieb in den alten Lateiniſchen auß Spanien buͤrtigen Poeten/ als dem Seneca Tragico, Lucano und Martiali ſehen. Dann ob man ſie gleich beſchuldiget/ daß ſie ein frembdes Weſen in die Lateiniſche Sprache ge- bracht: So iſt doch ein groſſer Tichteri- ſcher Geiſt in jhren Schrifften verborgen/ der den Roͤmern ſelbſt zuvor thut/ als des Seneca in Tragœdien/ welchekein Roͤ- mer ſo hochgebracht/ des Martialis in Epi- gram- o 3
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Poeterey.
andere uͤberſteigen koͤnnen/ wenn ſie ſol-
ches mit Ernſt jhnen vorſetzen. Weiln die
allgemeine Landsahrt von der Natur
nicht dahin gefuͤhret wird/ als wird nicht
gar viel fleiß darauff gewandt/ und die
bey den ingeniis ſich findende Zuneigung
in dem erſten Beginnen gehemmet/ als
welche durch die vielheit der Exempeln/
und hochachtung ſolcher Wiſſenſchafft
nicht gereitzet und geleitet wird/ wie bey
andern Voͤlckern. Nur wann ſich die Na-
tur von ſelbſten hervor thut/ ſo hat man
die herrlichſten Poeten auch bey jhnen
geſehen. Man kan dieſen Trieb in den
alten Lateiniſchen auß Spanien buͤrtigen
Poeten/ als dem Seneca Tragico, Lucano
und Martiali ſehen. Dann ob man ſie
gleich beſchuldiget/ daß ſie ein frembdes
Weſen in die Lateiniſche Sprache ge-
bracht: So iſt doch ein groſſer Tichteri-
ſcher Geiſt in jhren Schrifften verborgen/
der den Roͤmern ſelbſt zuvor thut/ als
des Seneca in Tragœdien/ welchekein Roͤ-
mer ſo hochgebracht/ des Martialis in Epi-
gram-
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Zitationshilfe: | Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/225>, abgerufen am 23.07.2024. |