Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.Das I. Cap. Von der Frantzosen Uberhaupt von der Frantzosen Poetereyzu urtheilen/ so findet man ins gemein Lebhafftigkeit/ und Sinnlichkeit in Wor- ten und Gedancken/ sie sein geschwinde und weitschweiffend/ ungedultig zu lan- gem nachsinnen/ überflüssig in der Rede/ welche natürliche Eygenschafft sie zu ho- hen tieffsinnigen Wercken ungeschickt macht. Ich würde mich scheuen solches zu schrei- ben/ wenn nicht ihr eigener Landsmann Renatus Rapinus, der Lateinische Verse geschrieben/ die des Virgilii seinen so ehn- lich sein als ein Ey dem andern/ in seinen in Frantzösischer Sprach geschriebenen Reflexionibus über des Aristotelis Poentic. part. 1. refl. 25. dieses bekräfftigte/ welches wir auß der Englischen Ubersetzung auff Teutsch hieher setzen, Wir mögen uns selbst mit unserm Verstand und mit dem Genio unser Nation schmei- cheln; aber unser Geist ist nicht gnug erhöhet/ um grosse Außbil- dungen (ideas) zu machen. Wir bemühen uns mir kleinen Dingen/ sein
Das I. Cap. Von der Frantzoſen Uberhaupt von der Frantzoſen Poetereyzu urtheilen/ ſo findet man ins gemein Lebhafftigkeit/ und Sinnlichkeit in Wor- ten und Gedancken/ ſie ſein geſchwinde und weitſchweiffend/ ungedultig zu lan- gem nachſinnen/ uͤberfluͤſſig in der Rede/ welche natuͤrliche Eygenſchafft ſie zu ho- hen tieffſinnigen Werckē ungeſchickt macht. Ich wuͤrde mich ſcheuen ſolches zu ſchrei- ben/ wenn nicht ihr eigener Landsmann Renatus Rapinus, der Lateiniſche Verſe geſchrieben/ die des Virgilii ſeinen ſo ehn- lich ſein als ein Ey dem andern/ in ſeinen in Frantzoͤſiſcher Sprach geſchriebenen Reflexionibus uͤber des Ariſtotelis Poētic. part. 1. refl. 25. dieſes bekraͤfftigte/ welches wir auß der Engliſchen Uberſetzung auff Teutſch hieher ſetzen, Wir moͤgen uns ſelbſt mit unſerm Verſtand und mit dem Genio unſer Nation ſchmei- cheln; aber unſer Geiſt iſt nicht gnug erhoͤhet/ um groſſe Außbil- dungen (ideas) zu machen. Wir bemuͤhen uns mir kleinen Dingen/ ſein
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Das I. Cap. Von der Frantzoſen
Uberhaupt von der Frantzoſen Poeterey
zu urtheilen/ ſo findet man ins gemein
Lebhafftigkeit/ und Sinnlichkeit in Wor-
ten und Gedancken/ ſie ſein geſchwinde
und weitſchweiffend/ ungedultig zu lan-
gem nachſinnen/ uͤberfluͤſſig in der Rede/
welche natuͤrliche Eygenſchafft ſie zu ho-
hen tieffſinnigen Werckē ungeſchickt macht.
Ich wuͤrde mich ſcheuen ſolches zu ſchrei-
ben/ wenn nicht ihr eigener Landsmann
Renatus Rapinus, der Lateiniſche Verſe
geſchrieben/ die des Virgilii ſeinen ſo ehn-
lich ſein als ein Ey dem andern/ in ſeinen
in Frantzoͤſiſcher Sprach geſchriebenen
Reflexionibus uͤber des Ariſtotelis Poētic.
part. 1. refl. 25. dieſes bekraͤfftigte/ welches
wir auß der Engliſchen Uberſetzung auff
Teutſch hieher ſetzen, Wir moͤgen
uns ſelbſt mit unſerm Verſtand und
mit dem Genio unſer Nation ſchmei-
cheln; aber unſer Geiſt iſt nicht
gnug erhoͤhet/ um groſſe Außbil-
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bemuͤhen uns mir kleinen Dingen/
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