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Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682.

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Poeterey.
sein in grossen Dingen kalt/ und
erscheint in unserm Werck kaum
ein Schatten der hohen
Poesie, deren
Form uns die alten
Poeten als Virgi-
lius
und Homerus hinterlassen. Am an-
dern Orthe Reflex 30. sagt er: daß
in der Frantzosen Tichterey die
Lo-
gica
oder Vernunfftkunst nicht ge-
braucht werde/ sondern es sey ins
gemein lauter
Pedanterei oder Non-
sense.
(Denn dieser Worte gebraucht er
sich.) dessen er unzehlige Exempel
aus dem
du Bartas und Ronsard bey-
bringen wolle.
Ob nun zwar dieser
vortrefliche Mann auffrichtig in seinem
Urtheil ist/ so scheinet es doch/ wo ers
von den heutigen verstanden haben will/
etwas zu streng zu sein: Es ist kein Haupt-
werck geschrieben/ seiner Meinung nach/
das dem Virgilio nachahme: So wun-
dert mich doch daß er des Chapellaine
nicht gedacht/ der ein Heroicum Po-
ema
von der Puella Aurelianensi geschrie-
ben/ welches dennoch in einigem

Werth

Poeterey.
ſein in groſſen Dingen kalt/ und
erſcheint in unſerm Werck kaum
ein Schatten der hohen
Poeſie, deren
Form uns die alten
Poeten als Virgi-
lius
und Homerus hinterlaſſen. Am an-
dern Orthe Reflex 30. ſagt er: daß
in der Frantzoſen Tichterey die
Lo-
gica
oder Vernunfftkunſt nicht ge-
braucht werde/ ſondern es ſey ins
gemein lauter
Pedanterei oder Non-
ſenſe.
(Denn dieſer Worte gebraucht er
ſich.) deſſen er unzehlige Exempel
aus dem
du Bartas und Ronſard bey-
bringen wolle.
Ob nun zwar dieſer
vortrefliche Mann auffrichtig in ſeinem
Urtheil iſt/ ſo ſcheinet es doch/ wo ers
von den heutigen verſtanden haben will/
etwas zu ſtreng zu ſein: Es iſt kein Haupt-
werck geſchrieben/ ſeiner Meinung nach/
das dem Virgilio nachahme: So wun-
dert mich doch daß er des Chapellaine
nicht gedacht/ der ein Heroicum Po-
ëma
von der Puella Aurelianenſi geſchrie-
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Werth
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[175/0187] Poeterey. ſein in groſſen Dingen kalt/ und erſcheint in unſerm Werck kaum ein Schatten der hohen Poeſie, deren Form uns die alten Poeten als Virgi- lius und Homerus hinterlaſſen. Am an- dern Orthe Reflex 30. ſagt er: daß in der Frantzoſen Tichterey die Lo- gica oder Vernunfftkunſt nicht ge- braucht werde/ ſondern es ſey ins gemein lauter Pedanterei oder Non- ſenſe. (Denn dieſer Worte gebraucht er ſich.) deſſen er unzehlige Exempel aus dem du Bartas und Ronſard bey- bringen wolle. Ob nun zwar dieſer vortrefliche Mann auffrichtig in ſeinem Urtheil iſt/ ſo ſcheinet es doch/ wo ers von den heutigen verſtanden haben will/ etwas zu ſtreng zu ſein: Es iſt kein Haupt- werck geſchrieben/ ſeiner Meinung nach/ das dem Virgilio nachahme: So wun- dert mich doch daß er des Chapellaine nicht gedacht/ der ein Heroicum Po- ëma von der Puella Aurelianenſi geſchrie- ben/ welches dennoch in einigem Werth

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Zitationshilfe: Morhof, Daniel Georg: Unterricht Von Der Teutschen Sprache und Poesie. Kiel, 1682, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/morhof_unterricht_1682/187>, abgerufen am 27.04.2024.