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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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DIE SULLANISCHE RESTAURATIONSHERRSCHAFT.
das Commando desselben. Vor dem Achaeerhafen in den Ge-
wässern zwischen der troischen Küste und der Insel Tenedos
wurden dreizehn feindliche auf der Fahrt nach Lemnos begriffene
Fünfruderer unter Isidoros überfallen und versenkt. Bei der
kleinen Insel Neae zwischen Lemnos und Skyros sodann, an
welchem wenig besuchten Punkte die pontische Flottille von 32
Segeln auf den Strand gezogen lag, fand sie Lucullus, griff sie
zur See mit den Schiffen, auf der Insel durch rasch gelandete
Truppen an und bemächtigte sich des ganzen Geschwaders. Hier
fanden Marcus Marius und die tüchtigsten der römischen Emi-
grirten entweder im Kampfe oder nachher durch das Henker-
beil den Tod. Die ganze aegaeische Flotte der Feinde war von
Lucullus vernichtet. Den Krieg in Bithynien hatten inzwischen
mit dem durch Nachsendungen aus Italien verstärkten Landheer
und einem in Asien zusammengezogenen Geschwader Cotta und
die Legaten Luculls Voconius, Barba und Gaius Valerius Tria-
rius fortgesetzt. Barba nahm im Binnenland Prusias am Olymp
und Nikaea, Triarius an der Küste Apameia (sonst Myrleia) und
Prusias am Meer (sonst Kios). Man vereinigte sich endlich zu
einem gemeinschaftlichen Unternehmen gegen Mithradates selbst
in Nikomedeia; aber der König, ohne nur den Kampf zu versu-
chen, entwich auf seine Schiffe und fuhr heimwärts. Auch dies
gelang ihm nur, weil der mit der Blokirung des Hafens von Ni-
komedeia beauftragte römische Flottenführer Voconius zu spät
eintraf. Unterwegs ward zwar das wichtige Herakleia an den
König verrathen und von ihm besetzt; aber ein Sturm in diesen
Gewässern versenkte über sechzig seiner Schiffe und zerstreute
die übrigen; fast allein gelangte der König nach Sinope. Die Of-
ensive Mithradats endigte mit einer vollständigen und durchaus
nicht, am wenigsten aber für den obersten Leiter rühmlichen
Niederlage der pontischen Land- und Seemacht.

Lucullus ging jetzt seinerseits zum Angriff vor. Triarius
übernahm den Befehl über die Flotte mit dem Auftrag vor allem
den Hellespont zu sperren und den aus Kreta und Spanien rück-
kehrenden pontischen Schiffen aufzupassen, Cotta die Belagerung
von Herakleia; das schwierige Verpflegungsgeschäft ward den
treuen und thätigen Galaterfürsten und dem König Ariobarzanes
von Kappadokien übertragen. So rückte im Herbst 681 Lucullus
ein in die gesegnete und seit langem von keinem Feinde betre-
tene pontische Landschaft. Mithradates, jetzt entschlossen zur
strengsten Defensive, wich, ohne eine Schlacht zu liefern, zurück
von Sinope nach Amisos, von Amisos nach Kabeira (später Neo-

DIE SULLANISCHE RESTAURATIONSHERRSCHAFT.
das Commando desselben. Vor dem Achaeerhafen in den Ge-
wässern zwischen der troischen Küste und der Insel Tenedos
wurden dreizehn feindliche auf der Fahrt nach Lemnos begriffene
Fünfruderer unter Isidoros überfallen und versenkt. Bei der
kleinen Insel Neae zwischen Lemnos und Skyros sodann, an
welchem wenig besuchten Punkte die pontische Flottille von 32
Segeln auf den Strand gezogen lag, fand sie Lucullus, griff sie
zur See mit den Schiffen, auf der Insel durch rasch gelandete
Truppen an und bemächtigte sich des ganzen Geschwaders. Hier
fanden Marcus Marius und die tüchtigsten der römischen Emi-
grirten entweder im Kampfe oder nachher durch das Henker-
beil den Tod. Die ganze aegaeische Flotte der Feinde war von
Lucullus vernichtet. Den Krieg in Bithynien hatten inzwischen
mit dem durch Nachsendungen aus Italien verstärkten Landheer
und einem in Asien zusammengezogenen Geschwader Cotta und
die Legaten Luculls Voconius, Barba und Gaius Valerius Tria-
rius fortgesetzt. Barba nahm im Binnenland Prusias am Olymp
und Nikaea, Triarius an der Küste Apameia (sonst Myrleia) und
Prusias am Meer (sonst Kios). Man vereinigte sich endlich zu
einem gemeinschaftlichen Unternehmen gegen Mithradates selbst
in Nikomedeia; aber der König, ohne nur den Kampf zu versu-
chen, entwich auf seine Schiffe und fuhr heimwärts. Auch dies
gelang ihm nur, weil der mit der Blokirung des Hafens von Ni-
komedeia beauftragte römische Flottenführer Voconius zu spät
eintraf. Unterwegs ward zwar das wichtige Herakleia an den
König verrathen und von ihm besetzt; aber ein Sturm in diesen
Gewässern versenkte über sechzig seiner Schiffe und zerstreute
die übrigen; fast allein gelangte der König nach Sinope. Die Of-
ensive Mithradats endigte mit einer vollständigen und durchaus
nicht, am wenigsten aber für den obersten Leiter rühmlichen
Niederlage der pontischen Land- und Seemacht.

Lucullus ging jetzt seinerseits zum Angriff vor. Triarius
übernahm den Befehl über die Flotte mit dem Auftrag vor allem
den Hellespont zu sperren und den aus Kreta und Spanien rück-
kehrenden pontischen Schiffen aufzupassen, Cotta die Belagerung
von Herakleia; das schwierige Verpflegungsgeschäft ward den
treuen und thätigen Galaterfürsten und dem König Ariobarzanes
von Kappadokien übertragen. So rückte im Herbst 681 Lucullus
ein in die gesegnete und seit langem von keinem Feinde betre-
tene pontische Landschaft. Mithradates, jetzt entschlossen zur
strengsten Defensive, wich, ohne eine Schlacht zu liefern, zurück
von Sinope nach Amisos, von Amisos nach Kabeira (später Neo-

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[53/0063] DIE SULLANISCHE RESTAURATIONSHERRSCHAFT. das Commando desselben. Vor dem Achaeerhafen in den Ge- wässern zwischen der troischen Küste und der Insel Tenedos wurden dreizehn feindliche auf der Fahrt nach Lemnos begriffene Fünfruderer unter Isidoros überfallen und versenkt. Bei der kleinen Insel Neae zwischen Lemnos und Skyros sodann, an welchem wenig besuchten Punkte die pontische Flottille von 32 Segeln auf den Strand gezogen lag, fand sie Lucullus, griff sie zur See mit den Schiffen, auf der Insel durch rasch gelandete Truppen an und bemächtigte sich des ganzen Geschwaders. Hier fanden Marcus Marius und die tüchtigsten der römischen Emi- grirten entweder im Kampfe oder nachher durch das Henker- beil den Tod. Die ganze aegaeische Flotte der Feinde war von Lucullus vernichtet. Den Krieg in Bithynien hatten inzwischen mit dem durch Nachsendungen aus Italien verstärkten Landheer und einem in Asien zusammengezogenen Geschwader Cotta und die Legaten Luculls Voconius, Barba und Gaius Valerius Tria- rius fortgesetzt. Barba nahm im Binnenland Prusias am Olymp und Nikaea, Triarius an der Küste Apameia (sonst Myrleia) und Prusias am Meer (sonst Kios). Man vereinigte sich endlich zu einem gemeinschaftlichen Unternehmen gegen Mithradates selbst in Nikomedeia; aber der König, ohne nur den Kampf zu versu- chen, entwich auf seine Schiffe und fuhr heimwärts. Auch dies gelang ihm nur, weil der mit der Blokirung des Hafens von Ni- komedeia beauftragte römische Flottenführer Voconius zu spät eintraf. Unterwegs ward zwar das wichtige Herakleia an den König verrathen und von ihm besetzt; aber ein Sturm in diesen Gewässern versenkte über sechzig seiner Schiffe und zerstreute die übrigen; fast allein gelangte der König nach Sinope. Die Of- ensive Mithradats endigte mit einer vollständigen und durchaus nicht, am wenigsten aber für den obersten Leiter rühmlichen Niederlage der pontischen Land- und Seemacht. Lucullus ging jetzt seinerseits zum Angriff vor. Triarius übernahm den Befehl über die Flotte mit dem Auftrag vor allem den Hellespont zu sperren und den aus Kreta und Spanien rück- kehrenden pontischen Schiffen aufzupassen, Cotta die Belagerung von Herakleia; das schwierige Verpflegungsgeschäft ward den treuen und thätigen Galaterfürsten und dem König Ariobarzanes von Kappadokien übertragen. So rückte im Herbst 681 Lucullus ein in die gesegnete und seit langem von keinem Feinde betre- tene pontische Landschaft. Mithradates, jetzt entschlossen zur strengsten Defensive, wich, ohne eine Schlacht zu liefern, zurück von Sinope nach Amisos, von Amisos nach Kabeira (später Neo-

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/63>, abgerufen am 06.05.2024.