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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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KUNST.
Conterfeis seiner jedesmaligen Mätressen lieferte. Die Bedeutung
von Musik und Tanz stieg im öffentlichen wie im häuslichen Le-
ben. Wie die Theatermusik und das Tanzstück in der Bühnen-
entwickelung dieser Zeit zu selbstständigerer Geltung gelangten,
wurde bereits dargestellt (S. 547); es kann noch hinzugefügt
werden, dass jetzt auch in Rom selbst auf der öffentlichen Bühne
schon sehr häufig von griechischen Musikern, Tänzern und De-
clamatoren Vorstellungen gegeben wurden, wie sie in Kleinasien
und überhaupt in der ganzen hellenischen und hellenisirenden
Welt üblich waren.*
Dazu kamen denn die Musikanten und Tän-

* Dergleichen ,griechische Spiele' wurden nicht bloss in den griechi-
schen Städten Italiens, namentlich in Neapel aufgeführt (Cic. pro Arch. 5,
10. Plutarch Brut. 21), sondern waren auch in Rom, wo sie zuerst 568 ge-
geben worden waren (Liv. 39, 22), jetzt schon sehr häufig (II, 438; Cic.
ad fam. 7, 1, 3. ad Att. 16, 5, 1. Sueton Caes. 39. Plutarch Brut. 21).
Wenn die bekannte Grabschrift der vierzehnjährigen Licinia Eucharis, die
wahrscheinlich dem Ende dieser Epoche angehört, dieses ,wohlunterrich-
tete und in allen Künsten von den Musen selbst unterrichtete Mädchen' in
den Privatvorstellungen der vornehmen Häuser als Tänzerin glänzen und
öffentlich zuerst auf der griechischen Schaubühne auftreten lässt (modo
nobilium ludos decoraxi choro, Et Graeca in scaena prima populo apparui
),
so kann dies wohl nur heissen, dass sie das erste Mädchen war, das auf der
öffentlichen griechischen Schaubühne in Rom erschien; wie denn überhaupt
erst in dieser Epoche die Frauenzimmer in Rom anfingen auf der öffentli-
chen Schaubühne aufzutreten (S. 545). -- Diese ,griechischen Spiele' in
Rom scheinen nicht eigentlich scenische gewesen zu sein, sondern vielmehr
zu der Gattung der zusammengesetzten zunächst musikalisch-declamatori-
schen Aufführungen gehört zu haben, wie sie auch in Griechenland in spä-
terer Zeit nicht selten vorkamen (Welcker griech. Tanz. S. 1277). Dahin
führt das Hervortreten des Flötenspiels bei Polybios 30, 13, des Tanzes in
dem Berichte Suetons über die bei Caesars Spielen aufgeführten kleinasia-
tischen Waffentänze und in der Grabschrift der Eucharis; auch die Be-
schreibung des Kitharöden ad Her. 4, 47, 60 (vgl. Vitruv. 5, 5, 7) wird sol-
chen ,griechischen Spielen' entnommen sein. Bezeichnend ist noch die
Verbindung dieser Vorstellungen in Rom mit griechischen Athletenkämpfen
(Polyb. a. a. O.; Liv. 32, 22). Dramatische Recitationen waren von diesen
Mischspielen keineswegs ausgeschlossen, wie denn auch unter den Spie-
lern, die Lucius Anicius 587 in Rom auftreten liess, ausdrücklich Tragö-
den mit erwähnt werden; aber es wurden doch dabei nicht eigentlich
Schauspiele aufgeführt, sondern vielmehr von einzelnen Künstlern entwe-
der ganze Dramen oder wohl noch häufiger Stücke daraus declamirend
oder singend zur Flöte vorgetragen. Das wird denn auch in Rom vorge-
kommen sein; aber allem Anschein nach war für das römische Publicum
die Hauptsache bei diesen griechischen Spielen Musik und Tanz, und der
Text mag für sie wenig mehr bedeutet haben als heutzutage die der italie-
nischen Oper in London und Paris bedeuten. Dass eigentlich dramatische
Aufführungen in griechischer Sprache in Rom stattgefunden, ist nicht un-
möglich, aber beweisen lässt es sich nicht und es können alle Erwähnungen

KUNST.
Conterfeis seiner jedesmaligen Mätressen lieferte. Die Bedeutung
von Musik und Tanz stieg im öffentlichen wie im häuslichen Le-
ben. Wie die Theatermusik und das Tanzstück in der Bühnen-
entwickelung dieser Zeit zu selbstständigerer Geltung gelangten,
wurde bereits dargestellt (S. 547); es kann noch hinzugefügt
werden, daſs jetzt auch in Rom selbst auf der öffentlichen Bühne
schon sehr häufig von griechischen Musikern, Tänzern und De-
clamatoren Vorstellungen gegeben wurden, wie sie in Kleinasien
und überhaupt in der ganzen hellenischen und hellenisirenden
Welt üblich waren.*
Dazu kamen denn die Musikanten und Tän-

* Dergleichen ‚griechische Spiele‘ wurden nicht bloſs in den griechi-
schen Städten Italiens, namentlich in Neapel aufgeführt (Cic. pro Arch. 5,
10. Plutarch Brut. 21), sondern waren auch in Rom, wo sie zuerst 568 ge-
geben worden waren (Liv. 39, 22), jetzt schon sehr häufig (II, 438; Cic.
ad fam. 7, 1, 3. ad Att. 16, 5, 1. Sueton Caes. 39. Plutarch Brut. 21).
Wenn die bekannte Grabschrift der vierzehnjährigen Licinia Eucharis, die
wahrscheinlich dem Ende dieser Epoche angehört, dieses ‚wohlunterrich-
tete und in allen Künsten von den Musen selbst unterrichtete Mädchen‘ in
den Privatvorstellungen der vornehmen Häuser als Tänzerin glänzen und
öffentlich zuerst auf der griechischen Schaubühne auftreten läſst (modo
nobilium ludos decoraxi choro, Et Graeca in scaena prima populo apparui
),
so kann dies wohl nur heiſsen, daſs sie das erste Mädchen war, das auf der
öffentlichen griechischen Schaubühne in Rom erschien; wie denn überhaupt
erst in dieser Epoche die Frauenzimmer in Rom anfingen auf der öffentli-
chen Schaubühne aufzutreten (S. 545). — Diese ‚griechischen Spiele‘ in
Rom scheinen nicht eigentlich scenische gewesen zu sein, sondern vielmehr
zu der Gattung der zusammengesetzten zunächst musikalisch-declamatori-
schen Aufführungen gehört zu haben, wie sie auch in Griechenland in spä-
terer Zeit nicht selten vorkamen (Welcker griech. Tanz. S. 1277). Dahin
führt das Hervortreten des Flötenspiels bei Polybios 30, 13, des Tanzes in
dem Berichte Suetons über die bei Caesars Spielen aufgeführten kleinasia-
tischen Waffentänze und in der Grabschrift der Eucharis; auch die Be-
schreibung des Kitharöden ad Her. 4, 47, 60 (vgl. Vitruv. 5, 5, 7) wird sol-
chen ‚griechischen Spielen‘ entnommen sein. Bezeichnend ist noch die
Verbindung dieser Vorstellungen in Rom mit griechischen Athletenkämpfen
(Polyb. a. a. O.; Liv. 32, 22). Dramatische Recitationen waren von diesen
Mischspielen keineswegs ausgeschlossen, wie denn auch unter den Spie-
lern, die Lucius Anicius 587 in Rom auftreten lieſs, ausdrücklich Tragö-
den mit erwähnt werden; aber es wurden doch dabei nicht eigentlich
Schauspiele aufgeführt, sondern vielmehr von einzelnen Künstlern entwe-
der ganze Dramen oder wohl noch häufiger Stücke daraus declamirend
oder singend zur Flöte vorgetragen. Das wird denn auch in Rom vorge-
kommen sein; aber allem Anschein nach war für das römische Publicum
die Hauptsache bei diesen griechischen Spielen Musik und Tanz, und der
Text mag für sie wenig mehr bedeutet haben als heutzutage die der italie-
nischen Oper in London und Paris bedeuten. Daſs eigentlich dramatische
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möglich, aber beweisen läſst es sich nicht und es können alle Erwähnungen
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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 581. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/591>, abgerufen am 24.11.2024.