Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.BRUNDISIUM. ILERDA. Pompeius legale Ernennung zum Oberfeldherrn in dem Bürger-krieg vereitelt hatte, scheiterte jetzt auch er mit dem gleichen Verlangen. Andere Hemmungen kamen hinzu. Da beide Con- suln im feindlichen Lager waren und der Versuch fehlschlug den Consul Lentulus, dessen zerrüttete Vermögensverhältnisse Jeder- mann kannte, zu kaufen, so war es überhaupt nach formellem Recht sehr schwierig oder vielmehr unmöglich, die von Caesar gewünschte Ernennung eines Dictators zu bewirken. Der Volks- tribun Lucius Metellus ferner legte gegen sämmtliche Schritte des Proconsuls Protest ein und machte Miene die Staatskasse, als Caesars Leute kamen um sie zu leeren, mit seinem Leibe zu decken. Caesar konnte in diesem Falle nicht umhin den Unver- letzlichen so sänftlich wie möglich bei Seite schieben zu lassen; übrigens blieb er dabei sich aller terroristischen Massregeln zu enthalten. Dem Senat erklärte er, eben wie es kurz zuvor die Ver- fassungspartei gethan, dass er zwar gewünscht habe mit Beihülfe der höchsten Behörde die Verhältnisse zu ordnen; allein da diese verweigert werde, könne er ihrer auch entrathen. Ohne weiter um den Senat und die staatsrechtlichen Formalien sich zu küm- mern, übergab er die einstweilige Verwaltung der Hauptstadt dem Prätor Marcus Aemilius Lepidus als Stadtpräfecten und ordnete für die Verwaltung der ihm gehorchenden Landschaften und die Fortsetzung des Krieges das Erforderliche an. Selbst unter dem Getöse des Riesenkampfes und neben dem lockenden Klang der verschwenderischen Versprechungen Caesars machte es doch noch tiefen Eindruck auf die hauptstädtische Menge, als sie in ihrem freien Rom zum ersten Mal den Monarchen als Monarchen schalten und die Thüre der Staatskasse durch seine Soldaten auf- sprengen sah. Allein die Zeiten waren nicht mehr, wo Eindrücke und Stimmungen der Masse den Gang der Ereignisse bestimm- ten; die Legionen entschieden und auf einige schmerzliche Em- pfindungen mehr oder weniger kam eben nichts weiter an. Caesar eilte den Krieg wieder aufzunehmen. Seine bisheri- BRUNDISIUM. ILERDA. Pompeius legale Ernennung zum Oberfeldherrn in dem Bürger-krieg vereitelt hatte, scheiterte jetzt auch er mit dem gleichen Verlangen. Andere Hemmungen kamen hinzu. Da beide Con- suln im feindlichen Lager waren und der Versuch fehlschlug den Consul Lentulus, dessen zerrüttete Vermögensverhältnisse Jeder- mann kannte, zu kaufen, so war es überhaupt nach formellem Recht sehr schwierig oder vielmehr unmöglich, die von Caesar gewünschte Ernennung eines Dictators zu bewirken. Der Volks- tribun Lucius Metellus ferner legte gegen sämmtliche Schritte des Proconsuls Protest ein und machte Miene die Staatskasse, als Caesars Leute kamen um sie zu leeren, mit seinem Leibe zu decken. Caesar konnte in diesem Falle nicht umhin den Unver- letzlichen so sänftlich wie möglich bei Seite schieben zu lassen; übrigens blieb er dabei sich aller terroristischen Maſsregeln zu enthalten. Dem Senat erklärte er, eben wie es kurz zuvor die Ver- fassungspartei gethan, daſs er zwar gewünscht habe mit Beihülfe der höchsten Behörde die Verhältnisse zu ordnen; allein da diese verweigert werde, könne er ihrer auch entrathen. Ohne weiter um den Senat und die staatsrechtlichen Formalien sich zu küm- mern, übergab er die einstweilige Verwaltung der Hauptstadt dem Prätor Marcus Aemilius Lepidus als Stadtpräfecten und ordnete für die Verwaltung der ihm gehorchenden Landschaften und die Fortsetzung des Krieges das Erforderliche an. Selbst unter dem Getöse des Riesenkampfes und neben dem lockenden Klang der verschwenderischen Versprechungen Caesars machte es doch noch tiefen Eindruck auf die hauptstädtische Menge, als sie in ihrem freien Rom zum ersten Mal den Monarchen als Monarchen schalten und die Thüre der Staatskasse durch seine Soldaten auf- sprengen sah. Allein die Zeiten waren nicht mehr, wo Eindrücke und Stimmungen der Masse den Gang der Ereignisse bestimm- ten; die Legionen entschieden und auf einige schmerzliche Em- pfindungen mehr oder weniger kam eben nichts weiter an. Caesar eilte den Krieg wieder aufzunehmen. Seine bisheri- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0371" n="361"/><fw place="top" type="header">BRUNDISIUM. ILERDA.</fw><lb/> Pompeius legale Ernennung zum Oberfeldherrn in dem Bürger-<lb/> krieg vereitelt hatte, scheiterte jetzt auch er mit dem gleichen<lb/> Verlangen. Andere Hemmungen kamen hinzu. Da beide Con-<lb/> suln im feindlichen Lager waren und der Versuch fehlschlug den<lb/> Consul Lentulus, dessen zerrüttete Vermögensverhältnisse Jeder-<lb/> mann kannte, zu kaufen, so war es überhaupt nach formellem<lb/> Recht sehr schwierig oder vielmehr unmöglich, die von Caesar<lb/> gewünschte Ernennung eines Dictators zu bewirken. Der Volks-<lb/> tribun Lucius Metellus ferner legte gegen sämmtliche Schritte des<lb/> Proconsuls Protest ein und machte Miene die Staatskasse, als<lb/> Caesars Leute kamen um sie zu leeren, mit seinem Leibe zu<lb/> decken. Caesar konnte in diesem Falle nicht umhin den Unver-<lb/> letzlichen so sänftlich wie möglich bei Seite schieben zu lassen;<lb/> übrigens blieb er dabei sich aller terroristischen Maſsregeln zu<lb/> enthalten. 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BRUNDISIUM. ILERDA.
Pompeius legale Ernennung zum Oberfeldherrn in dem Bürger-
krieg vereitelt hatte, scheiterte jetzt auch er mit dem gleichen
Verlangen. Andere Hemmungen kamen hinzu. Da beide Con-
suln im feindlichen Lager waren und der Versuch fehlschlug den
Consul Lentulus, dessen zerrüttete Vermögensverhältnisse Jeder-
mann kannte, zu kaufen, so war es überhaupt nach formellem
Recht sehr schwierig oder vielmehr unmöglich, die von Caesar
gewünschte Ernennung eines Dictators zu bewirken. Der Volks-
tribun Lucius Metellus ferner legte gegen sämmtliche Schritte des
Proconsuls Protest ein und machte Miene die Staatskasse, als
Caesars Leute kamen um sie zu leeren, mit seinem Leibe zu
decken. Caesar konnte in diesem Falle nicht umhin den Unver-
letzlichen so sänftlich wie möglich bei Seite schieben zu lassen;
übrigens blieb er dabei sich aller terroristischen Maſsregeln zu
enthalten. Dem Senat erklärte er, eben wie es kurz zuvor die Ver-
fassungspartei gethan, daſs er zwar gewünscht habe mit Beihülfe
der höchsten Behörde die Verhältnisse zu ordnen; allein da diese
verweigert werde, könne er ihrer auch entrathen. Ohne weiter
um den Senat und die staatsrechtlichen Formalien sich zu küm-
mern, übergab er die einstweilige Verwaltung der Hauptstadt dem
Prätor Marcus Aemilius Lepidus als Stadtpräfecten und ordnete
für die Verwaltung der ihm gehorchenden Landschaften und die
Fortsetzung des Krieges das Erforderliche an. Selbst unter dem
Getöse des Riesenkampfes und neben dem lockenden Klang der
verschwenderischen Versprechungen Caesars machte es doch
noch tiefen Eindruck auf die hauptstädtische Menge, als sie in
ihrem freien Rom zum ersten Mal den Monarchen als Monarchen
schalten und die Thüre der Staatskasse durch seine Soldaten auf-
sprengen sah. Allein die Zeiten waren nicht mehr, wo Eindrücke
und Stimmungen der Masse den Gang der Ereignisse bestimm-
ten; die Legionen entschieden und auf einige schmerzliche Em-
pfindungen mehr oder weniger kam eben nichts weiter an.
Caesar eilte den Krieg wieder aufzunehmen. Seine bisheri-
gen Erfolge verdankte er der Offensive und er gedachte auch fer-
ner bei derselben zu bleiben. Die Lage seines Gegners war selt-
sam. Nachdem der ursprüngliche Plan, den Feldzug zugleich von
Italien und Spanien aus in den beiden Gallien offensiv zu führen,
durch Caesars Angriff vereitelt worden war, war Pompeius Ab-
sicht gewesen Italien aufzugeben und nach Spanien zu gehen.
Hier hatte er eine sehr starke Stellung. Das Heer zählte sieben
Legionen; es dienten darin eine groſse Anzahl von Pompeius
Veteranen und die mehrjährigen Kämpfe in den lusitanischen
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