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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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FÜNFTES BUCH. KAPITEL X.
Bergen hatten Soldaten und Offiziere gestählt. Unter den An-
führern war Marcus Varro zwar nichts als ein berühmter Gelehr-
ter und ein getreuer Anhänger; aber Lucius Afranius hatte mit
Auszeichnung im Orient und in den Alpen gefochten, und Mar-
cus Petreius, der Ueberwinder Catilinas, war ein ebenso uner-
schrockener wie fähiger Offizier. Wenn in der jenseitigen Pro-
vinz Caesar noch von seiner Statthalterschaft her (S. 203)
mancherlei Anhang hatte, so war dagegen diejenige, auf die es
zunächst ankam, die Ebroprovinz mit allen Banden der Ehrfurcht
und der Dankbarkeit an den berühmten General gefesselt, der da-
selbst zwanzig Jahre zuvor im sertorianischen Kriege comman-
dirt und nach dessen Beendigung sie reorganisirt hatte. Wenn
Pompeius mit den aus der italischen Katastrophe geretteten
Heerestrümmern dort sich hin begab und an der Spitze seiner
gesammten Macht Caesar entgegentrat, so war es keineswegs
unwahrscheinlich, dass in diesem Kampfe ihm die Oberhand blieb.
Unglücklicher Weise aber hatte er, in der Hoffnung die in Corfi-
nium stehenden Truppen noch retten zu können, so lange in
Apulien sich verweilt, dass er statt der campanischen Häfen das
nähere Brundisium zum Einschiffungsort zu wählen genöthigt
war. Warum er, Herr der See und Siciliens, nicht späterhin
auf den ursprünglichen Plan wieder zurückkam, lässt sich nicht
entscheiden; genug es geschah nicht. Caesar blieb die Wahl ent-
weder gegen die Armee, die in Griechenland unter Pompeius
eigenem Befehl sich organisirte, oder gegen die schlagfertige sei-
ner Unterfeldherren in Spanien den nächsten Angriff zu richten.
Er hatte für das Letztere sich entschieden und, so wie der itali-
sche Feldzug zu Ende ging, Massregeln getroffen um neun seiner
besten Legionen, ferner 6000 Reiter, theils in den Keltengauen
von Caesar einzeln ausgesuchte Leute, theils deutsche Söldner, und
eine Anzahl iberischer und ligurischer Schützen an der unteren
Rhone zusammenzuziehen. -- Aber auch seine Gegner waren hier
thätig. Der vom Senat zu Caesars Nachfolger bestimmte Statt-
halter des diesseitigen Galliens Lucius Domitius hatte von Corfi-
nium aus, so wie Caesar ihn freigegeben, sich mit seinem Ge-
sinde und mit Pompeius Vertrauensmann Lucius Vibullius Rufus
nach Massalia auf den Weg gemacht und in der That die Stadt
bestimmt sich für Pompeius zu erklären, ja Caesars Truppen den
Durchmarsch zu weigern. Von den spanischen Truppen blieben
die zwei am wenigsten zuverlässigen Legionen unter Varros Ober-
befehl in der jenseitigen Provinz stehen; dagegen hatten die fünf
besten Legionen, verstärkt durch 40000 Mann spanischen Fuss-

FÜNFTES BUCH. KAPITEL X.
Bergen hatten Soldaten und Offiziere gestählt. Unter den An-
führern war Marcus Varro zwar nichts als ein berühmter Gelehr-
ter und ein getreuer Anhänger; aber Lucius Afranius hatte mit
Auszeichnung im Orient und in den Alpen gefochten, und Mar-
cus Petreius, der Ueberwinder Catilinas, war ein ebenso uner-
schrockener wie fähiger Offizier. Wenn in der jenseitigen Pro-
vinz Caesar noch von seiner Statthalterschaft her (S. 203)
mancherlei Anhang hatte, so war dagegen diejenige, auf die es
zunächst ankam, die Ebroprovinz mit allen Banden der Ehrfurcht
und der Dankbarkeit an den berühmten General gefesselt, der da-
selbst zwanzig Jahre zuvor im sertorianischen Kriege comman-
dirt und nach dessen Beendigung sie reorganisirt hatte. Wenn
Pompeius mit den aus der italischen Katastrophe geretteten
Heerestrümmern dort sich hin begab und an der Spitze seiner
gesammten Macht Caesar entgegentrat, so war es keineswegs
unwahrscheinlich, daſs in diesem Kampfe ihm die Oberhand blieb.
Unglücklicher Weise aber hatte er, in der Hoffnung die in Corfi-
nium stehenden Truppen noch retten zu können, so lange in
Apulien sich verweilt, daſs er statt der campanischen Häfen das
nähere Brundisium zum Einschiffungsort zu wählen genöthigt
war. Warum er, Herr der See und Siciliens, nicht späterhin
auf den ursprünglichen Plan wieder zurückkam, läſst sich nicht
entscheiden; genug es geschah nicht. Caesar blieb die Wahl ent-
weder gegen die Armee, die in Griechenland unter Pompeius
eigenem Befehl sich organisirte, oder gegen die schlagfertige sei-
ner Unterfeldherren in Spanien den nächsten Angriff zu richten.
Er hatte für das Letztere sich entschieden und, so wie der itali-
sche Feldzug zu Ende ging, Maſsregeln getroffen um neun seiner
besten Legionen, ferner 6000 Reiter, theils in den Keltengauen
von Caesar einzeln ausgesuchte Leute, theils deutsche Söldner, und
eine Anzahl iberischer und ligurischer Schützen an der unteren
Rhone zusammenzuziehen. — Aber auch seine Gegner waren hier
thätig. Der vom Senat zu Caesars Nachfolger bestimmte Statt-
halter des diesseitigen Galliens Lucius Domitius hatte von Corfi-
nium aus, so wie Caesar ihn freigegeben, sich mit seinem Ge-
sinde und mit Pompeius Vertrauensmann Lucius Vibullius Rufus
nach Massalia auf den Weg gemacht und in der That die Stadt
bestimmt sich für Pompeius zu erklären, ja Caesars Truppen den
Durchmarsch zu weigern. Von den spanischen Truppen blieben
die zwei am wenigsten zuverlässigen Legionen unter Varros Ober-
befehl in der jenseitigen Provinz stehen; dagegen hatten die fünf
besten Legionen, verstärkt durch 40000 Mann spanischen Fuſs-

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[362/0372] FÜNFTES BUCH. KAPITEL X. Bergen hatten Soldaten und Offiziere gestählt. Unter den An- führern war Marcus Varro zwar nichts als ein berühmter Gelehr- ter und ein getreuer Anhänger; aber Lucius Afranius hatte mit Auszeichnung im Orient und in den Alpen gefochten, und Mar- cus Petreius, der Ueberwinder Catilinas, war ein ebenso uner- schrockener wie fähiger Offizier. Wenn in der jenseitigen Pro- vinz Caesar noch von seiner Statthalterschaft her (S. 203) mancherlei Anhang hatte, so war dagegen diejenige, auf die es zunächst ankam, die Ebroprovinz mit allen Banden der Ehrfurcht und der Dankbarkeit an den berühmten General gefesselt, der da- selbst zwanzig Jahre zuvor im sertorianischen Kriege comman- dirt und nach dessen Beendigung sie reorganisirt hatte. Wenn Pompeius mit den aus der italischen Katastrophe geretteten Heerestrümmern dort sich hin begab und an der Spitze seiner gesammten Macht Caesar entgegentrat, so war es keineswegs unwahrscheinlich, daſs in diesem Kampfe ihm die Oberhand blieb. Unglücklicher Weise aber hatte er, in der Hoffnung die in Corfi- nium stehenden Truppen noch retten zu können, so lange in Apulien sich verweilt, daſs er statt der campanischen Häfen das nähere Brundisium zum Einschiffungsort zu wählen genöthigt war. Warum er, Herr der See und Siciliens, nicht späterhin auf den ursprünglichen Plan wieder zurückkam, läſst sich nicht entscheiden; genug es geschah nicht. Caesar blieb die Wahl ent- weder gegen die Armee, die in Griechenland unter Pompeius eigenem Befehl sich organisirte, oder gegen die schlagfertige sei- ner Unterfeldherren in Spanien den nächsten Angriff zu richten. Er hatte für das Letztere sich entschieden und, so wie der itali- sche Feldzug zu Ende ging, Maſsregeln getroffen um neun seiner besten Legionen, ferner 6000 Reiter, theils in den Keltengauen von Caesar einzeln ausgesuchte Leute, theils deutsche Söldner, und eine Anzahl iberischer und ligurischer Schützen an der unteren Rhone zusammenzuziehen. — Aber auch seine Gegner waren hier thätig. Der vom Senat zu Caesars Nachfolger bestimmte Statt- halter des diesseitigen Galliens Lucius Domitius hatte von Corfi- nium aus, so wie Caesar ihn freigegeben, sich mit seinem Ge- sinde und mit Pompeius Vertrauensmann Lucius Vibullius Rufus nach Massalia auf den Weg gemacht und in der That die Stadt bestimmt sich für Pompeius zu erklären, ja Caesars Truppen den Durchmarsch zu weigern. Von den spanischen Truppen blieben die zwei am wenigsten zuverlässigen Legionen unter Varros Ober- befehl in der jenseitigen Provinz stehen; dagegen hatten die fünf besten Legionen, verstärkt durch 40000 Mann spanischen Fuſs-

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/372>, abgerufen am 18.12.2024.