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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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FÜNFTES BUCH. KAPITEL VIII.
nach dem Osten ab; allein Pompeius liess in den beiden spani-
schen Provinzen die bisher dort stehende Besatzung unter seinen
Unterbefehlshabern, während er die Offiziere und Soldaten der
neu ausgehobenen Legionen auf Urlaub entliess und selbst mit
ihnen in Italien blieb. -- Man gehorchte also, weil man gehor-
chen musste; der stille Widerstand der öffentlichen Meinung frei-
lich steigerte sich, je deutlicher und allgemeiner es begriffen ward,
dass die Machthaber bemüht waren mit der alten Verfassung ein
Ende zu machen und in möglichst schonender Weise die beste-
henden Verhältnisse der Regierung und Verwaltung in die For-
men der Monarchie zu fügen. Vor allen Dingen wurden alle wich-
tigeren Angelegenheiten ohne Zuziehung des Senats und nament-
lich das Militärwesen und die äusseren Verhältnisse, ohne ihn zu
fragen, bald durch Volksbeschluss, bald durch das blosse Gutfin-
den der Herrscher erledigt. Die in Luca vereinbarten Bestim-
mungen hinsichtlich der Militärcommandos von Gallien, Spanien
und Syrien wurden durch den Volkstribun Gaius Trebonius un-
mittelbar an die Bürgerschaft gebracht, überhaupt über die Be-
setzung der wichtigeren Statthalterschaften häufig durch Volks-
schluss entschieden. Dass für die Machthaber es der Einwilli-
gung der Behörden nicht bedürfe, um ihre Truppen beliebig zu
vermehren, hatte Caesar bereits hinreichend dargethan; ebenso-
wenig trugen sie Bedenken ihre Truppen sich unter einander zu
borgen, wie zum Beispiel Caesar von Pompeius für den galli-
schen, Crassus von Caesar für den parthischen Krieg solche col-
legialische Unterstützung empfing. Wenn sonst die Einrichtung
neu erworbener Gebiete durch eine Senatscommission beschafft
worden war, so organisirte Caesar seine ausgedehnten gallischen
Eroberungen durchaus nach eigenem Ermessen. Das den höchst-
commandirenden Feldherrn instructionsmässig zustehende Recht
an einzelne Unterthanen das römische Bürgerrecht zu verleihen
ward von Caesar benutzt um bei den massenweisen Aushebun-
gen, die er im cisalpinischen Gallien anordnete, sämmtlichen la-
tinischen Rekruten das Bürgerrecht zu verleihen*, ja sogar um

* Ueberliefert ist dies nicht. Allein da von latinischen Cohorten in
Caesars gallischer Armee keine Spur sich findet, vielmehr nach seiner aus-
drücklichen Angabe alle im cisalpinischen Gallien ausgehobenen Rekruten
in Legionen, d. h. in Bürgermilitär formirt wurden, so ist man zu dieser
Annahme gezwungen; denn dass Caesar aus den latinischen Gemeinden, das
heisst aus dem bei weitem grösseren Theil seiner Provinz überhaupt keine
Soldaten ausgehoben hat, ist im höchsten Grade unwahrscheinlich und lässt
sich auch daraus, dass die nach Ausbruch des Bürgerkrieges von Caesar

FÜNFTES BUCH. KAPITEL VIII.
nach dem Osten ab; allein Pompeius lieſs in den beiden spani-
schen Provinzen die bisher dort stehende Besatzung unter seinen
Unterbefehlshabern, während er die Offiziere und Soldaten der
neu ausgehobenen Legionen auf Urlaub entlieſs und selbst mit
ihnen in Italien blieb. — Man gehorchte also, weil man gehor-
chen muſste; der stille Widerstand der öffentlichen Meinung frei-
lich steigerte sich, je deutlicher und allgemeiner es begriffen ward,
daſs die Machthaber bemüht waren mit der alten Verfassung ein
Ende zu machen und in möglichst schonender Weise die beste-
henden Verhältnisse der Regierung und Verwaltung in die For-
men der Monarchie zu fügen. Vor allen Dingen wurden alle wich-
tigeren Angelegenheiten ohne Zuziehung des Senats und nament-
lich das Militärwesen und die äuſseren Verhältnisse, ohne ihn zu
fragen, bald durch Volksbeschluſs, bald durch das bloſse Gutfin-
den der Herrscher erledigt. Die in Luca vereinbarten Bestim-
mungen hinsichtlich der Militärcommandos von Gallien, Spanien
und Syrien wurden durch den Volkstribun Gaius Trebonius un-
mittelbar an die Bürgerschaft gebracht, überhaupt über die Be-
setzung der wichtigeren Statthalterschaften häufig durch Volks-
schluſs entschieden. Daſs für die Machthaber es der Einwilli-
gung der Behörden nicht bedürfe, um ihre Truppen beliebig zu
vermehren, hatte Caesar bereits hinreichend dargethan; ebenso-
wenig trugen sie Bedenken ihre Truppen sich unter einander zu
borgen, wie zum Beispiel Caesar von Pompeius für den galli-
schen, Crassus von Caesar für den parthischen Krieg solche col-
legialische Unterstützung empfing. Wenn sonst die Einrichtung
neu erworbener Gebiete durch eine Senatscommission beschafft
worden war, so organisirte Caesar seine ausgedehnten gallischen
Eroberungen durchaus nach eigenem Ermessen. Das den höchst-
commandirenden Feldherrn instructionsmäſsig zustehende Recht
an einzelne Unterthanen das römische Bürgerrecht zu verleihen
ward von Caesar benutzt um bei den massenweisen Aushebun-
gen, die er im cisalpinischen Gallien anordnete, sämmtlichen la-
tinischen Rekruten das Bürgerrecht zu verleihen*, ja sogar um

* Ueberliefert ist dies nicht. Allein da von latinischen Cohorten in
Caesars gallischer Armee keine Spur sich findet, vielmehr nach seiner aus-
drücklichen Angabe alle im cisalpinischen Gallien ausgehobenen Rekruten
in Legionen, d. h. in Bürgermilitär formirt wurden, so ist man zu dieser
Annahme gezwungen; denn daſs Caesar aus den latinischen Gemeinden, das
heiſst aus dem bei weitem gröſseren Theil seiner Provinz überhaupt keine
Soldaten ausgehoben hat, ist im höchsten Grade unwahrscheinlich und läſst
sich auch daraus, daſs die nach Ausbruch des Bürgerkrieges von Caesar
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[296/0306] FÜNFTES BUCH. KAPITEL VIII. nach dem Osten ab; allein Pompeius lieſs in den beiden spani- schen Provinzen die bisher dort stehende Besatzung unter seinen Unterbefehlshabern, während er die Offiziere und Soldaten der neu ausgehobenen Legionen auf Urlaub entlieſs und selbst mit ihnen in Italien blieb. — Man gehorchte also, weil man gehor- chen muſste; der stille Widerstand der öffentlichen Meinung frei- lich steigerte sich, je deutlicher und allgemeiner es begriffen ward, daſs die Machthaber bemüht waren mit der alten Verfassung ein Ende zu machen und in möglichst schonender Weise die beste- henden Verhältnisse der Regierung und Verwaltung in die For- men der Monarchie zu fügen. Vor allen Dingen wurden alle wich- tigeren Angelegenheiten ohne Zuziehung des Senats und nament- lich das Militärwesen und die äuſseren Verhältnisse, ohne ihn zu fragen, bald durch Volksbeschluſs, bald durch das bloſse Gutfin- den der Herrscher erledigt. Die in Luca vereinbarten Bestim- mungen hinsichtlich der Militärcommandos von Gallien, Spanien und Syrien wurden durch den Volkstribun Gaius Trebonius un- mittelbar an die Bürgerschaft gebracht, überhaupt über die Be- setzung der wichtigeren Statthalterschaften häufig durch Volks- schluſs entschieden. Daſs für die Machthaber es der Einwilli- gung der Behörden nicht bedürfe, um ihre Truppen beliebig zu vermehren, hatte Caesar bereits hinreichend dargethan; ebenso- wenig trugen sie Bedenken ihre Truppen sich unter einander zu borgen, wie zum Beispiel Caesar von Pompeius für den galli- schen, Crassus von Caesar für den parthischen Krieg solche col- legialische Unterstützung empfing. Wenn sonst die Einrichtung neu erworbener Gebiete durch eine Senatscommission beschafft worden war, so organisirte Caesar seine ausgedehnten gallischen Eroberungen durchaus nach eigenem Ermessen. Das den höchst- commandirenden Feldherrn instructionsmäſsig zustehende Recht an einzelne Unterthanen das römische Bürgerrecht zu verleihen ward von Caesar benutzt um bei den massenweisen Aushebun- gen, die er im cisalpinischen Gallien anordnete, sämmtlichen la- tinischen Rekruten das Bürgerrecht zu verleihen *, ja sogar um * Ueberliefert ist dies nicht. Allein da von latinischen Cohorten in Caesars gallischer Armee keine Spur sich findet, vielmehr nach seiner aus- drücklichen Angabe alle im cisalpinischen Gallien ausgehobenen Rekruten in Legionen, d. h. in Bürgermilitär formirt wurden, so ist man zu dieser Annahme gezwungen; denn daſs Caesar aus den latinischen Gemeinden, das heiſst aus dem bei weitem gröſseren Theil seiner Provinz überhaupt keine Soldaten ausgehoben hat, ist im höchsten Grade unwahrscheinlich und läſst sich auch daraus, daſs die nach Ausbruch des Bürgerkrieges von Caesar

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/306>, abgerufen am 28.11.2024.