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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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POMPEIUS UND CAESARS GESAMMTHERRSCHAFT.
förmliche Bürgercolonien, namentlich Novum-Comum (Como)
mit fünftausend Colonisten, zu gründen, ohne irgend Jemand
desswegen zu fragen. Piso führte den thrakischen, Gabinius den
ägyptischen, Crassus den parthischen Krieg, ohne den Senat zu
fragen, ja ohne auch nur, wie es herkömmlich war, an den Senat
zu berichten; in ähnlicher Weise wurden Triumphe und andere
Ehrenbezeugungen bewilligt und vollzogen, ohne dass der Se-
nat darum begrüsst ward. Offenbar liegt hierin nicht eine blosse
Vernachlässigung der Formen, die um so weniger erklärlich
wäre, als in den bei weitem meisten Fällen eine Opposition des
Senats durchaus nicht zu erwarten war; es war die wohl berech-
nete Absicht den Senat von dem militärischen und dem Gebiet
der höheren Politik zu verdrängen und seine Theilnahme an der
Verwaltung auf die finanziellen Fragen und die inneren Angele-
genheiten zu beschränken. Auch die Gegner erkannten dies wohl
und arbeiteten, freilich ohne Erfolg, darauf hin durch Senats-
beschlüsse und Hochverrathsurtheile wenigstens energische De-
monstrationen gegen dies Verfahren der Machthaber zu bewirken.
Den Senat schob man also in der Hauptsache bei Seite; der
minder gefährlichen Volksversammlungen bedienten die Macht-
haber auch ferner sich noch -- es war dafür gesorgt, dass die
Herren von der Strasse wenigstens den Machthabern keine
Schwierigkeit mehr in den Weg legten --: indess in vielen Fäl-
len entledigte man sich auch dieses leeren Schemens und ge-
brauchte unverholen autokratische Formen.

Der gedemüthigte Senat musste wohl oder übel in seine
Lage sich finden. Der Führer der gehorsamen Majorität blieb
Marcus Cicero. Er war brauchbar wegen seines Advocatentalents
für alles Gründe oder doch Worte zu finden; und es lag eine echt
caesarische Ironie darin den Mann, dessen die Aristokratie sich
vorzugsweise zu Demonstrationen gegen die Machthaber bedient
hatte, als Mundstück des Servilismus zu verwenden. Darum er-
theilte man ihm Verzeihung für sein kurzes Gelüsten wider den
Stachel zu löcken, jedoch nicht ohne sich vorher seiner Unter-
würfigkeit in jeder Weise versichert zu haben. Gewissermassen
um als Geissel für ihn zu haften hatte sein Bruder einen Offi-

ausgehobene Mannschaft tadelnd bezeichnet wird als ,grösstentheils aus
den transpadanischen Colonien gebürtig' (Caesar b. c. 3, 87), ganz und gar
nicht folgern. Es gehört vielleicht auch hieher, dass die Demokratie schon
früher die Transpadaner als Bürger hatte behandeln wollen (S. 152); auf
jeden Fall ist die Verleihung des Bürgerrechts an ganze Truppenkörper frü-
her und später sehr häufig vorgekommen.

POMPEIUS UND CAESARS GESAMMTHERRSCHAFT.
förmliche Bürgercolonien, namentlich Novum-Comum (Como)
mit fünftausend Colonisten, zu gründen, ohne irgend Jemand
deſswegen zu fragen. Piso führte den thrakischen, Gabinius den
ägyptischen, Crassus den parthischen Krieg, ohne den Senat zu
fragen, ja ohne auch nur, wie es herkömmlich war, an den Senat
zu berichten; in ähnlicher Weise wurden Triumphe und andere
Ehrenbezeugungen bewilligt und vollzogen, ohne daſs der Se-
nat darum begrüſst ward. Offenbar liegt hierin nicht eine bloſse
Vernachlässigung der Formen, die um so weniger erklärlich
wäre, als in den bei weitem meisten Fällen eine Opposition des
Senats durchaus nicht zu erwarten war; es war die wohl berech-
nete Absicht den Senat von dem militärischen und dem Gebiet
der höheren Politik zu verdrängen und seine Theilnahme an der
Verwaltung auf die finanziellen Fragen und die inneren Angele-
genheiten zu beschränken. Auch die Gegner erkannten dies wohl
und arbeiteten, freilich ohne Erfolg, darauf hin durch Senats-
beschlüsse und Hochverrathsurtheile wenigstens energische De-
monstrationen gegen dies Verfahren der Machthaber zu bewirken.
Den Senat schob man also in der Hauptsache bei Seite; der
minder gefährlichen Volksversammlungen bedienten die Macht-
haber auch ferner sich noch — es war dafür gesorgt, dass die
Herren von der Straſse wenigstens den Machthabern keine
Schwierigkeit mehr in den Weg legten —: indeſs in vielen Fäl-
len entledigte man sich auch dieses leeren Schemens und ge-
brauchte unverholen autokratische Formen.

Der gedemüthigte Senat muſste wohl oder übel in seine
Lage sich finden. Der Führer der gehorsamen Majorität blieb
Marcus Cicero. Er war brauchbar wegen seines Advocatentalents
für alles Gründe oder doch Worte zu finden; und es lag eine echt
caesarische Ironie darin den Mann, dessen die Aristokratie sich
vorzugsweise zu Demonstrationen gegen die Machthaber bedient
hatte, als Mundstück des Servilismus zu verwenden. Darum er-
theilte man ihm Verzeihung für sein kurzes Gelüsten wider den
Stachel zu löcken, jedoch nicht ohne sich vorher seiner Unter-
würfigkeit in jeder Weise versichert zu haben. Gewissermaſsen
um als Geiſsel für ihn zu haften hatte sein Bruder einen Offi-

ausgehobene Mannschaft tadelnd bezeichnet wird als ‚gröſstentheils aus
den transpadanischen Colonien gebürtig‘ (Caesar b. c. 3, 87), ganz und gar
nicht folgern. Es gehört vielleicht auch hieher, daſs die Demokratie schon
früher die Transpadaner als Bürger hatte behandeln wollen (S. 152); auf
jeden Fall ist die Verleihung des Bürgerrechts an ganze Truppenkörper frü-
her und später sehr häufig vorgekommen.
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[297/0307] POMPEIUS UND CAESARS GESAMMTHERRSCHAFT. förmliche Bürgercolonien, namentlich Novum-Comum (Como) mit fünftausend Colonisten, zu gründen, ohne irgend Jemand deſswegen zu fragen. Piso führte den thrakischen, Gabinius den ägyptischen, Crassus den parthischen Krieg, ohne den Senat zu fragen, ja ohne auch nur, wie es herkömmlich war, an den Senat zu berichten; in ähnlicher Weise wurden Triumphe und andere Ehrenbezeugungen bewilligt und vollzogen, ohne daſs der Se- nat darum begrüſst ward. Offenbar liegt hierin nicht eine bloſse Vernachlässigung der Formen, die um so weniger erklärlich wäre, als in den bei weitem meisten Fällen eine Opposition des Senats durchaus nicht zu erwarten war; es war die wohl berech- nete Absicht den Senat von dem militärischen und dem Gebiet der höheren Politik zu verdrängen und seine Theilnahme an der Verwaltung auf die finanziellen Fragen und die inneren Angele- genheiten zu beschränken. Auch die Gegner erkannten dies wohl und arbeiteten, freilich ohne Erfolg, darauf hin durch Senats- beschlüsse und Hochverrathsurtheile wenigstens energische De- monstrationen gegen dies Verfahren der Machthaber zu bewirken. Den Senat schob man also in der Hauptsache bei Seite; der minder gefährlichen Volksversammlungen bedienten die Macht- haber auch ferner sich noch — es war dafür gesorgt, dass die Herren von der Straſse wenigstens den Machthabern keine Schwierigkeit mehr in den Weg legten —: indeſs in vielen Fäl- len entledigte man sich auch dieses leeren Schemens und ge- brauchte unverholen autokratische Formen. Der gedemüthigte Senat muſste wohl oder übel in seine Lage sich finden. Der Führer der gehorsamen Majorität blieb Marcus Cicero. Er war brauchbar wegen seines Advocatentalents für alles Gründe oder doch Worte zu finden; und es lag eine echt caesarische Ironie darin den Mann, dessen die Aristokratie sich vorzugsweise zu Demonstrationen gegen die Machthaber bedient hatte, als Mundstück des Servilismus zu verwenden. Darum er- theilte man ihm Verzeihung für sein kurzes Gelüsten wider den Stachel zu löcken, jedoch nicht ohne sich vorher seiner Unter- würfigkeit in jeder Weise versichert zu haben. Gewissermaſsen um als Geiſsel für ihn zu haften hatte sein Bruder einen Offi- * * ausgehobene Mannschaft tadelnd bezeichnet wird als ‚gröſstentheils aus den transpadanischen Colonien gebürtig‘ (Caesar b. c. 3, 87), ganz und gar nicht folgern. Es gehört vielleicht auch hieher, daſs die Demokratie schon früher die Transpadaner als Bürger hatte behandeln wollen (S. 152); auf jeden Fall ist die Verleihung des Bürgerrechts an ganze Truppenkörper frü- her und später sehr häufig vorgekommen.

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/307>, abgerufen am 28.11.2024.