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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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DIE UNTERWERFUNG DES WESTENS.
schon früher das ansehnlichste Volk dieser Gegend, vergrösser-
ten durch Aufnahme der Nachbaren in ihren Verband sich so an-
sehnlich, dass die Zahl ihrer Ortschaften von zwanzig auf achtzig
stieg. Ueber die Stadt Promona (nicht weit vom Kerkafluss),
die sie den Liburniern entrissen hatten und wieder herauszuge-
ben sich weigerten, geriethen sie mit den Römern in Händel,
und schlugen den Landsturm, den Caesar gegen sie aufbot; was
zu ahnden der Ausbruch des Bürgerkrieges hinderte. Zum Theil
deswegen ward Dalmatien in demselben ein Heerd der Caesar
feindlichen Partei; die Einwohner leisteten in Verbindung mit
den Pompeianern und mit den Seeräubern den Feldherren Cae-
sars zu Lande und zu Wasser sehr energischen Widerstand. --
Makedonien endlich nebst Epirus und Hellas war so verödet und
heruntergekommen wie kaum ein anderer Theil des römischen
Reiches. Dyrrhachion, Thessalonike, Byzantion hatten noch eini-
gen Handel und Verkehr; Athen zog durch seinen Namen und
seine Philosophenschule die Reisenden und die Studenten an;
im Ganzen aber lag über Hellas einst volkreichen Städten und
menschenwimmelnden Häfen die Ruhe des Grabes. Aber wenn
auch die Griechen sich nicht regten, so setzten doch die Bewoh-
ner der schwer zugänglichen makedonischen Gebirge nach alter
Weise ihre Raubzüge und Fehden fort, wie denn zum Beispiel
um 697/8 Agraeer und Doloper die aetolischen Städte, im J. 700
die in den Drinthälern wohnenden Pirusten das südliche Illyrien
überrannten. Ebenso stand es mit den Anwohnern. Die Dar-
daner an der Nordgrenze wie die Thraker im Osten waren zwar
in den achtjährigen Kämpfen 676 bis 683 von den Römern ge-
demüthigt worden; der mächtigste unter den thrakischen Für-
sten, der Herr des alten Odrysenreichs Kotys ward seitdem den
römischen Clientelkönigen beigezählt. Allein nichts desto weni-
ger hatte das befriedete Land nach wie von Norden und
Osten her Einfälle zu leiden. Der Statthalter Gaius Antonius
ward sowohl von den Dardanern übel heimgeschickt als auch
von den in der heutigen Dobrudscha ansässigen Stämmen, welche
mit Hülfe der vom linken Donauufer herbeigezogenen gefürch-
teten Bastarner ihm bei Istropolis (Istere unweit Kustendsche)
eine bedeutende Niederlage beibrachten (692--693). Glück-
licher focht Gaius Octavius gegen Besser und Thraker (694).
Dagegen machte Marcus Piso (697--698) wiederum als Ober-
feldherr sehr schlechte Geschäfte, was auch kein Wunder war,
da er um Geld Freunden und Feinden gewährte was sie wünsch-
ten. Die thrakischen Dentheleten, (am Strymon) plünderten unter

18*

DIE UNTERWERFUNG DES WESTENS.
schon früher das ansehnlichste Volk dieser Gegend, vergröſser-
ten durch Aufnahme der Nachbaren in ihren Verband sich so an-
sehnlich, daſs die Zahl ihrer Ortschaften von zwanzig auf achtzig
stieg. Ueber die Stadt Promona (nicht weit vom Kerkafluſs),
die sie den Liburniern entrissen hatten und wieder herauszuge-
ben sich weigerten, geriethen sie mit den Römern in Händel,
und schlugen den Landsturm, den Caesar gegen sie aufbot; was
zu ahnden der Ausbruch des Bürgerkrieges hinderte. Zum Theil
deswegen ward Dalmatien in demselben ein Heerd der Caesar
feindlichen Partei; die Einwohner leisteten in Verbindung mit
den Pompeianern und mit den Seeräubern den Feldherren Cae-
sars zu Lande und zu Wasser sehr energischen Widerstand. —
Makedonien endlich nebst Epirus und Hellas war so verödet und
heruntergekommen wie kaum ein anderer Theil des römischen
Reiches. Dyrrhachion, Thessalonike, Byzantion hatten noch eini-
gen Handel und Verkehr; Athen zog durch seinen Namen und
seine Philosophenschule die Reisenden und die Studenten an;
im Ganzen aber lag über Hellas einst volkreichen Städten und
menschenwimmelnden Häfen die Ruhe des Grabes. Aber wenn
auch die Griechen sich nicht regten, so setzten doch die Bewoh-
ner der schwer zugänglichen makedonischen Gebirge nach alter
Weise ihre Raubzüge und Fehden fort, wie denn zum Beispiel
um 697/8 Agraeer und Doloper die aetolischen Städte, im J. 700
die in den Drinthälern wohnenden Pirusten das südliche Illyrien
überrannten. Ebenso stand es mit den Anwohnern. Die Dar-
daner an der Nordgrenze wie die Thraker im Osten waren zwar
in den achtjährigen Kämpfen 676 bis 683 von den Römern ge-
demüthigt worden; der mächtigste unter den thrakischen Für-
sten, der Herr des alten Odrysenreichs Kotys ward seitdem den
römischen Clientelkönigen beigezählt. Allein nichts desto weni-
ger hatte das befriedete Land nach wie von Norden und
Osten her Einfälle zu leiden. Der Statthalter Gaius Antonius
ward sowohl von den Dardanern übel heimgeschickt als auch
von den in der heutigen Dobrudscha ansässigen Stämmen, welche
mit Hülfe der vom linken Donauufer herbeigezogenen gefürch-
teten Bastarner ihm bei Istropolis (Istere unweit Kustendsche)
eine bedeutende Niederlage beibrachten (692—693). Glück-
licher focht Gaius Octavius gegen Besser und Thraker (694).
Dagegen machte Marcus Piso (697—698) wiederum als Ober-
feldherr sehr schlechte Geschäfte, was auch kein Wunder war,
da er um Geld Freunden und Feinden gewährte was sie wünsch-
ten. Die thrakischen Dentheleten, (am Strymon) plünderten unter

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[275/0285] DIE UNTERWERFUNG DES WESTENS. schon früher das ansehnlichste Volk dieser Gegend, vergröſser- ten durch Aufnahme der Nachbaren in ihren Verband sich so an- sehnlich, daſs die Zahl ihrer Ortschaften von zwanzig auf achtzig stieg. Ueber die Stadt Promona (nicht weit vom Kerkafluſs), die sie den Liburniern entrissen hatten und wieder herauszuge- ben sich weigerten, geriethen sie mit den Römern in Händel, und schlugen den Landsturm, den Caesar gegen sie aufbot; was zu ahnden der Ausbruch des Bürgerkrieges hinderte. Zum Theil deswegen ward Dalmatien in demselben ein Heerd der Caesar feindlichen Partei; die Einwohner leisteten in Verbindung mit den Pompeianern und mit den Seeräubern den Feldherren Cae- sars zu Lande und zu Wasser sehr energischen Widerstand. — Makedonien endlich nebst Epirus und Hellas war so verödet und heruntergekommen wie kaum ein anderer Theil des römischen Reiches. Dyrrhachion, Thessalonike, Byzantion hatten noch eini- gen Handel und Verkehr; Athen zog durch seinen Namen und seine Philosophenschule die Reisenden und die Studenten an; im Ganzen aber lag über Hellas einst volkreichen Städten und menschenwimmelnden Häfen die Ruhe des Grabes. Aber wenn auch die Griechen sich nicht regten, so setzten doch die Bewoh- ner der schwer zugänglichen makedonischen Gebirge nach alter Weise ihre Raubzüge und Fehden fort, wie denn zum Beispiel um 697/8 Agraeer und Doloper die aetolischen Städte, im J. 700 die in den Drinthälern wohnenden Pirusten das südliche Illyrien überrannten. Ebenso stand es mit den Anwohnern. Die Dar- daner an der Nordgrenze wie die Thraker im Osten waren zwar in den achtjährigen Kämpfen 676 bis 683 von den Römern ge- demüthigt worden; der mächtigste unter den thrakischen Für- sten, der Herr des alten Odrysenreichs Kotys ward seitdem den römischen Clientelkönigen beigezählt. Allein nichts desto weni- ger hatte das befriedete Land nach wie von Norden und Osten her Einfälle zu leiden. Der Statthalter Gaius Antonius ward sowohl von den Dardanern übel heimgeschickt als auch von den in der heutigen Dobrudscha ansässigen Stämmen, welche mit Hülfe der vom linken Donauufer herbeigezogenen gefürch- teten Bastarner ihm bei Istropolis (Istere unweit Kustendsche) eine bedeutende Niederlage beibrachten (692—693). Glück- licher focht Gaius Octavius gegen Besser und Thraker (694). Dagegen machte Marcus Piso (697—698) wiederum als Ober- feldherr sehr schlechte Geschäfte, was auch kein Wunder war, da er um Geld Freunden und Feinden gewährte was sie wünsch- ten. Die thrakischen Dentheleten, (am Strymon) plünderten unter 18*

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/285>, abgerufen am 04.12.2024.