Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.DIE UNTERWERFUNG DES WESTENS. sie hingebraust war, die römischen Waffen selten geruht. 664hatte Gaius Caecilius mit den Salyern um Aquae Sextiae, 671 Gaius Flaccus ebenfalls in dieser Provinz mit den Eingebornen gekämpft. Im sertorianischen Krieg ward ihr Statthalter Lucius Mallius genöthigt seinen Collegen jenseit der Pyrenäen zu Hülfe zu eilen; als er geschlagen von Ilerda (Lerida) zurückkam und auf dem Heimweg von den westlichen Nachbaren der römischen Provinz, den Aquitanern zum zweiten Mal besiegt ward (um 676; S. 18), scheint dies einen allgemeinen Aufstand der Provinzia- len zwischen den Pyrenäen und der Rhone, vielleicht selbst derer zwischen Rhone und Alpen hervorgerufen zu haben. Pompeius bahnte sich (677) mit dem Schwert einen Weg durch das usur- pirte Gallien nach Spanien (S. 24) und gab zur Strafe für die Empörung die Marken der Volker-Arekomiker und der Helvier (Dep. Gard und Ardeche) den Massalioten zu eigen; allein erst der Statthalter Marcus Fonteius (678--680) führte diese Be- schlüsse aus und stellte die Ruhe in der Provinz wieder her, indem er die Vocontier (Dep. Drome) niederwarf, Massalia vor den Aufständischen schützte und die römische Hauptstadt Narbo, die sie schon berannten, von ihnen befreite. Die Verzweiflung indess und die ökonomische Zerrüttung, welche die Mitleiden- schaft unter dem spanischen Krieg (S. 28) und überhaupt die amtlichen und nicht amtlichen Erpressungen der Römer über die gallischen Besitzungen brachten, liess dieselben nicht zur Ruhe kommen und namentlich der von Narbo am weitesten entfernte Canton der Allobrogen war in beständiger Gährung, von der die ,Friedensstiftung', die Gaius Piso dort 688 vornahm, so wie das Verhalten der allobrogischen Gesandtschaft in Rom bei Gelegen- heit des Anarchistencomplotts 691 (S. 169) Zeugniss ablegen und die bald darauf (693) zum Ausbruch kam in einer neuen verzweifelten Schilderhebung des Cantons unter Catugnatus. Der- selbe ward, nachdem er anfangs nicht unglücklich gefochten, bei Solonium in einem nicht unbedeutenden Treffen von dem Statt- halter Gaius Pomptinus überwunden. -- Trotz aller dieser Kämpfe wurden die Grenzen des römischen Gebiets nicht wesentlich vor- geschoben; Lugudunum Convenarum, wo Pompeius die Trüm- mer der sertorianischen Armee angesiedelt hatte (S. 32), To- losa, Vienna und Genava waren immer noch die äussersten römi- schen Ortschaften gegen Westen und Norden. Dabei aber war die Bedeutung dieser gallischen Besitzungen für das Mutterland beständig im Steigen. Das herrliche dem italischen verwandte Klima, die günstigen Bodenverhältnisse, das dem Handel so för- DIE UNTERWERFUNG DES WESTENS. sie hingebraust war, die römischen Waffen selten geruht. 664hatte Gaius Caecilius mit den Salyern um Aquae Sextiae, 671 Gaius Flaccus ebenfalls in dieser Provinz mit den Eingebornen gekämpft. Im sertorianischen Krieg ward ihr Statthalter Lucius Mallius genöthigt seinen Collegen jenseit der Pyrenäen zu Hülfe zu eilen; als er geschlagen von Ilerda (Lerida) zurückkam und auf dem Heimweg von den westlichen Nachbaren der römischen Provinz, den Aquitanern zum zweiten Mal besiegt ward (um 676; S. 18), scheint dies einen allgemeinen Aufstand der Provinzia- len zwischen den Pyrenäen und der Rhone, vielleicht selbst derer zwischen Rhone und Alpen hervorgerufen zu haben. Pompeius bahnte sich (677) mit dem Schwert einen Weg durch das usur- pirte Gallien nach Spanien (S. 24) und gab zur Strafe für die Empörung die Marken der Volker-Arekomiker und der Helvier (Dep. Gard und Ardeche) den Massalioten zu eigen; allein erst der Statthalter Marcus Fonteius (678—680) führte diese Be- schlüsse aus und stellte die Ruhe in der Provinz wieder her, indem er die Vocontier (Dep. Drôme) niederwarf, Massalia vor den Aufständischen schützte und die römische Hauptstadt Narbo, die sie schon berannten, von ihnen befreite. Die Verzweiflung indeſs und die ökonomische Zerrüttung, welche die Mitleiden- schaft unter dem spanischen Krieg (S. 28) und überhaupt die amtlichen und nicht amtlichen Erpressungen der Römer über die gallischen Besitzungen brachten, lieſs dieselben nicht zur Ruhe kommen und namentlich der von Narbo am weitesten entfernte Canton der Allobrogen war in beständiger Gährung, von der die ‚Friedensstiftung‘, die Gaius Piso dort 688 vornahm, so wie das Verhalten der allobrogischen Gesandtschaft in Rom bei Gelegen- heit des Anarchistencomplotts 691 (S. 169) Zeugniſs ablegen und die bald darauf (693) zum Ausbruch kam in einer neuen verzweifelten Schilderhebung des Cantons unter Catugnatus. Der- selbe ward, nachdem er anfangs nicht unglücklich gefochten, bei Solonium in einem nicht unbedeutenden Treffen von dem Statt- halter Gaius Pomptinus überwunden. — Trotz aller dieser Kämpfe wurden die Grenzen des römischen Gebiets nicht wesentlich vor- geschoben; Lugudunum Convenarum, wo Pompeius die Trüm- mer der sertorianischen Armee angesiedelt hatte (S. 32), To- losa, Vienna und Genava waren immer noch die äuſsersten römi- schen Ortschaften gegen Westen und Norden. Dabei aber war die Bedeutung dieser gallischen Besitzungen für das Mutterland beständig im Steigen. 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DIE UNTERWERFUNG DES WESTENS.
sie hingebraust war, die römischen Waffen selten geruht. 664
hatte Gaius Caecilius mit den Salyern um Aquae Sextiae, 671
Gaius Flaccus ebenfalls in dieser Provinz mit den Eingebornen
gekämpft. Im sertorianischen Krieg ward ihr Statthalter Lucius
Mallius genöthigt seinen Collegen jenseit der Pyrenäen zu Hülfe
zu eilen; als er geschlagen von Ilerda (Lerida) zurückkam und
auf dem Heimweg von den westlichen Nachbaren der römischen
Provinz, den Aquitanern zum zweiten Mal besiegt ward (um 676;
S. 18), scheint dies einen allgemeinen Aufstand der Provinzia-
len zwischen den Pyrenäen und der Rhone, vielleicht selbst derer
zwischen Rhone und Alpen hervorgerufen zu haben. Pompeius
bahnte sich (677) mit dem Schwert einen Weg durch das usur-
pirte Gallien nach Spanien (S. 24) und gab zur Strafe für die
Empörung die Marken der Volker-Arekomiker und der Helvier
(Dep. Gard und Ardeche) den Massalioten zu eigen; allein erst
der Statthalter Marcus Fonteius (678—680) führte diese Be-
schlüsse aus und stellte die Ruhe in der Provinz wieder her,
indem er die Vocontier (Dep. Drôme) niederwarf, Massalia vor
den Aufständischen schützte und die römische Hauptstadt Narbo,
die sie schon berannten, von ihnen befreite. Die Verzweiflung
indeſs und die ökonomische Zerrüttung, welche die Mitleiden-
schaft unter dem spanischen Krieg (S. 28) und überhaupt die
amtlichen und nicht amtlichen Erpressungen der Römer über die
gallischen Besitzungen brachten, lieſs dieselben nicht zur Ruhe
kommen und namentlich der von Narbo am weitesten entfernte
Canton der Allobrogen war in beständiger Gährung, von der die
‚Friedensstiftung‘, die Gaius Piso dort 688 vornahm, so wie das
Verhalten der allobrogischen Gesandtschaft in Rom bei Gelegen-
heit des Anarchistencomplotts 691 (S. 169) Zeugniſs ablegen
und die bald darauf (693) zum Ausbruch kam in einer neuen
verzweifelten Schilderhebung des Cantons unter Catugnatus. Der-
selbe ward, nachdem er anfangs nicht unglücklich gefochten, bei
Solonium in einem nicht unbedeutenden Treffen von dem Statt-
halter Gaius Pomptinus überwunden. — Trotz aller dieser Kämpfe
wurden die Grenzen des römischen Gebiets nicht wesentlich vor-
geschoben; Lugudunum Convenarum, wo Pompeius die Trüm-
mer der sertorianischen Armee angesiedelt hatte (S. 32), To-
losa, Vienna und Genava waren immer noch die äuſsersten römi-
schen Ortschaften gegen Westen und Norden. Dabei aber war
die Bedeutung dieser gallischen Besitzungen für das Mutterland
beständig im Steigen. Das herrliche dem italischen verwandte
Klima, die günstigen Bodenverhältnisse, das dem Handel so för-
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