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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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POMPEIUS UND DER OSTEN.
statten sich die Zeit des Bruches und der Vergeltung selber wäh-
len zu dürfen. Als Verwalter Asiens erwarb Lucullus ein mehr
als fürstliches Vermögen und auch Pompeius empfing als Lohn
für seine Organisationen von dem König von Kappadokien, von
der reichen Stadt Antiochia und anderen Herren und Gemeinden
grosse Baarsummen und noch ansehnlichere Schuldverschreibun-
gen. Indess dergleichen Erpressungen waren fast eine gewohn-
heitsmässige Steuer geworden und beide Feldherren bewiesen doch
nicht gerade in wichtigeren Fragen sich käuflich, liessen auch wo
möglich sich von der Partei bezahlen, deren Interessen mit denen
Roms zusammenfielen. Wie die Zeiten einmal waren, hindert
dies nicht die Verwaltung beider Männer als eine relativ löbliche
und zunächst im Interesse Roms, demnächst in dem der Provin-
zialen geführte zu bezeichnen. Die Verwandlung der Clienten in
Unterthanen, die bessere Regulirung der Ostgrenze, die Be-
gründung eines einheitlichen und starken Regiments waren segens-
reich für die Herrscher wie für die Beherrschten. Der finanzielle
Gewinn, den Rom machte, war unermesslich; die neue Vermö-
genssteuer, die mit Ausnahme einzelner besonders befreiter Ge-
meinden all jene Fürsten, Priester und Städte nach Rom zu
zahlen hatten, steigerte die römischen Staatseinnahmen fast um
die Hälfte ihres bisherigen Betrags. Freilich litt Asien schwer.
Pompeius legte an Geld und Kleinodien einen Betrag von 14 Mill.
Thlrn. (200 Mill. Sest.) in die Staatskasse nieder und vertheilte
27 Mill. (16000 Talente) unter seine Offiziere und Soldaten;
wenn man hiezu die bedeutenden von Lucullus heimgebrachten
Summen, die nicht officiellen Erpressungen der römischen Ar-
mee und den Betrag der Kriegsschäden selbst rechnet, so ist die
finanzielle Erschöpfung des Landes begreiflich. Der neue Steuer-
druck war vielleicht an sich nicht schlimmer als unter den frü-
heren Regenten, aber lastete doch insofern weit schwerer auf dem
Lande, als die Abgaben fortan in das Ausland gingen und nur zum
kleineren Theil wieder in Asien verwandt wurden. Immer ist es
nicht zu leugnen, dass das asiatische Steuersystem in den alten
wie in den neu gewonnenen Provinzen basirt war auf systemati-
scher Ausbeutung der Landschaften zu Gunsten Roms; aber die
Verantwortung hiefür trifft weit weniger die Feldherren persön-
lich, als die Parteien daheim, auf die jene Rücksicht zu nehmen
hatten; Lucullus war sogar sehr ernstlich bemüht dem wuche-
rischen Treiben der römischen Capitalisten in Asien Schranken
zu setzen und sein Sturz ward wesentlich mit hiedurch herbei-
geführt. Wie sehr es beiden Männern Ernst damit war die her-

POMPEIUS UND DER OSTEN.
statten sich die Zeit des Bruches und der Vergeltung selber wäh-
len zu dürfen. Als Verwalter Asiens erwarb Lucullus ein mehr
als fürstliches Vermögen und auch Pompeius empfing als Lohn
für seine Organisationen von dem König von Kappadokien, von
der reichen Stadt Antiochia und anderen Herren und Gemeinden
groſse Baarsummen und noch ansehnlichere Schuldverschreibun-
gen. Indeſs dergleichen Erpressungen waren fast eine gewohn-
heitsmäſsige Steuer geworden und beide Feldherren bewiesen doch
nicht gerade in wichtigeren Fragen sich käuflich, lieſsen auch wo
möglich sich von der Partei bezahlen, deren Interessen mit denen
Roms zusammenfielen. Wie die Zeiten einmal waren, hindert
dies nicht die Verwaltung beider Männer als eine relativ löbliche
und zunächst im Interesse Roms, demnächst in dem der Provin-
zialen geführte zu bezeichnen. Die Verwandlung der Clienten in
Unterthanen, die bessere Regulirung der Ostgrenze, die Be-
gründung eines einheitlichen und starken Regiments waren segens-
reich für die Herrscher wie für die Beherrschten. Der finanzielle
Gewinn, den Rom machte, war unermeſslich; die neue Vermö-
genssteuer, die mit Ausnahme einzelner besonders befreiter Ge-
meinden all jene Fürsten, Priester und Städte nach Rom zu
zahlen hatten, steigerte die römischen Staatseinnahmen fast um
die Hälfte ihres bisherigen Betrags. Freilich litt Asien schwer.
Pompeius legte an Geld und Kleinodien einen Betrag von 14 Mill.
Thlrn. (200 Mill. Sest.) in die Staatskasse nieder und vertheilte
27 Mill. (16000 Talente) unter seine Offiziere und Soldaten;
wenn man hiezu die bedeutenden von Lucullus heimgebrachten
Summen, die nicht officiellen Erpressungen der römischen Ar-
mee und den Betrag der Kriegsschäden selbst rechnet, so ist die
finanzielle Erschöpfung des Landes begreiflich. Der neue Steuer-
druck war vielleicht an sich nicht schlimmer als unter den frü-
heren Regenten, aber lastete doch insofern weit schwerer auf dem
Lande, als die Abgaben fortan in das Ausland gingen und nur zum
kleineren Theil wieder in Asien verwandt wurden. Immer ist es
nicht zu leugnen, daſs das asiatische Steuersystem in den alten
wie in den neu gewonnenen Provinzen basirt war auf systemati-
scher Ausbeutung der Landschaften zu Gunsten Roms; aber die
Verantwortung hiefür trifft weit weniger die Feldherren persön-
lich, als die Parteien daheim, auf die jene Rücksicht zu nehmen
hatten; Lucullus war sogar sehr ernstlich bemüht dem wuche-
rischen Treiben der römischen Capitalisten in Asien Schranken
zu setzen und sein Sturz ward wesentlich mit hiedurch herbei-
geführt. Wie sehr es beiden Männern Ernst damit war die her-

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[143/0153] POMPEIUS UND DER OSTEN. statten sich die Zeit des Bruches und der Vergeltung selber wäh- len zu dürfen. Als Verwalter Asiens erwarb Lucullus ein mehr als fürstliches Vermögen und auch Pompeius empfing als Lohn für seine Organisationen von dem König von Kappadokien, von der reichen Stadt Antiochia und anderen Herren und Gemeinden groſse Baarsummen und noch ansehnlichere Schuldverschreibun- gen. Indeſs dergleichen Erpressungen waren fast eine gewohn- heitsmäſsige Steuer geworden und beide Feldherren bewiesen doch nicht gerade in wichtigeren Fragen sich käuflich, lieſsen auch wo möglich sich von der Partei bezahlen, deren Interessen mit denen Roms zusammenfielen. Wie die Zeiten einmal waren, hindert dies nicht die Verwaltung beider Männer als eine relativ löbliche und zunächst im Interesse Roms, demnächst in dem der Provin- zialen geführte zu bezeichnen. Die Verwandlung der Clienten in Unterthanen, die bessere Regulirung der Ostgrenze, die Be- gründung eines einheitlichen und starken Regiments waren segens- reich für die Herrscher wie für die Beherrschten. Der finanzielle Gewinn, den Rom machte, war unermeſslich; die neue Vermö- genssteuer, die mit Ausnahme einzelner besonders befreiter Ge- meinden all jene Fürsten, Priester und Städte nach Rom zu zahlen hatten, steigerte die römischen Staatseinnahmen fast um die Hälfte ihres bisherigen Betrags. Freilich litt Asien schwer. Pompeius legte an Geld und Kleinodien einen Betrag von 14 Mill. Thlrn. (200 Mill. Sest.) in die Staatskasse nieder und vertheilte 27 Mill. (16000 Talente) unter seine Offiziere und Soldaten; wenn man hiezu die bedeutenden von Lucullus heimgebrachten Summen, die nicht officiellen Erpressungen der römischen Ar- mee und den Betrag der Kriegsschäden selbst rechnet, so ist die finanzielle Erschöpfung des Landes begreiflich. Der neue Steuer- druck war vielleicht an sich nicht schlimmer als unter den frü- heren Regenten, aber lastete doch insofern weit schwerer auf dem Lande, als die Abgaben fortan in das Ausland gingen und nur zum kleineren Theil wieder in Asien verwandt wurden. Immer ist es nicht zu leugnen, daſs das asiatische Steuersystem in den alten wie in den neu gewonnenen Provinzen basirt war auf systemati- scher Ausbeutung der Landschaften zu Gunsten Roms; aber die Verantwortung hiefür trifft weit weniger die Feldherren persön- lich, als die Parteien daheim, auf die jene Rücksicht zu nehmen hatten; Lucullus war sogar sehr ernstlich bemüht dem wuche- rischen Treiben der römischen Capitalisten in Asien Schranken zu setzen und sein Sturz ward wesentlich mit hiedurch herbei- geführt. Wie sehr es beiden Männern Ernst damit war die her-

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/153>, abgerufen am 24.11.2024.