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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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FÜNFTES BUCH. KAPITEL IV.
untergekommenen Landschaften wieder in die Höhe zu bringen,
beweist ihre Thätigkeit da, wo keine Rücksichten der Partei-
politik ihnen die Hände banden, namentlich ihre Fürsorge für
die kleinasiatischen Städte. Wenn auch noch Jahrhunderte spä-
ter manches in Ruinen liegende asiatische Dorf an die Zeiten
des grossen Krieges erinnerte, so hatte doch Sinope wohl Ur-
sache mit dem Jahr der Wiederherstellung durch Lucullus eine
neue Aera zu beginnen und fast alle ansehnlicheren Binnenstädte
des pontischen Reiches Pompeius als ihren Stifter zu verehren.
Die Einrichtung des römischen Asien durch Lucullus und Pom-
peius darf bei all ihren unleugbaren Mängeln eine im Ganzen
verständige und löbliche genannt werden; wie schwere Uebel-
stände aber auch ihr anhaften mochten, den vielgeplagten Asiaten
musste sie schon darum willkommen sein, weil sie zugleich kam
mit dem so lange und so schmerzlich entbehrten inneren und
äusseren Frieden.

Es blieb auch im Wesentlichen Friede im Orient, bis der von
Pompeius nur mit der ihm eigenen Zaghaftigkeit angedeutete Ge-
danke die Landschaften östlich vom Euphrat zum römischen
Reiche zu fügen von der neuen Triarchie der römischen Macht-
haber energisch, aber unglücklich wieder aufgenommen ward und
bald darauf der Bürgerkrieg wie alle anderen so auch die östlichen
Provinzen in seinen verhängnissvollen Strudel hineinzog. Dass in
der Zwischenzeit die Statthalter Kilikiens beständig mit den Berg-
völkern des Amanos, die von Syrien mit den Schwärmen der
Wüste zu fechten hatten und namentlich in diesem Kriege gegen
die Beduinen manche römische Truppe aufgerieben ward, ist
ohne weitere Bedeutung. Bemerkenswerther ist der eigensinnige
Widerstand, den die zähe jüdische Nation den Eroberern ent-
gegensetzte. Theils des abgesetzten Königs Aristobulos Sohn
Alexandros, theils Aristobulos selbst, dem es nach einiger Zeit
gelang aus der Gefangenschaft zu entkommen, erregten während
der Statthalterschaft des Aulus Gabinius (697--700) drei ver-
schiedene Aufstände gegen die neuen Machthaber, deren jedem
die von Rom eingesetzte Regierung des Hochpriesters Hyrkanos
ohnmächtig erlag. Es war nicht politische Ueberlegung, sondern
der unbesiegbare Widerwille der Orientalen gegen das unnatür-
liche Joch, der sie zwang gegen den Stachel zu löcken; wie denn
auch der letzte und gefährlichste dieser Aufstände, zu welchem die
durch die aegyptischen Krisen veranlasste Wegziehung der syri-
schen Occupationsarmee den nächsten Anstoss gab, begann mit
der Ermordung aller in Palaestina ansässigen Römer. Nicht ohne

FÜNFTES BUCH. KAPITEL IV.
untergekommenen Landschaften wieder in die Höhe zu bringen,
beweist ihre Thätigkeit da, wo keine Rücksichten der Partei-
politik ihnen die Hände banden, namentlich ihre Fürsorge für
die kleinasiatischen Städte. Wenn auch noch Jahrhunderte spä-
ter manches in Ruinen liegende asiatische Dorf an die Zeiten
des groſsen Krieges erinnerte, so hatte doch Sinope wohl Ur-
sache mit dem Jahr der Wiederherstellung durch Lucullus eine
neue Aera zu beginnen und fast alle ansehnlicheren Binnenstädte
des pontischen Reiches Pompeius als ihren Stifter zu verehren.
Die Einrichtung des römischen Asien durch Lucullus und Pom-
peius darf bei all ihren unleugbaren Mängeln eine im Ganzen
verständige und löbliche genannt werden; wie schwere Uebel-
stände aber auch ihr anhaften mochten, den vielgeplagten Asiaten
muſste sie schon darum willkommen sein, weil sie zugleich kam
mit dem so lange und so schmerzlich entbehrten inneren und
äuſseren Frieden.

Es blieb auch im Wesentlichen Friede im Orient, bis der von
Pompeius nur mit der ihm eigenen Zaghaftigkeit angedeutete Ge-
danke die Landschaften östlich vom Euphrat zum römischen
Reiche zu fügen von der neuen Triarchie der römischen Macht-
haber energisch, aber unglücklich wieder aufgenommen ward und
bald darauf der Bürgerkrieg wie alle anderen so auch die östlichen
Provinzen in seinen verhängniſsvollen Strudel hineinzog. Daſs in
der Zwischenzeit die Statthalter Kilikiens beständig mit den Berg-
völkern des Amanos, die von Syrien mit den Schwärmen der
Wüste zu fechten hatten und namentlich in diesem Kriege gegen
die Beduinen manche römische Truppe aufgerieben ward, ist
ohne weitere Bedeutung. Bemerkenswerther ist der eigensinnige
Widerstand, den die zähe jüdische Nation den Eroberern ent-
gegensetzte. Theils des abgesetzten Königs Aristobulos Sohn
Alexandros, theils Aristobulos selbst, dem es nach einiger Zeit
gelang aus der Gefangenschaft zu entkommen, erregten während
der Statthalterschaft des Aulus Gabinius (697—700) drei ver-
schiedene Aufstände gegen die neuen Machthaber, deren jedem
die von Rom eingesetzte Regierung des Hochpriesters Hyrkanos
ohnmächtig erlag. Es war nicht politische Ueberlegung, sondern
der unbesiegbare Widerwille der Orientalen gegen das unnatür-
liche Joch, der sie zwang gegen den Stachel zu löcken; wie denn
auch der letzte und gefährlichste dieser Aufstände, zu welchem die
durch die aegyptischen Krisen veranlaſste Wegziehung der syri-
schen Occupationsarmee den nächsten Anstoſs gab, begann mit
der Ermordung aller in Palaestina ansässigen Römer. Nicht ohne

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[144/0154] FÜNFTES BUCH. KAPITEL IV. untergekommenen Landschaften wieder in die Höhe zu bringen, beweist ihre Thätigkeit da, wo keine Rücksichten der Partei- politik ihnen die Hände banden, namentlich ihre Fürsorge für die kleinasiatischen Städte. Wenn auch noch Jahrhunderte spä- ter manches in Ruinen liegende asiatische Dorf an die Zeiten des groſsen Krieges erinnerte, so hatte doch Sinope wohl Ur- sache mit dem Jahr der Wiederherstellung durch Lucullus eine neue Aera zu beginnen und fast alle ansehnlicheren Binnenstädte des pontischen Reiches Pompeius als ihren Stifter zu verehren. Die Einrichtung des römischen Asien durch Lucullus und Pom- peius darf bei all ihren unleugbaren Mängeln eine im Ganzen verständige und löbliche genannt werden; wie schwere Uebel- stände aber auch ihr anhaften mochten, den vielgeplagten Asiaten muſste sie schon darum willkommen sein, weil sie zugleich kam mit dem so lange und so schmerzlich entbehrten inneren und äuſseren Frieden. Es blieb auch im Wesentlichen Friede im Orient, bis der von Pompeius nur mit der ihm eigenen Zaghaftigkeit angedeutete Ge- danke die Landschaften östlich vom Euphrat zum römischen Reiche zu fügen von der neuen Triarchie der römischen Macht- haber energisch, aber unglücklich wieder aufgenommen ward und bald darauf der Bürgerkrieg wie alle anderen so auch die östlichen Provinzen in seinen verhängniſsvollen Strudel hineinzog. Daſs in der Zwischenzeit die Statthalter Kilikiens beständig mit den Berg- völkern des Amanos, die von Syrien mit den Schwärmen der Wüste zu fechten hatten und namentlich in diesem Kriege gegen die Beduinen manche römische Truppe aufgerieben ward, ist ohne weitere Bedeutung. Bemerkenswerther ist der eigensinnige Widerstand, den die zähe jüdische Nation den Eroberern ent- gegensetzte. Theils des abgesetzten Königs Aristobulos Sohn Alexandros, theils Aristobulos selbst, dem es nach einiger Zeit gelang aus der Gefangenschaft zu entkommen, erregten während der Statthalterschaft des Aulus Gabinius (697—700) drei ver- schiedene Aufstände gegen die neuen Machthaber, deren jedem die von Rom eingesetzte Regierung des Hochpriesters Hyrkanos ohnmächtig erlag. Es war nicht politische Ueberlegung, sondern der unbesiegbare Widerwille der Orientalen gegen das unnatür- liche Joch, der sie zwang gegen den Stachel zu löcken; wie denn auch der letzte und gefährlichste dieser Aufstände, zu welchem die durch die aegyptischen Krisen veranlaſste Wegziehung der syri- schen Occupationsarmee den nächsten Anstoſs gab, begann mit der Ermordung aller in Palaestina ansässigen Römer. Nicht ohne

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/154>, abgerufen am 25.11.2024.