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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856.

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FÜNFTES BUCH. KAPITEL IV.
wie namentlich der wohlgeordnete und zum Beispiel der Theil-
nahme an der wüsten Piratenwirthschaft stets ferngebliebene
Bund der dreiundzwanzig lykischen Städte; wogegen die zahl-
reichen vereinzelt stehenden Gemeinden, selbst wenn sie die
Selbstregierung als Recht in Anspruch nehmen durften, thatsäch-
lich von den römischen Statthaltern durchaus abhängig waren.
Die Römer verkannten es nicht, dass mit der Aufgabe den Helle-
nismus zu vertreten und im Osten Alexanders Marken zu schirmen
und zu erweitern, vor allem die Hebung des städtischen Wesens
ihnen zur Pflicht geworden war; denn wenn die Städte überall
die Träger der Gesittung sind, so fasste vor allem der Antago-
nismus der Orientalen und Occidentalen in seiner ganzen Schärfe
sich zusammen in dem Gegensatz der orientalischen militärisch-
despotischen Lehenshierarchie und des gewerb- und handeltrei-
benden städtischen Gemeinwesens der Hellenen und Italiker. Lu-
cullus und Pompeius, so wenig sie auch sonst auf die Nivellirung
der Zustände im Osten hinarbeiteten und so sehr auch der letz-
tere in Detailfragen die Anordnungen seines Vorgängers zu meistern
und zu ändern geneigt war, trafen doch vollständig zusammen in
dem Grundsatz das städtische Wesen in Kleinasien und Syrien
nach Kräften zu fördern. Kyzikos, an dessen kräftiger Gegenwehr
die erste Heftigkeit des letzten Krieges sich gebrochen hatte, em-
pfing von Lucullus eine beträchtliche Erweiterung seines Gebie-
tes. Das pontische Herakleia, wie energisch es auch den Römern
widerstanden hatte, erhielt dennoch sein Gebiet und seine Häfen
zurück und Cottas barbarisches Wüthen gegen die unglückliche
Stadt erfuhr im Senat den schärfsten Tadel. Lucullus hatte es
tief und aufrichtig beklagt, dass das Schicksal ihm das Glück ver-
sagt hatte Sinope und Amisos von der Verheerung durch die pon-
tische und die eigene Soldateska zu erretten; wenigstens that er
was er vermochte um sie wieder herzustellen, erweiterte ansehn-
lich ihre Gebiete, bevölkerte sie aufs Neue theils mit den alten
Bewohnern, die auf seine Einladung schaarenweise in die geliebte
Heimath zurückkehrten, theils mit neuen Ansiedlern hellenischer
Abstammung und sorgte für den Wiederaufbau der zerstörten
Gebäude. In gleichem Sinn und in noch grösserem Massstab ver-
fuhr Pompeius. Schon nach der Ueberwindung der Piraten hatte
er die Gefangenen, deren Zahl 20000 überstieg, statt nach dem
Beispiel seiner Vorgänger sie zu kreuzigen, angesiedelt theils in
den verödeten Städten des ebenen Kilikien, wie in Soloi, das seit-
dem den Namen der Pompeiusstadt (Pompeiupolis) führte, in
Mallos, Adana, Epiphaneia, theils in Dyme in Achaia, ja sogar in

FÜNFTES BUCH. KAPITEL IV.
wie namentlich der wohlgeordnete und zum Beispiel der Theil-
nahme an der wüsten Piratenwirthschaft stets ferngebliebene
Bund der dreiundzwanzig lykischen Städte; wogegen die zahl-
reichen vereinzelt stehenden Gemeinden, selbst wenn sie die
Selbstregierung als Recht in Anspruch nehmen durften, thatsäch-
lich von den römischen Statthaltern durchaus abhängig waren.
Die Römer verkannten es nicht, daſs mit der Aufgabe den Helle-
nismus zu vertreten und im Osten Alexanders Marken zu schirmen
und zu erweitern, vor allem die Hebung des städtischen Wesens
ihnen zur Pflicht geworden war; denn wenn die Städte überall
die Träger der Gesittung sind, so faſste vor allem der Antago-
nismus der Orientalen und Occidentalen in seiner ganzen Schärfe
sich zusammen in dem Gegensatz der orientalischen militärisch-
despotischen Lehenshierarchie und des gewerb- und handeltrei-
benden städtischen Gemeinwesens der Hellenen und Italiker. Lu-
cullus und Pompeius, so wenig sie auch sonst auf die Nivellirung
der Zustände im Osten hinarbeiteten und so sehr auch der letz-
tere in Detailfragen die Anordnungen seines Vorgängers zu meistern
und zu ändern geneigt war, trafen doch vollständig zusammen in
dem Grundsatz das städtische Wesen in Kleinasien und Syrien
nach Kräften zu fördern. Kyzikos, an dessen kräftiger Gegenwehr
die erste Heftigkeit des letzten Krieges sich gebrochen hatte, em-
pfing von Lucullus eine beträchtliche Erweiterung seines Gebie-
tes. Das pontische Herakleia, wie energisch es auch den Römern
widerstanden hatte, erhielt dennoch sein Gebiet und seine Häfen
zurück und Cottas barbarisches Wüthen gegen die unglückliche
Stadt erfuhr im Senat den schärfsten Tadel. Lucullus hatte es
tief und aufrichtig beklagt, daſs das Schicksal ihm das Glück ver-
sagt hatte Sinope und Amisos von der Verheerung durch die pon-
tische und die eigene Soldateska zu erretten; wenigstens that er
was er vermochte um sie wieder herzustellen, erweiterte ansehn-
lich ihre Gebiete, bevölkerte sie aufs Neue theils mit den alten
Bewohnern, die auf seine Einladung schaarenweise in die geliebte
Heimath zurückkehrten, theils mit neuen Ansiedlern hellenischer
Abstammung und sorgte für den Wiederaufbau der zerstörten
Gebäude. In gleichem Sinn und in noch gröſserem Maſsstab ver-
fuhr Pompeius. Schon nach der Ueberwindung der Piraten hatte
er die Gefangenen, deren Zahl 20000 überstieg, statt nach dem
Beispiel seiner Vorgänger sie zu kreuzigen, angesiedelt theils in
den verödeten Städten des ebenen Kilikien, wie in Soloi, das seit-
dem den Namen der Pompeiusstadt (Pompeiupolis) führte, in
Mallos, Adana, Epiphaneia, theils in Dyme in Achaia, ja sogar in

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[138/0148] FÜNFTES BUCH. KAPITEL IV. wie namentlich der wohlgeordnete und zum Beispiel der Theil- nahme an der wüsten Piratenwirthschaft stets ferngebliebene Bund der dreiundzwanzig lykischen Städte; wogegen die zahl- reichen vereinzelt stehenden Gemeinden, selbst wenn sie die Selbstregierung als Recht in Anspruch nehmen durften, thatsäch- lich von den römischen Statthaltern durchaus abhängig waren. Die Römer verkannten es nicht, daſs mit der Aufgabe den Helle- nismus zu vertreten und im Osten Alexanders Marken zu schirmen und zu erweitern, vor allem die Hebung des städtischen Wesens ihnen zur Pflicht geworden war; denn wenn die Städte überall die Träger der Gesittung sind, so faſste vor allem der Antago- nismus der Orientalen und Occidentalen in seiner ganzen Schärfe sich zusammen in dem Gegensatz der orientalischen militärisch- despotischen Lehenshierarchie und des gewerb- und handeltrei- benden städtischen Gemeinwesens der Hellenen und Italiker. Lu- cullus und Pompeius, so wenig sie auch sonst auf die Nivellirung der Zustände im Osten hinarbeiteten und so sehr auch der letz- tere in Detailfragen die Anordnungen seines Vorgängers zu meistern und zu ändern geneigt war, trafen doch vollständig zusammen in dem Grundsatz das städtische Wesen in Kleinasien und Syrien nach Kräften zu fördern. Kyzikos, an dessen kräftiger Gegenwehr die erste Heftigkeit des letzten Krieges sich gebrochen hatte, em- pfing von Lucullus eine beträchtliche Erweiterung seines Gebie- tes. Das pontische Herakleia, wie energisch es auch den Römern widerstanden hatte, erhielt dennoch sein Gebiet und seine Häfen zurück und Cottas barbarisches Wüthen gegen die unglückliche Stadt erfuhr im Senat den schärfsten Tadel. Lucullus hatte es tief und aufrichtig beklagt, daſs das Schicksal ihm das Glück ver- sagt hatte Sinope und Amisos von der Verheerung durch die pon- tische und die eigene Soldateska zu erretten; wenigstens that er was er vermochte um sie wieder herzustellen, erweiterte ansehn- lich ihre Gebiete, bevölkerte sie aufs Neue theils mit den alten Bewohnern, die auf seine Einladung schaarenweise in die geliebte Heimath zurückkehrten, theils mit neuen Ansiedlern hellenischer Abstammung und sorgte für den Wiederaufbau der zerstörten Gebäude. In gleichem Sinn und in noch gröſserem Maſsstab ver- fuhr Pompeius. Schon nach der Ueberwindung der Piraten hatte er die Gefangenen, deren Zahl 20000 überstieg, statt nach dem Beispiel seiner Vorgänger sie zu kreuzigen, angesiedelt theils in den verödeten Städten des ebenen Kilikien, wie in Soloi, das seit- dem den Namen der Pompeiusstadt (Pompeiupolis) führte, in Mallos, Adana, Epiphaneia, theils in Dyme in Achaia, ja sogar in

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 3: Von Sullas Tode bis zur Schlacht von Thapsus. Leipzig, 1856, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische03_1856/148>, abgerufen am 24.11.2024.