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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855.

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VIERTES BUCH. KAPITEL IX.
griff, ward schon erzählt. Lucius Valerius Flaccus der jüngere *,
der nach Marius Tode das Consulat und das Commando im
Osten übernahm (668), war weder Soldat noch Offizier, sein
Begleiter Gaius Fimbria nicht unfähig aber unbotmässig, das
ihnen mitgegebene Heer schon der Zahl nach dreifach schwächer
als die sullanische Armee. Man vernahm nach einander, dass
Flaccus, um nicht von Sulla erdrückt zu werden, an ihm vor-
über nach Asien abgezogen sei (668), dass Fimbria ihn beseitigt
und sich selbst an seine Stelle gesetzt habe (Anf. 669), dass
Sulla Frieden geschlossen habe mit Mithradates (669/70). Bis
dahin hatte Sulla den in der Hauptstadt regierenden Behörden
gegenüber geschwiegen; jetzt lief ein Schreiben von ihm an den
Senat ein, worin er die Beendigung des Krieges berichtete und
seine Rückkehr nach Italien ankündigte; die den Neubürgern er-
theilten Rechte werde er achten; Strafe und Rache seien zwar
unvermeidlich, allein sie würden nicht die Massen, sondern die
Urheber treffen. Diese Ankündigung schreckte Cinna aus seiner
Unthätigkeit auf; wenn bisher nichts von ihm gegen Sulla ge-
schehen war als dass einige Mannschaft unter die Waffen ge-
stellt und eine Anzahl Schiffe im adriatischen Meere versam-
melt worden war, so beschloss er jetzt schleunigst nach Grie-
chenland überzugehen. Aber andrerseits weckte Sullas Schrei-
ben, das den Umständen nach äusserst gemässigt zu nennen war,
die Hoffnung der Mittelpartei auf eine friedliche Ausgleichung.
Die Majorität des Senats beschloss nach dem Vorschlag des älteren
Flaccus einen Sühneversuch zu veranstalten und zu dem Ende
Sulla aufzufordern sich unter Zusicherung sicheren Geleits in
Italien einzufinden, die Consuln Cinna und Carbo aber zu veran-
lassen bis zum Eingang von Sullas Antwort die Rüstungen ein-

* Lucius Valerius Flaccus, den die Fasten als Consul 668 nennen, ist
nicht der Consul des J. 654, sondern ein gleichnamiger jüngerer Mann,
vielleicht des Vorigen Sohn. Einmal wird nirgends, wo der eine oder der
andere genannt wird, eines doppelten Consulats gedacht, auch nicht wo es
nothwendig war wie Cic. pro Flacc. 32, 77. Zweitens kann der Lucius Va-
lerius Flaccus, der im J. 669 als Vormann des Senats, also als Consular in
Rom thätig war (Liv. 83), nicht der Consul des J. 668 sein, da dieser damals
bereits nach Asien abgegangen und wahrscheinlich schon todt war. Der
Consul 654, Censor 657 ist derjenige, den Cicero (ad Att. 8, 3, 6) unter
den 667 in Rom anwesenden Consularen nennt; er war 669 unzweifelhaft
der älteste lebende Altcensor und also geeignet zum Vormann des Senats;
er ist auch der Zwischenkönig und der Reiterführer von 672. Dagegen ist
der Consul 668, der in Nikomedeia umkam (S. 285), der Vater des von Ci-
cero vertheidigten Lucius Flaccus (pro Flacc. 25, 61 vgl. 23, 55. 32, 77).

VIERTES BUCH. KAPITEL IX.
griff, ward schon erzählt. Lucius Valerius Flaccus der jüngere *,
der nach Marius Tode das Consulat und das Commando im
Osten übernahm (668), war weder Soldat noch Offizier, sein
Begleiter Gaius Fimbria nicht unfähig aber unbotmäſsig, das
ihnen mitgegebene Heer schon der Zahl nach dreifach schwächer
als die sullanische Armee. Man vernahm nach einander, daſs
Flaccus, um nicht von Sulla erdrückt zu werden, an ihm vor-
über nach Asien abgezogen sei (668), daſs Fimbria ihn beseitigt
und sich selbst an seine Stelle gesetzt habe (Anf. 669), daſs
Sulla Frieden geschlossen habe mit Mithradates (669/70). Bis
dahin hatte Sulla den in der Hauptstadt regierenden Behörden
gegenüber geschwiegen; jetzt lief ein Schreiben von ihm an den
Senat ein, worin er die Beendigung des Krieges berichtete und
seine Rückkehr nach Italien ankündigte; die den Neubürgern er-
theilten Rechte werde er achten; Strafe und Rache seien zwar
unvermeidlich, allein sie würden nicht die Massen, sondern die
Urheber treffen. Diese Ankündigung schreckte Cinna aus seiner
Unthätigkeit auf; wenn bisher nichts von ihm gegen Sulla ge-
schehen war als daſs einige Mannschaft unter die Waffen ge-
stellt und eine Anzahl Schiffe im adriatischen Meere versam-
melt worden war, so beschloſs er jetzt schleunigst nach Grie-
chenland überzugehen. Aber andrerseits weckte Sullas Schrei-
ben, das den Umständen nach äuſserst gemäſsigt zu nennen war,
die Hoffnung der Mittelpartei auf eine friedliche Ausgleichung.
Die Majorität des Senats beschloſs nach dem Vorschlag des älteren
Flaccus einen Sühneversuch zu veranstalten und zu dem Ende
Sulla aufzufordern sich unter Zusicherung sicheren Geleits in
Italien einzufinden, die Consuln Cinna und Carbo aber zu veran-
lassen bis zum Eingang von Sullas Antwort die Rüstungen ein-

* Lucius Valerius Flaccus, den die Fasten als Consul 668 nennen, ist
nicht der Consul des J. 654, sondern ein gleichnamiger jüngerer Mann,
vielleicht des Vorigen Sohn. Einmal wird nirgends, wo der eine oder der
andere genannt wird, eines doppelten Consulats gedacht, auch nicht wo es
nothwendig war wie Cic. pro Flacc. 32, 77. Zweitens kann der Lucius Va-
lerius Flaccus, der im J. 669 als Vormann des Senats, also als Consular in
Rom thätig war (Liv. 83), nicht der Consul des J. 668 sein, da dieser damals
bereits nach Asien abgegangen und wahrscheinlich schon todt war. Der
Consul 654, Censor 657 ist derjenige, den Cicero (ad Att. 8, 3, 6) unter
den 667 in Rom anwesenden Consularen nennt; er war 669 unzweifelhaft
der älteste lebende Altcensor und also geeignet zum Vormann des Senats;
er ist auch der Zwischenkönig und der Reiterführer von 672. Dagegen ist
der Consul 668, der in Nikomedeia umkam (S. 285), der Vater des von Ci-
cero vertheidigten Lucius Flaccus (pro Flacc. 25, 61 vgl. 23, 55. 32, 77).
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[304/0314] VIERTES BUCH. KAPITEL IX. griff, ward schon erzählt. Lucius Valerius Flaccus der jüngere *, der nach Marius Tode das Consulat und das Commando im Osten übernahm (668), war weder Soldat noch Offizier, sein Begleiter Gaius Fimbria nicht unfähig aber unbotmäſsig, das ihnen mitgegebene Heer schon der Zahl nach dreifach schwächer als die sullanische Armee. Man vernahm nach einander, daſs Flaccus, um nicht von Sulla erdrückt zu werden, an ihm vor- über nach Asien abgezogen sei (668), daſs Fimbria ihn beseitigt und sich selbst an seine Stelle gesetzt habe (Anf. 669), daſs Sulla Frieden geschlossen habe mit Mithradates (669/70). Bis dahin hatte Sulla den in der Hauptstadt regierenden Behörden gegenüber geschwiegen; jetzt lief ein Schreiben von ihm an den Senat ein, worin er die Beendigung des Krieges berichtete und seine Rückkehr nach Italien ankündigte; die den Neubürgern er- theilten Rechte werde er achten; Strafe und Rache seien zwar unvermeidlich, allein sie würden nicht die Massen, sondern die Urheber treffen. Diese Ankündigung schreckte Cinna aus seiner Unthätigkeit auf; wenn bisher nichts von ihm gegen Sulla ge- schehen war als daſs einige Mannschaft unter die Waffen ge- stellt und eine Anzahl Schiffe im adriatischen Meere versam- melt worden war, so beschloſs er jetzt schleunigst nach Grie- chenland überzugehen. Aber andrerseits weckte Sullas Schrei- ben, das den Umständen nach äuſserst gemäſsigt zu nennen war, die Hoffnung der Mittelpartei auf eine friedliche Ausgleichung. Die Majorität des Senats beschloſs nach dem Vorschlag des älteren Flaccus einen Sühneversuch zu veranstalten und zu dem Ende Sulla aufzufordern sich unter Zusicherung sicheren Geleits in Italien einzufinden, die Consuln Cinna und Carbo aber zu veran- lassen bis zum Eingang von Sullas Antwort die Rüstungen ein- * Lucius Valerius Flaccus, den die Fasten als Consul 668 nennen, ist nicht der Consul des J. 654, sondern ein gleichnamiger jüngerer Mann, vielleicht des Vorigen Sohn. Einmal wird nirgends, wo der eine oder der andere genannt wird, eines doppelten Consulats gedacht, auch nicht wo es nothwendig war wie Cic. pro Flacc. 32, 77. Zweitens kann der Lucius Va- lerius Flaccus, der im J. 669 als Vormann des Senats, also als Consular in Rom thätig war (Liv. 83), nicht der Consul des J. 668 sein, da dieser damals bereits nach Asien abgegangen und wahrscheinlich schon todt war. Der Consul 654, Censor 657 ist derjenige, den Cicero (ad Att. 8, 3, 6) unter den 667 in Rom anwesenden Consularen nennt; er war 669 unzweifelhaft der älteste lebende Altcensor und also geeignet zum Vormann des Senats; er ist auch der Zwischenkönig und der Reiterführer von 672. Dagegen ist der Consul 668, der in Nikomedeia umkam (S. 285), der Vater des von Ci- cero vertheidigten Lucius Flaccus (pro Flacc. 25, 61 vgl. 23, 55. 32, 77).

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 2: Von der Schlacht bei Pydna bis auf Sullas Tod. Leipzig, 1855, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische02_1855/314>, abgerufen am 22.11.2024.