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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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VERFASSUNG UND INNERE VERHAELTNISSE.
wohl möglich; Cato musste sich begnügen in seinen Schriften
die Hausmittel anzupreisen, die ihm und seiner Frau ein
langes Leben und dauernde Gesundheit verschafft hätten, und
die fremden Heilkünstler mit einem Eifer herunterzumachen,
der einer bessern Sache würdig war. * Man erlangte wenig-
stens so viel, dass das Gewerbe gebrandmarkt ward und Jahr-
hunderte lang kein freier Römer sich zu demselben hergab.
Wie Cato über seine Collegen im Senat dachte, die die römi-
sche Geschichte griechisch schrieben, zeigt seine Frage an
den Aulus Postumius, der wegen seines schlechten Griechisch
in der Vorrede seines Geschichtwerks sich als Ausländer ent-
schuldigte, wer ihn denn gezwungen habe Dinge zu treiben,
die er nicht verstehe. Dieser freilich, der sogar griechische
Verse herausgab, gehörte zu den schlimmsten Graecomanen
und machte durch sein widerliches Hellenisiren allen verstän-
digen Leuten sich und die Sache zum Gespött und zum Ekel.
-- Aber die nationale Partei beschränkte sich nicht auf den
Tadel des gelehrten hellenisirenden Treibens; sehr ernstlich
war wenigstens Cato selbst bemüht an die Stelle dieser grie-
chischen eine römische Wissenschaft und eine römische Ge-
schichtschreibung zu setzen und von all den vielfachen Be-
strebungen des thätigen Mannes ist keine so achtbar und so
erfolgreich gewesen. Er stand hierin wie es scheint ziemlich
allein; ausser ihm war nur noch etwa thätig in gleicher Rich-
tung sein Zeitgenosse Sextus Aelius Paetus, zugenannt der
Schlaue (Catus), der nicht bloss der erste praktische Jurist
seiner Zeit war und auf diesem Wege zum Consulat (556)
und zur Censur (560) gelangte, sondern auch ein Buch über
das Landrecht schrieb, worin zu jedem Satz der zwölf Tafeln
die Erläuterung und das entsprechende Klagformular hinzu-
gefügt war, das sogenannte ,dreitheilige Buch' (tripertita).

* ,Ich kenne die Griechen von Athen her', schrieb er; ,ich bin bereit
zu beweisen, dass es das verdorbenste und widerspenstigste Gesindel ist --
glaube mir, mein Sohn Marcus, das ist so wahr wie ein Orakel. Wenn
das Volk uns seine Wissenschaft bringt, so wird es alles verderben, ganz
besonders aber, wenn es seine Aerzte hieher schickt. Sie haben sich ver-
schworen alle Barbaren umzubringen mittelst der Heilkunst, aber sie lassen
sich noch dafür bezahlen, damit man ihre Absicht nicht merke und die
Sache leicht gehe. Auch uns nennen sie Barbaren, ja sie geben uns sogar
den ehrenrührigen Namen Opiker'. -- Der gute Mann wusste nicht, wie
sehr unschuldig die Hellenen dazu gekommen waren die Italiker mit einem
Namen zu bezeichnen, der im Griechischen nichts Anstössiges, aber im La-
nischen eine schmutzige Bedeutung hatte.

VERFASSUNG UND INNERE VERHAELTNISSE.
wohl möglich; Cato muſste sich begnügen in seinen Schriften
die Hausmittel anzupreisen, die ihm und seiner Frau ein
langes Leben und dauernde Gesundheit verschafft hätten, und
die fremden Heilkünstler mit einem Eifer herunterzumachen,
der einer bessern Sache würdig war. * Man erlangte wenig-
stens so viel, daſs das Gewerbe gebrandmarkt ward und Jahr-
hunderte lang kein freier Römer sich zu demselben hergab.
Wie Cato über seine Collegen im Senat dachte, die die römi-
sche Geschichte griechisch schrieben, zeigt seine Frage an
den Aulus Postumius, der wegen seines schlechten Griechisch
in der Vorrede seines Geschichtwerks sich als Ausländer ent-
schuldigte, wer ihn denn gezwungen habe Dinge zu treiben,
die er nicht verstehe. Dieser freilich, der sogar griechische
Verse herausgab, gehörte zu den schlimmsten Graecomanen
und machte durch sein widerliches Hellenisiren allen verstän-
digen Leuten sich und die Sache zum Gespött und zum Ekel.
— Aber die nationale Partei beschränkte sich nicht auf den
Tadel des gelehrten hellenisirenden Treibens; sehr ernstlich
war wenigstens Cato selbst bemüht an die Stelle dieser grie-
chischen eine römische Wissenschaft und eine römische Ge-
schichtschreibung zu setzen und von all den vielfachen Be-
strebungen des thätigen Mannes ist keine so achtbar und so
erfolgreich gewesen. Er stand hierin wie es scheint ziemlich
allein; auſser ihm war nur noch etwa thätig in gleicher Rich-
tung sein Zeitgenosse Sextus Aelius Paetus, zugenannt der
Schlaue (Catus), der nicht bloſs der erste praktische Jurist
seiner Zeit war und auf diesem Wege zum Consulat (556)
und zur Censur (560) gelangte, sondern auch ein Buch über
das Landrecht schrieb, worin zu jedem Satz der zwölf Tafeln
die Erläuterung und das entsprechende Klagformular hinzu-
gefügt war, das sogenannte ‚dreitheilige Buch‘ (tripertita).

* ‚Ich kenne die Griechen von Athen her‘, schrieb er; ‚ich bin bereit
zu beweisen, daſs es das verdorbenste und widerspenstigste Gesindel ist —
glaube mir, mein Sohn Marcus, das ist so wahr wie ein Orakel. Wenn
das Volk uns seine Wissenschaft bringt, so wird es alles verderben, ganz
besonders aber, wenn es seine Aerzte hieher schickt. Sie haben sich ver-
schworen alle Barbaren umzubringen mittelst der Heilkunst, aber sie lassen
sich noch dafür bezahlen, damit man ihre Absicht nicht merke und die
Sache leicht gehe. Auch uns nennen sie Barbaren, ja sie geben uns sogar
den ehrenrührigen Namen Opiker‘. — Der gute Mann wuſste nicht, wie
sehr unschuldig die Hellenen dazu gekommen waren die Italiker mit einem
Namen zu bezeichnen, der im Griechischen nichts Anstöſsiges, aber im La-
nischen eine schmutzige Bedeutung hatte.
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[635/0649] VERFASSUNG UND INNERE VERHAELTNISSE. wohl möglich; Cato muſste sich begnügen in seinen Schriften die Hausmittel anzupreisen, die ihm und seiner Frau ein langes Leben und dauernde Gesundheit verschafft hätten, und die fremden Heilkünstler mit einem Eifer herunterzumachen, der einer bessern Sache würdig war. * Man erlangte wenig- stens so viel, daſs das Gewerbe gebrandmarkt ward und Jahr- hunderte lang kein freier Römer sich zu demselben hergab. Wie Cato über seine Collegen im Senat dachte, die die römi- sche Geschichte griechisch schrieben, zeigt seine Frage an den Aulus Postumius, der wegen seines schlechten Griechisch in der Vorrede seines Geschichtwerks sich als Ausländer ent- schuldigte, wer ihn denn gezwungen habe Dinge zu treiben, die er nicht verstehe. Dieser freilich, der sogar griechische Verse herausgab, gehörte zu den schlimmsten Graecomanen und machte durch sein widerliches Hellenisiren allen verstän- digen Leuten sich und die Sache zum Gespött und zum Ekel. — Aber die nationale Partei beschränkte sich nicht auf den Tadel des gelehrten hellenisirenden Treibens; sehr ernstlich war wenigstens Cato selbst bemüht an die Stelle dieser grie- chischen eine römische Wissenschaft und eine römische Ge- schichtschreibung zu setzen und von all den vielfachen Be- strebungen des thätigen Mannes ist keine so achtbar und so erfolgreich gewesen. Er stand hierin wie es scheint ziemlich allein; auſser ihm war nur noch etwa thätig in gleicher Rich- tung sein Zeitgenosse Sextus Aelius Paetus, zugenannt der Schlaue (Catus), der nicht bloſs der erste praktische Jurist seiner Zeit war und auf diesem Wege zum Consulat (556) und zur Censur (560) gelangte, sondern auch ein Buch über das Landrecht schrieb, worin zu jedem Satz der zwölf Tafeln die Erläuterung und das entsprechende Klagformular hinzu- gefügt war, das sogenannte ‚dreitheilige Buch‘ (tripertita). * ‚Ich kenne die Griechen von Athen her‘, schrieb er; ‚ich bin bereit zu beweisen, daſs es das verdorbenste und widerspenstigste Gesindel ist — glaube mir, mein Sohn Marcus, das ist so wahr wie ein Orakel. Wenn das Volk uns seine Wissenschaft bringt, so wird es alles verderben, ganz besonders aber, wenn es seine Aerzte hieher schickt. Sie haben sich ver- schworen alle Barbaren umzubringen mittelst der Heilkunst, aber sie lassen sich noch dafür bezahlen, damit man ihre Absicht nicht merke und die Sache leicht gehe. Auch uns nennen sie Barbaren, ja sie geben uns sogar den ehrenrührigen Namen Opiker‘. — Der gute Mann wuſste nicht, wie sehr unschuldig die Hellenen dazu gekommen waren die Italiker mit einem Namen zu bezeichnen, der im Griechischen nichts Anstöſsiges, aber im La- nischen eine schmutzige Bedeutung hatte.

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 635. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/649>, abgerufen am 22.11.2024.