Wie die Dinge einmal standen, war dieser Ausweg, so ge- waltsam er war, noch der erträglichste und die enragirten Griechen der Römerpartei sehr wenig zufrieden damit, dass man nicht häufiger köpfte. Lykiskos hatte es desshalb zweck- mässig gefunden in der Rathsversammlung vorläufig 500 der vornehmsten Männer der aetolischen Patriotenpartei nieder- stossen zu lassen; die römische Commission, die den Menschen brauchte, liess es hingehen und tadelte nur, dass man diesen hellenischen Landesgebrauch durch römische Soldaten habe vollstrecken lassen. Aber man darf glauben, dass sie zum Theil um solche Gräuel abzuschneiden jenes italische Internirungs- system aufstellte. Da überhaupt im eigentlichen Griechenland keine Macht auch nur von der Bedeutung wie Rhodos oder Pergamon bestand, so bedurfte es hier einer Demüthigung weiter nicht, sondern was man that, geschah nur um Gerech- tigkeit, freilich im römischen Sinne, zu üben und die ärger- lichsten und eclatantesten Ausbrüche des Parteihaders zu beseitigen.
Es waren hiemit die hellenistischen Staaten sämmtlich der römischen Clientel vollständig unterthan geworden und das ge- sammte Reich Alexanders des Grossen, gleich als wäre die Stadt sein Erbe geworden, an die römische Bürgergemeinde gefallen. Von allen Seiten strömten die Könige und die Gesandten nach Rom um Glück zu wünschen, und es zeigte sich, dass niemals kriechender geschmeichelt wird als wenn Könige antichambriren. König Massinissa, der auf ausdrücklichen Befehl davon abgestan- den war selber zu erscheinen, liess durch seinen Sohn erklären, dass er sich nur als den Nutzniesser, die Römer aber als die wahren Eigenthümer seines Reiches betrachte und dass er stets mit dem zufrieden sein werde, was sie ihm übrig lassen würden. Darin war wenigstens Wahrheit. König Prusias von Bithynien aber, der seine Neutralität abzubüssen hatte, trug die Palme in diesem Wettkampf davon; er fiel auf sein Antlitz nieder, als er in den Senat geführt ward, und huldigte ,den rettenden Göttern'. Da er so sehr verächtlich war, sagt Polybios, gab man ihm eine artige Antwort und schenkte ihm die Flotte des Perseus. -- Der Augenblick wenigstens für solche Huldigungen war wohlgewählt. Von der Schlacht von Pydna rechnet Polybios die Vollendung der römischen Welt- herrschaft. Sie ist in der That die letzte Schlacht, in der ein civilisirter Staat als ebenbürtige Grossmacht Rom auf der Wahlstatt gegenübergetreten ist; alle späteren Kämpfe sind
DER DRITTE MAKEDONISCHE KRIEG.
Wie die Dinge einmal standen, war dieser Ausweg, so ge- waltsam er war, noch der erträglichste und die enragirten Griechen der Römerpartei sehr wenig zufrieden damit, daſs man nicht häufiger köpfte. Lykiskos hatte es deſshalb zweck- mäſsig gefunden in der Rathsversammlung vorläufig 500 der vornehmsten Männer der aetolischen Patriotenpartei nieder- stoſsen zu lassen; die römische Commission, die den Menschen brauchte, lieſs es hingehen und tadelte nur, daſs man diesen hellenischen Landesgebrauch durch römische Soldaten habe vollstrecken lassen. Aber man darf glauben, daſs sie zum Theil um solche Gräuel abzuschneiden jenes italische Internirungs- system aufstellte. Da überhaupt im eigentlichen Griechenland keine Macht auch nur von der Bedeutung wie Rhodos oder Pergamon bestand, so bedurfte es hier einer Demüthigung weiter nicht, sondern was man that, geschah nur um Gerech- tigkeit, freilich im römischen Sinne, zu üben und die ärger- lichsten und eclatantesten Ausbrüche des Parteihaders zu beseitigen.
Es waren hiemit die hellenistischen Staaten sämmtlich der römischen Clientel vollständig unterthan geworden und das ge- sammte Reich Alexanders des Groſsen, gleich als wäre die Stadt sein Erbe geworden, an die römische Bürgergemeinde gefallen. Von allen Seiten strömten die Könige und die Gesandten nach Rom um Glück zu wünschen, und es zeigte sich, daſs niemals kriechender geschmeichelt wird als wenn Könige antichambriren. König Massinissa, der auf ausdrücklichen Befehl davon abgestan- den war selber zu erscheinen, lieſs durch seinen Sohn erklären, daſs er sich nur als den Nutznieſser, die Römer aber als die wahren Eigenthümer seines Reiches betrachte und daſs er stets mit dem zufrieden sein werde, was sie ihm übrig lassen würden. Darin war wenigstens Wahrheit. König Prusias von Bithynien aber, der seine Neutralität abzubüſsen hatte, trug die Palme in diesem Wettkampf davon; er fiel auf sein Antlitz nieder, als er in den Senat geführt ward, und huldigte ‚den rettenden Göttern‘. Da er so sehr verächtlich war, sagt Polybios, gab man ihm eine artige Antwort und schenkte ihm die Flotte des Perseus. — Der Augenblick wenigstens für solche Huldigungen war wohlgewählt. Von der Schlacht von Pydna rechnet Polybios die Vollendung der römischen Welt- herrschaft. Sie ist in der That die letzte Schlacht, in der ein civilisirter Staat als ebenbürtige Groſsmacht Rom auf der Wahlstatt gegenübergetreten ist; alle späteren Kämpfe sind
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DER DRITTE MAKEDONISCHE KRIEG.
Wie die Dinge einmal standen, war dieser Ausweg, so ge-
waltsam er war, noch der erträglichste und die enragirten
Griechen der Römerpartei sehr wenig zufrieden damit, daſs
man nicht häufiger köpfte. Lykiskos hatte es deſshalb zweck-
mäſsig gefunden in der Rathsversammlung vorläufig 500 der
vornehmsten Männer der aetolischen Patriotenpartei nieder-
stoſsen zu lassen; die römische Commission, die den Menschen
brauchte, lieſs es hingehen und tadelte nur, daſs man diesen
hellenischen Landesgebrauch durch römische Soldaten habe
vollstrecken lassen. Aber man darf glauben, daſs sie zum Theil
um solche Gräuel abzuschneiden jenes italische Internirungs-
system aufstellte. Da überhaupt im eigentlichen Griechenland
keine Macht auch nur von der Bedeutung wie Rhodos oder
Pergamon bestand, so bedurfte es hier einer Demüthigung
weiter nicht, sondern was man that, geschah nur um Gerech-
tigkeit, freilich im römischen Sinne, zu üben und die ärger-
lichsten und eclatantesten Ausbrüche des Parteihaders zu
beseitigen.
Es waren hiemit die hellenistischen Staaten sämmtlich der
römischen Clientel vollständig unterthan geworden und das ge-
sammte Reich Alexanders des Groſsen, gleich als wäre die Stadt
sein Erbe geworden, an die römische Bürgergemeinde gefallen.
Von allen Seiten strömten die Könige und die Gesandten nach
Rom um Glück zu wünschen, und es zeigte sich, daſs niemals
kriechender geschmeichelt wird als wenn Könige antichambriren.
König Massinissa, der auf ausdrücklichen Befehl davon abgestan-
den war selber zu erscheinen, lieſs durch seinen Sohn erklären,
daſs er sich nur als den Nutznieſser, die Römer aber als die
wahren Eigenthümer seines Reiches betrachte und daſs er
stets mit dem zufrieden sein werde, was sie ihm übrig lassen
würden. Darin war wenigstens Wahrheit. König Prusias
von Bithynien aber, der seine Neutralität abzubüſsen hatte,
trug die Palme in diesem Wettkampf davon; er fiel auf sein
Antlitz nieder, als er in den Senat geführt ward, und huldigte
‚den rettenden Göttern‘. Da er so sehr verächtlich war, sagt
Polybios, gab man ihm eine artige Antwort und schenkte ihm
die Flotte des Perseus. — Der Augenblick wenigstens für
solche Huldigungen war wohlgewählt. Von der Schlacht von
Pydna rechnet Polybios die Vollendung der römischen Welt-
herrschaft. Sie ist in der That die letzte Schlacht, in der
ein civilisirter Staat als ebenbürtige Groſsmacht Rom auf der
Wahlstatt gegenübergetreten ist; alle späteren Kämpfe sind
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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 597. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/611>, abgerufen am 25.11.2024.
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