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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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HANNIBALISCHER KRIEG.
stadt wurde geschleift und die Bewohner zerstreut in die um-
liegenden Dörfer. Der Brettier Loos war noch härter; sie
wurden in Masse gewissermassen zu Leibeigenen der Römer
gemacht und für ewige Zeiten vom Waffenrecht ausgeschlossen.
Aber auch die übrigen Verbündeten Hannibals büssten schwer,
so die griechischen Städte mit Ausnahme der wenigen, die
beständig zu Rom gehalten hatten, wie die campanischen
Griechen und die Rheginer. Nicht viel weniger litten die
Arpaner und eine Menge anderer apulischer, lucanischer,
samnitischer Gemeinden, die grossentheils Stücke ihrer Mark
verloren. Auf einem Theil der also gewonnenen Aecker wur-
den neue Colonien angelegt; so im Jahre 560 eine ganze
Reihe Bürgercolonien an den besten Häfen Unteritaliens, unter
denen Sipontum (bei Manfredonia) und Kroton zu nennen
sind, ferner Salernum, in dem ehemaligen Gebiet der süd-
lichen Picenter und diesen zur Zwingburg bestimmt, vor allem
aber Puteoli, das bald der Sitz der vornehmen Villeggiatur
und des asiatisch-ägyptischen Luxushandels ward. Ferner ward
Thurii latinische Festung unter dem neuen Namen Copia (560),
ebenso die reiche brettische Stadt Vibo unter dem Namen
Valentia (562). Auf anderen Grundstücken in Samnium und
Apulien wurden die Veteranen der siegreichen Armee von
Africa einzeln angesiedelt; der Rest blieb Gemeinland und die
Weideplätze der vornehmen Herren in Rom ersetzten die Hüt-
ten und das Pflugland. Es versteht sich, dass ausserdem in
allen Gemeinden der Halbinsel eine vollständige Epurirung aller
namhaften nicht gut römisch gesinnten Leute vorgenommen
ward, so weit eine solche durch politische Prozesse und Güter-
confiscationen durchzusetzen war. Ueberall in Italien fühlten
die nichtlatinischen Bundesgenossen, dass ihr Name eitel und
dass sie fortan Unterthanen Roms seien; die Besiegung Han-
nibals ward als eine zweite Unterjochung Italiens empfunden.
Wie die Dinge standen, zeigt die ängstliche Sorgfalt, womit
während des folgenden makedonischen Krieges die Bewachung
Italiens vom Senat betrieben ward und die Verstärkungen, die
den wichtigsten Colonien -- so Venusia 554, Narnia 555, Cosa
557 -- von Rom her zugesandt wurden. -- Im Staatsregiment
hatte die veränderte Stellung Roms jetzt allerdings unter den
leitenden Klassen eine Generation grossgezogen, die nicht mehr
wie im ersten punischen Krieg mit der Kirchthurmspolitik die
Welt regieren zu können meinte; die Stellung des Senats ist
nach innen wie nach aussen klar und fest. Allein zugleich

Röm. Gesch. I. 31

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stadt wurde geschleift und die Bewohner zerstreut in die um-
liegenden Dörfer. Der Brettier Loos war noch härter; sie
wurden in Masse gewissermaſsen zu Leibeigenen der Römer
gemacht und für ewige Zeiten vom Waffenrecht ausgeschlossen.
Aber auch die übrigen Verbündeten Hannibals büſsten schwer,
so die griechischen Städte mit Ausnahme der wenigen, die
beständig zu Rom gehalten hatten, wie die campanischen
Griechen und die Rheginer. Nicht viel weniger litten die
Arpaner und eine Menge anderer apulischer, lucanischer,
samnitischer Gemeinden, die groſsentheils Stücke ihrer Mark
verloren. Auf einem Theil der also gewonnenen Aecker wur-
den neue Colonien angelegt; so im Jahre 560 eine ganze
Reihe Bürgercolonien an den besten Häfen Unteritaliens, unter
denen Sipontum (bei Manfredonia) und Kroton zu nennen
sind, ferner Salernum, in dem ehemaligen Gebiet der süd-
lichen Picenter und diesen zur Zwingburg bestimmt, vor allem
aber Puteoli, das bald der Sitz der vornehmen Villeggiatur
und des asiatisch-ägyptischen Luxushandels ward. Ferner ward
Thurii latinische Festung unter dem neuen Namen Copia (560),
ebenso die reiche brettische Stadt Vibo unter dem Namen
Valentia (562). Auf anderen Grundstücken in Samnium und
Apulien wurden die Veteranen der siegreichen Armee von
Africa einzeln angesiedelt; der Rest blieb Gemeinland und die
Weideplätze der vornehmen Herren in Rom ersetzten die Hüt-
ten und das Pflugland. Es versteht sich, daſs auſserdem in
allen Gemeinden der Halbinsel eine vollständige Epurirung aller
namhaften nicht gut römisch gesinnten Leute vorgenommen
ward, so weit eine solche durch politische Prozesse und Güter-
confiscationen durchzusetzen war. Ueberall in Italien fühlten
die nichtlatinischen Bundesgenossen, daſs ihr Name eitel und
daſs sie fortan Unterthanen Roms seien; die Besiegung Han-
nibals ward als eine zweite Unterjochung Italiens empfunden.
Wie die Dinge standen, zeigt die ängstliche Sorgfalt, womit
während des folgenden makedonischen Krieges die Bewachung
Italiens vom Senat betrieben ward und die Verstärkungen, die
den wichtigsten Colonien — so Venusia 554, Narnia 555, Cosa
557 — von Rom her zugesandt wurden. — Im Staatsregiment
hatte die veränderte Stellung Roms jetzt allerdings unter den
leitenden Klassen eine Generation groſsgezogen, die nicht mehr
wie im ersten punischen Krieg mit der Kirchthurmspolitik die
Welt regieren zu können meinte; die Stellung des Senats ist
nach innen wie nach auſsen klar und fest. Allein zugleich

Röm. Gesch. I. 31
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[481/0495] HANNIBALISCHER KRIEG. stadt wurde geschleift und die Bewohner zerstreut in die um- liegenden Dörfer. Der Brettier Loos war noch härter; sie wurden in Masse gewissermaſsen zu Leibeigenen der Römer gemacht und für ewige Zeiten vom Waffenrecht ausgeschlossen. Aber auch die übrigen Verbündeten Hannibals büſsten schwer, so die griechischen Städte mit Ausnahme der wenigen, die beständig zu Rom gehalten hatten, wie die campanischen Griechen und die Rheginer. Nicht viel weniger litten die Arpaner und eine Menge anderer apulischer, lucanischer, samnitischer Gemeinden, die groſsentheils Stücke ihrer Mark verloren. Auf einem Theil der also gewonnenen Aecker wur- den neue Colonien angelegt; so im Jahre 560 eine ganze Reihe Bürgercolonien an den besten Häfen Unteritaliens, unter denen Sipontum (bei Manfredonia) und Kroton zu nennen sind, ferner Salernum, in dem ehemaligen Gebiet der süd- lichen Picenter und diesen zur Zwingburg bestimmt, vor allem aber Puteoli, das bald der Sitz der vornehmen Villeggiatur und des asiatisch-ägyptischen Luxushandels ward. Ferner ward Thurii latinische Festung unter dem neuen Namen Copia (560), ebenso die reiche brettische Stadt Vibo unter dem Namen Valentia (562). Auf anderen Grundstücken in Samnium und Apulien wurden die Veteranen der siegreichen Armee von Africa einzeln angesiedelt; der Rest blieb Gemeinland und die Weideplätze der vornehmen Herren in Rom ersetzten die Hüt- ten und das Pflugland. Es versteht sich, daſs auſserdem in allen Gemeinden der Halbinsel eine vollständige Epurirung aller namhaften nicht gut römisch gesinnten Leute vorgenommen ward, so weit eine solche durch politische Prozesse und Güter- confiscationen durchzusetzen war. Ueberall in Italien fühlten die nichtlatinischen Bundesgenossen, daſs ihr Name eitel und daſs sie fortan Unterthanen Roms seien; die Besiegung Han- nibals ward als eine zweite Unterjochung Italiens empfunden. Wie die Dinge standen, zeigt die ängstliche Sorgfalt, womit während des folgenden makedonischen Krieges die Bewachung Italiens vom Senat betrieben ward und die Verstärkungen, die den wichtigsten Colonien — so Venusia 554, Narnia 555, Cosa 557 — von Rom her zugesandt wurden. — Im Staatsregiment hatte die veränderte Stellung Roms jetzt allerdings unter den leitenden Klassen eine Generation groſsgezogen, die nicht mehr wie im ersten punischen Krieg mit der Kirchthurmspolitik die Welt regieren zu können meinte; die Stellung des Senats ist nach innen wie nach auſsen klar und fest. Allein zugleich Röm. Gesch. I. 31

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 481. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/495>, abgerufen am 23.11.2024.