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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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ACKERBAU, GEWERBE UND HANDEL.
und, wenn etwa im Ausland Missernte eingetreten war, sein
Getreide.

Aus diesem Stande des Waarenbedarfs und der dagegen
anzubietenden Aequivalente ist schon früher erklärt worden,
warum sich der italische Handel in Latium und in Etrurien
so verschiedenartig gestaltete. Alle hauptsächlichen Ausfuhr-
artikel mangelten den Latinern, so dass sie durchaus einen
Passivhandel führten; wogegen die tuskische Handelsbilanz in
Caere wie in Populonia, in Capua wie in Spina sich noth-
wendig günstiger stellen musste. Daher der schnell entwickelte
Wohlstand dieser Gegenden und ihre mächtige Handelsstel-
lung; während Latium vorwiegend eine ackerbauende Land-
schaft bleibt. Es wiederholt sich dies in allen einzelnen Be-
ziehungen: die ältesten nach griechischer Art, nur mit ungrie-
chischer Verschwendung gebauten und ausgestatteten Gräber
finden sich in Caere, während die latinische Landschaft kein
einziges Luxusgrab aus älterer Zeit aufweist und hier wie bei
den Sabellern ein einfacher Rasen die Leiche eines Jeden be-
deckte. Die ältesten Münzen, den grossgriechischen der Zeit
nach wenig nachstehend, gehören Etrurien, namentlich Popu-
lonia; Latium hat in der ganzen Königszeit mit Kupfer nach
dem Gewicht sich beholfen und selbst die fremden Münzen
nicht eingeführt, denn nur äusserst selten haben dergleichen,
wie zum Beispiel eine von Poseidonia, dort sich gefunden. In
Architektur, Plastik und Toreutik wirkten dieselben Anregungen
auf Etrurien und auf Latium, aber nur dort kommt ihnen
überall das Kapital entgegen und erzeugt ausgedehnten Betrieb
und gesteigerte Technik. Es waren wohl im Ganzen dieselben
Waaren, die man in Latium und Etrurien kaufte, verkaufte
und fabricirte; aber in der Intensität des Verkehrs stand
die südliche Landschaft weit zurück hinter dem nördlichen
Nachbar.

Ein nicht minder bemerkenswerther Unterschied des Ver-
kehrs der Latiner und Etrusker liegt in dem verschiedenen
Handelszug. Ueber den ältesten Handel der Etrusker im
adriatischen Meer können wir kaum etwas angeben als die
Vermuthung, dass er von Spina und Hatria vorzugsweise nach
Kerkyra gegangen sei. Dass die westlichen Etrusker sich
dreist in die östlichen Meere wagten und nicht bloss mit Si-
cilien, sondern auch mit dem eigentlichen Griechenland ver-
kehrten, ward schon gesagt. Auf alten Verkehr mit Attika
deuten nicht bloss die attischen Thongefässe, die in den jün-

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ACKERBAU, GEWERBE UND HANDEL.
und, wenn etwa im Ausland Miſsernte eingetreten war, sein
Getreide.

Aus diesem Stande des Waarenbedarfs und der dagegen
anzubietenden Aequivalente ist schon früher erklärt worden,
warum sich der italische Handel in Latium und in Etrurien
so verschiedenartig gestaltete. Alle hauptsächlichen Ausfuhr-
artikel mangelten den Latinern, so daſs sie durchaus einen
Passivhandel führten; wogegen die tuskische Handelsbilanz in
Caere wie in Populonia, in Capua wie in Spina sich noth-
wendig günstiger stellen muſste. Daher der schnell entwickelte
Wohlstand dieser Gegenden und ihre mächtige Handelsstel-
lung; während Latium vorwiegend eine ackerbauende Land-
schaft bleibt. Es wiederholt sich dies in allen einzelnen Be-
ziehungen: die ältesten nach griechischer Art, nur mit ungrie-
chischer Verschwendung gebauten und ausgestatteten Gräber
finden sich in Caere, während die latinische Landschaft kein
einziges Luxusgrab aus älterer Zeit aufweist und hier wie bei
den Sabellern ein einfacher Rasen die Leiche eines Jeden be-
deckte. Die ältesten Münzen, den groſsgriechischen der Zeit
nach wenig nachstehend, gehören Etrurien, namentlich Popu-
lonia; Latium hat in der ganzen Königszeit mit Kupfer nach
dem Gewicht sich beholfen und selbst die fremden Münzen
nicht eingeführt, denn nur äuſserst selten haben dergleichen,
wie zum Beispiel eine von Poseidonia, dort sich gefunden. In
Architektur, Plastik und Toreutik wirkten dieselben Anregungen
auf Etrurien und auf Latium, aber nur dort kommt ihnen
überall das Kapital entgegen und erzeugt ausgedehnten Betrieb
und gesteigerte Technik. Es waren wohl im Ganzen dieselben
Waaren, die man in Latium und Etrurien kaufte, verkaufte
und fabricirte; aber in der Intensität des Verkehrs stand
die südliche Landschaft weit zurück hinter dem nördlichen
Nachbar.

Ein nicht minder bemerkenswerther Unterschied des Ver-
kehrs der Latiner und Etrusker liegt in dem verschiedenen
Handelszug. Ueber den ältesten Handel der Etrusker im
adriatischen Meer können wir kaum etwas angeben als die
Vermuthung, daſs er von Spina und Hatria vorzugsweise nach
Kerkyra gegangen sei. Daſs die westlichen Etrusker sich
dreist in die östlichen Meere wagten und nicht bloſs mit Si-
cilien, sondern auch mit dem eigentlichen Griechenland ver-
kehrten, ward schon gesagt. Auf alten Verkehr mit Attika
deuten nicht bloſs die attischen Thongefäſse, die in den jün-

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[131/0145] ACKERBAU, GEWERBE UND HANDEL. und, wenn etwa im Ausland Miſsernte eingetreten war, sein Getreide. Aus diesem Stande des Waarenbedarfs und der dagegen anzubietenden Aequivalente ist schon früher erklärt worden, warum sich der italische Handel in Latium und in Etrurien so verschiedenartig gestaltete. Alle hauptsächlichen Ausfuhr- artikel mangelten den Latinern, so daſs sie durchaus einen Passivhandel führten; wogegen die tuskische Handelsbilanz in Caere wie in Populonia, in Capua wie in Spina sich noth- wendig günstiger stellen muſste. Daher der schnell entwickelte Wohlstand dieser Gegenden und ihre mächtige Handelsstel- lung; während Latium vorwiegend eine ackerbauende Land- schaft bleibt. Es wiederholt sich dies in allen einzelnen Be- ziehungen: die ältesten nach griechischer Art, nur mit ungrie- chischer Verschwendung gebauten und ausgestatteten Gräber finden sich in Caere, während die latinische Landschaft kein einziges Luxusgrab aus älterer Zeit aufweist und hier wie bei den Sabellern ein einfacher Rasen die Leiche eines Jeden be- deckte. Die ältesten Münzen, den groſsgriechischen der Zeit nach wenig nachstehend, gehören Etrurien, namentlich Popu- lonia; Latium hat in der ganzen Königszeit mit Kupfer nach dem Gewicht sich beholfen und selbst die fremden Münzen nicht eingeführt, denn nur äuſserst selten haben dergleichen, wie zum Beispiel eine von Poseidonia, dort sich gefunden. In Architektur, Plastik und Toreutik wirkten dieselben Anregungen auf Etrurien und auf Latium, aber nur dort kommt ihnen überall das Kapital entgegen und erzeugt ausgedehnten Betrieb und gesteigerte Technik. Es waren wohl im Ganzen dieselben Waaren, die man in Latium und Etrurien kaufte, verkaufte und fabricirte; aber in der Intensität des Verkehrs stand die südliche Landschaft weit zurück hinter dem nördlichen Nachbar. Ein nicht minder bemerkenswerther Unterschied des Ver- kehrs der Latiner und Etrusker liegt in dem verschiedenen Handelszug. Ueber den ältesten Handel der Etrusker im adriatischen Meer können wir kaum etwas angeben als die Vermuthung, daſs er von Spina und Hatria vorzugsweise nach Kerkyra gegangen sei. Daſs die westlichen Etrusker sich dreist in die östlichen Meere wagten und nicht bloſs mit Si- cilien, sondern auch mit dem eigentlichen Griechenland ver- kehrten, ward schon gesagt. Auf alten Verkehr mit Attika deuten nicht bloſs die attischen Thongefäſse, die in den jün- 9*

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/145>, abgerufen am 24.11.2024.