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Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854.

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DIE HELLENEN UND DIE SEEHERRSCHAFT.
Eingebornen zinsten dort seitdem ihren Herren Pech, Wachs
und Honig. Charakteristisch ist es für die Stellung der Cae-
riten, dass sie die phokaeischen Gefangenen auf dem Markt
von Caere steinigten und alsdann, um den Frevel zu sühnen,
den delphischen Apoll beschickten. -- In welchem Verhältniss
die Italiker zu den Poenern standen, vermögen wir genauer
nicht zu bestimmen; vermuthlich suchte man sie von den
östlichen Gewässern und von Spanien fernzuhalten, auf das
Karthago früh den Blick geworfen hatte. Wir finden wenig-
stens, dass den Römern in ihrem Vertrag mit Karthago der
Besuch der spanischen Küste nicht so erleichtert ward wie
der von Africa, Sardinien und Sicilien. Dass Tarraco eine
tuskische Gründung sei, und dass die Etrusker eine Kolonie
nach den canarischen Inseln hätten senden wollen, aber von
den Karthagern daran verhindert worden seien; dass die Ar-
deaten sich in Saguntum angesiedelt; dass ein punischer
Schiffer, der das römische ihm in den atlantischen Ocean
nachsteuernde Fahrzeug mit Aufopferung seines eigenen Schif-
fes auf eine Sandbank geführt habe, desshalb von seiner Ge-
meinde belohnt worden sei, sind Erzählungen, deren Glaub-
würdigkeit nicht ausser Zweifel ist, die aber, auch wenn sie
erfunden sein sollten, für die Rivalität auch unter den ver-
bündeten Flaggen bezeichnend sind. -- Was die östlichen
Gewässer anlangt, so war es natürlich den Karthagern nicht
möglich die auch im adriatischen Meer mächtigen Etrusker
davon auszuschliessen; dagegen den Latinern untersagte der
Vertrag mit Karthago die Beschiffung der Gewässer östlich vom
Kap Bon und ebenso ein Vertrag mit Tarent, den wir wohl
schon in diese Zeit setzen dürfen, ihnen die Fahrt östlich vom
lakinischen Vorgebirge.


DIE HELLENEN UND DIE SEEHERRSCHAFT.
Eingebornen zinsten dort seitdem ihren Herren Pech, Wachs
und Honig. Charakteristisch ist es für die Stellung der Cae-
riten, daſs sie die phokaeischen Gefangenen auf dem Markt
von Caere steinigten und alsdann, um den Frevel zu sühnen,
den delphischen Apoll beschickten. — In welchem Verhältniſs
die Italiker zu den Poenern standen, vermögen wir genauer
nicht zu bestimmen; vermuthlich suchte man sie von den
östlichen Gewässern und von Spanien fernzuhalten, auf das
Karthago früh den Blick geworfen hatte. Wir finden wenig-
stens, daſs den Römern in ihrem Vertrag mit Karthago der
Besuch der spanischen Küste nicht so erleichtert ward wie
der von Africa, Sardinien und Sicilien. Daſs Tarraco eine
tuskische Gründung sei, und daſs die Etrusker eine Kolonie
nach den canarischen Inseln hätten senden wollen, aber von
den Karthagern daran verhindert worden seien; daſs die Ar-
deaten sich in Saguntum angesiedelt; daſs ein punischer
Schiffer, der das römische ihm in den atlantischen Ocean
nachsteuernde Fahrzeug mit Aufopferung seines eigenen Schif-
fes auf eine Sandbank geführt habe, deſshalb von seiner Ge-
meinde belohnt worden sei, sind Erzählungen, deren Glaub-
würdigkeit nicht auſser Zweifel ist, die aber, auch wenn sie
erfunden sein sollten, für die Rivalität auch unter den ver-
bündeten Flaggen bezeichnend sind. — Was die östlichen
Gewässer anlangt, so war es natürlich den Karthagern nicht
möglich die auch im adriatischen Meer mächtigen Etrusker
davon auszuschlieſsen; dagegen den Latinern untersagte der
Vertrag mit Karthago die Beschiffung der Gewässer östlich vom
Kap Bon und ebenso ein Vertrag mit Tarent, den wir wohl
schon in diese Zeit setzen dürfen, ihnen die Fahrt östlich vom
lakinischen Vorgebirge.


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[101/0115] DIE HELLENEN UND DIE SEEHERRSCHAFT. Eingebornen zinsten dort seitdem ihren Herren Pech, Wachs und Honig. Charakteristisch ist es für die Stellung der Cae- riten, daſs sie die phokaeischen Gefangenen auf dem Markt von Caere steinigten und alsdann, um den Frevel zu sühnen, den delphischen Apoll beschickten. — In welchem Verhältniſs die Italiker zu den Poenern standen, vermögen wir genauer nicht zu bestimmen; vermuthlich suchte man sie von den östlichen Gewässern und von Spanien fernzuhalten, auf das Karthago früh den Blick geworfen hatte. Wir finden wenig- stens, daſs den Römern in ihrem Vertrag mit Karthago der Besuch der spanischen Küste nicht so erleichtert ward wie der von Africa, Sardinien und Sicilien. Daſs Tarraco eine tuskische Gründung sei, und daſs die Etrusker eine Kolonie nach den canarischen Inseln hätten senden wollen, aber von den Karthagern daran verhindert worden seien; daſs die Ar- deaten sich in Saguntum angesiedelt; daſs ein punischer Schiffer, der das römische ihm in den atlantischen Ocean nachsteuernde Fahrzeug mit Aufopferung seines eigenen Schif- fes auf eine Sandbank geführt habe, deſshalb von seiner Ge- meinde belohnt worden sei, sind Erzählungen, deren Glaub- würdigkeit nicht auſser Zweifel ist, die aber, auch wenn sie erfunden sein sollten, für die Rivalität auch unter den ver- bündeten Flaggen bezeichnend sind. — Was die östlichen Gewässer anlangt, so war es natürlich den Karthagern nicht möglich die auch im adriatischen Meer mächtigen Etrusker davon auszuschlieſsen; dagegen den Latinern untersagte der Vertrag mit Karthago die Beschiffung der Gewässer östlich vom Kap Bon und ebenso ein Vertrag mit Tarent, den wir wohl schon in diese Zeit setzen dürfen, ihnen die Fahrt östlich vom lakinischen Vorgebirge.

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Zitationshilfe: Mommsen, Theodor: Römische Geschichte. Bd. 1: Bis zur Schlacht von Pydna. Leipzig, 1854, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mommsen_roemische01_1854/115>, abgerufen am 28.04.2024.