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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841.

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sen, der "Bujuk-Bend", liegt zunächst unterhalb jenes,
von Bulgaren bewohnten Orts, deren Vorältern einst als
Kriegsgefangene aus Belgrad an der Donau hierher ver-
pflanzt wurden und den Namen ihrer Vaterstadt auf die
neue Heimath übertrugen. Jener Bend hat, wenn er ge-
füllt ist, eine Länge von mehr als 1000 Schritten, er faßt
allein 8 bis 10 Millionen Kubikfuß Wasser, und ersetzt sei-
nen Vorrath aus dem Jnhalt eines zweiten Reservoirs
dicht oberhalb Belgrad. Die Leitung nimmt zuerst von
links her den Abfluß des nahen "Eski Sultan Mahmud
Bend" auf, welcher sich durch die Höhe seiner Mauer und
durch schöne Waldufer auszeichnet; dann empfängt er über
einen Aquaduct den Tribut des eine halbe Stunde westlich
gelegenen "Pascha-Bend". Die vereinten Wasser über-
schreiten nun das weite Thal der "süßen Wasser" (des
alten Barbyses) auf einem gewaltigen Aquaduct eine vier-
tel Stunde unterhalb Pyrgos (griechisch Burgas, Burg),
welcher nicht geradeaus geht, sondern einen Winkel bildet,
an architectonischer Schönheit aber, wie mir scheint, alle
übrigen übertrifft. Jenseits nimmt die Leitung nun zu
"Basch-hawuß" (Hauptteich) den Zufluß des in einer ein-
samen Waldschlucht romantisch gelegenen "Aivat-Bend"
auf. Sein Wasser übersetzt das Thal des Barbyses eine
halbe Stunde oberhalb Pyrgos auf dem an 1000 Schritte
langen, aber sehr unregelmäßig gebauten Solimans-Aqua-
duct. Außer diesen Haupt-Zuflüssen sind unterweges eine
Menge kleiner Quellwasser in die Leitung aufgenommen,
welche nunmehr über die flache Höhe nach dem Thal des
"Aly-bey-kjoi-suj" (dem. Cydaris der Alten) zieht. Dies
Thal überschreitet ein Aquaduct, welcher den Namen Ju-
stinians führt; er ist nicht der längste, aber der höchste
von allen, und so dauerhaft erbaut, daß ein Jahrtausend
die zwei Etagen von weiten Bogen nicht erschüttert hat,
welche den Wasserfaden in einer Höhe von 90 bis 100 Fuß
über die Thalsohle fortleiten. Wer nicht schwindlig ist,
kann bequem neben der überwölbten Rinne entlang schrei-

ſen, der „Bujuk-Bend“, liegt zunaͤchſt unterhalb jenes,
von Bulgaren bewohnten Orts, deren Voraͤltern einſt als
Kriegsgefangene aus Belgrad an der Donau hierher ver-
pflanzt wurden und den Namen ihrer Vaterſtadt auf die
neue Heimath uͤbertrugen. Jener Bend hat, wenn er ge-
fuͤllt iſt, eine Laͤnge von mehr als 1000 Schritten, er faßt
allein 8 bis 10 Millionen Kubikfuß Waſſer, und erſetzt ſei-
nen Vorrath aus dem Jnhalt eines zweiten Reſervoirs
dicht oberhalb Belgrad. Die Leitung nimmt zuerſt von
links her den Abfluß des nahen „Eski Sultan Mahmud
Bend“ auf, welcher ſich durch die Hoͤhe ſeiner Mauer und
durch ſchoͤne Waldufer auszeichnet; dann empfaͤngt er uͤber
einen Aquaduct den Tribut des eine halbe Stunde weſtlich
gelegenen „Paſcha-Bend“. Die vereinten Waſſer uͤber-
ſchreiten nun das weite Thal der „ſuͤßen Waſſer“ (des
alten Barbyſes) auf einem gewaltigen Aquaduct eine vier-
tel Stunde unterhalb Pyrgos (griechiſch Burgas, Burg),
welcher nicht geradeaus geht, ſondern einen Winkel bildet,
an architectoniſcher Schoͤnheit aber, wie mir ſcheint, alle
uͤbrigen uͤbertrifft. Jenſeits nimmt die Leitung nun zu
„Baſch-hawuß“ (Hauptteich) den Zufluß des in einer ein-
ſamen Waldſchlucht romantiſch gelegenen „Aivat-Bend“
auf. Sein Waſſer uͤberſetzt das Thal des Barbyſes eine
halbe Stunde oberhalb Pyrgos auf dem an 1000 Schritte
langen, aber ſehr unregelmaͤßig gebauten Solimans-Aqua-
duct. Außer dieſen Haupt-Zufluͤſſen ſind unterweges eine
Menge kleiner Quellwaſſer in die Leitung aufgenommen,
welche nunmehr uͤber die flache Hoͤhe nach dem Thal des
„Aly-bey-kjoi-ſuj“ (dem. Cydaris der Alten) zieht. Dies
Thal uͤberſchreitet ein Aquaduct, welcher den Namen Ju-
ſtinians fuͤhrt; er iſt nicht der laͤngſte, aber der hoͤchſte
von allen, und ſo dauerhaft erbaut, daß ein Jahrtauſend
die zwei Etagen von weiten Bogen nicht erſchuͤttert hat,
welche den Waſſerfaden in einer Hoͤhe von 90 bis 100 Fuß
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kann bequem neben der uͤberwoͤlbten Rinne entlang ſchrei-

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[89/0099] ſen, der „Bujuk-Bend“, liegt zunaͤchſt unterhalb jenes, von Bulgaren bewohnten Orts, deren Voraͤltern einſt als Kriegsgefangene aus Belgrad an der Donau hierher ver- pflanzt wurden und den Namen ihrer Vaterſtadt auf die neue Heimath uͤbertrugen. Jener Bend hat, wenn er ge- fuͤllt iſt, eine Laͤnge von mehr als 1000 Schritten, er faßt allein 8 bis 10 Millionen Kubikfuß Waſſer, und erſetzt ſei- nen Vorrath aus dem Jnhalt eines zweiten Reſervoirs dicht oberhalb Belgrad. Die Leitung nimmt zuerſt von links her den Abfluß des nahen „Eski Sultan Mahmud Bend“ auf, welcher ſich durch die Hoͤhe ſeiner Mauer und durch ſchoͤne Waldufer auszeichnet; dann empfaͤngt er uͤber einen Aquaduct den Tribut des eine halbe Stunde weſtlich gelegenen „Paſcha-Bend“. Die vereinten Waſſer uͤber- ſchreiten nun das weite Thal der „ſuͤßen Waſſer“ (des alten Barbyſes) auf einem gewaltigen Aquaduct eine vier- tel Stunde unterhalb Pyrgos (griechiſch Burgas, Burg), welcher nicht geradeaus geht, ſondern einen Winkel bildet, an architectoniſcher Schoͤnheit aber, wie mir ſcheint, alle uͤbrigen uͤbertrifft. Jenſeits nimmt die Leitung nun zu „Baſch-hawuß“ (Hauptteich) den Zufluß des in einer ein- ſamen Waldſchlucht romantiſch gelegenen „Aivat-Bend“ auf. Sein Waſſer uͤberſetzt das Thal des Barbyſes eine halbe Stunde oberhalb Pyrgos auf dem an 1000 Schritte langen, aber ſehr unregelmaͤßig gebauten Solimans-Aqua- duct. Außer dieſen Haupt-Zufluͤſſen ſind unterweges eine Menge kleiner Quellwaſſer in die Leitung aufgenommen, welche nunmehr uͤber die flache Hoͤhe nach dem Thal des „Aly-bey-kjoi-ſuj“ (dem. Cydaris der Alten) zieht. Dies Thal uͤberſchreitet ein Aquaduct, welcher den Namen Ju- ſtinians fuͤhrt; er iſt nicht der laͤngſte, aber der hoͤchſte von allen, und ſo dauerhaft erbaut, daß ein Jahrtauſend die zwei Etagen von weiten Bogen nicht erſchuͤttert hat, welche den Waſſerfaden in einer Hoͤhe von 90 bis 100 Fuß uͤber die Thalſohle fortleiten. Wer nicht ſchwindlig iſt, kann bequem neben der uͤberwoͤlbten Rinne entlang ſchrei-

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Zitationshilfe: Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/99>, abgerufen am 22.11.2024.