Das eiserne Thor ist nun nicht so schrecklich, wie sein Name; die Donau fließt zwischen nicht sehr hohen bewal- deten Bergen auf einer Strecke von etwa 1500 Schritt über mehrere niedrige Felsriffe, die quer durch das Bette setzen. Nur bei ganz niedrigem Wasserstand sind die Klip- pen sichtbar; da aber die Donau 8- bis 900 Fuß breit und ihr Gefälle hier stärker ist, als auf andern Stellen, so entsteht heftiger Strudel bei geringer Tiefe des Fahrwas- sers, letzteres zieht sich an der nördlichen wallachischen Seite hin, wo die Thalwand sich ziemlich abschüssig herab- senkt und nur den nöthigen Raum für einen Fahrweg läßt. Am Fuße der serbischen Berge hingegen befindet sich ein 50 bis 100 Schritt breiter Absatz zwischen dem Thalhang und dem Flußufer.
Reisende und Güter werden in große Donaukähne ein- geschifft und von zwanzig Paar Ochsen bis gegenüber von Orsowa hinaufgezogen; der Zeitverlust hierbei entsteht haupt- sächlich daraus, daß an vielen Orten kein Leinpfad vorhan- den ist. Bei den vorspringenden Felsriffen, so wie bei den Bastionen des Forts Elisabeth werden die Thiere ausge- spannt, und das Ende des wohl an 400 Schritte langen Taues muß auf einem Kahne um das Hinderniß herum- geführt und jenseits wieder angeschirrt werden.
Die Festung Neu-Orsowa mit dem gegenüber liegen- den Fort Elisabeth gewährt einen sehr schönen Anblick; letz- teres besteht aus zwei casemattirten Bastionen mit einer Defensiv-Kaserne als Courtine. Ueber diese ragt an dem schroff abfallenden Thalrand ein schön gebauter Thurm mit vier Feuer-Etagen empor, zu welcher man durch eine un- terirdische Wendeltreppe empor steigt. Neu-Orsowa ist mit großem Aufwande von Mauerwerk und Hohlbau mit Con- tregarden und zwei detachirten Forts, aber Alles im klein- sten Maaßstab gebaut; die Straßen an beiden Ufern, so wie die Fahrt auf der Donau sind durch das Geschütz der Festung vollkommen beherrscht, und es kam eigentlich nur
Das eiſerne Thor iſt nun nicht ſo ſchrecklich, wie ſein Name; die Donau fließt zwiſchen nicht ſehr hohen bewal- deten Bergen auf einer Strecke von etwa 1500 Schritt uͤber mehrere niedrige Felsriffe, die quer durch das Bette ſetzen. Nur bei ganz niedrigem Waſſerſtand ſind die Klip- pen ſichtbar; da aber die Donau 8- bis 900 Fuß breit und ihr Gefaͤlle hier ſtaͤrker iſt, als auf andern Stellen, ſo entſteht heftiger Strudel bei geringer Tiefe des Fahrwaſ- ſers, letzteres zieht ſich an der noͤrdlichen wallachiſchen Seite hin, wo die Thalwand ſich ziemlich abſchuͤſſig herab- ſenkt und nur den noͤthigen Raum fuͤr einen Fahrweg laͤßt. Am Fuße der ſerbiſchen Berge hingegen befindet ſich ein 50 bis 100 Schritt breiter Abſatz zwiſchen dem Thalhang und dem Flußufer.
Reiſende und Guͤter werden in große Donaukaͤhne ein- geſchifft und von zwanzig Paar Ochſen bis gegenuͤber von Orſowa hinaufgezogen; der Zeitverluſt hierbei entſteht haupt- ſaͤchlich daraus, daß an vielen Orten kein Leinpfad vorhan- den iſt. Bei den vorſpringenden Felsriffen, ſo wie bei den Baſtionen des Forts Eliſabeth werden die Thiere ausge- ſpannt, und das Ende des wohl an 400 Schritte langen Taues muß auf einem Kahne um das Hinderniß herum- gefuͤhrt und jenſeits wieder angeſchirrt werden.
Die Feſtung Neu-Orſowa mit dem gegenuͤber liegen- den Fort Eliſabeth gewaͤhrt einen ſehr ſchoͤnen Anblick; letz- teres beſteht aus zwei caſemattirten Baſtionen mit einer Defenſiv-Kaſerne als Courtine. Ueber dieſe ragt an dem ſchroff abfallenden Thalrand ein ſchoͤn gebauter Thurm mit vier Feuer-Etagen empor, zu welcher man durch eine un- terirdiſche Wendeltreppe empor ſteigt. Neu-Orſowa iſt mit großem Aufwande von Mauerwerk und Hohlbau mit Con- tregarden und zwei detachirten Forts, aber Alles im klein- ſten Maaßſtab gebaut; die Straßen an beiden Ufern, ſo wie die Fahrt auf der Donau ſind durch das Geſchuͤtz der Feſtung vollkommen beherrſcht, und es kam eigentlich nur
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0437"n="427"/><p>Das eiſerne Thor iſt nun nicht ſo ſchrecklich, wie ſein<lb/>
Name; die Donau fließt zwiſchen nicht ſehr hohen bewal-<lb/>
deten Bergen auf einer Strecke von etwa 1500 Schritt<lb/>
uͤber mehrere niedrige Felsriffe, die quer durch das Bette<lb/>ſetzen. Nur bei ganz niedrigem Waſſerſtand ſind die Klip-<lb/>
pen ſichtbar; da aber die Donau 8- bis 900 Fuß breit<lb/>
und ihr Gefaͤlle hier ſtaͤrker iſt, als auf andern Stellen, ſo<lb/>
entſteht heftiger Strudel bei geringer Tiefe des Fahrwaſ-<lb/>ſers, letzteres zieht ſich an der noͤrdlichen wallachiſchen<lb/>
Seite hin, wo die Thalwand ſich ziemlich abſchuͤſſig herab-<lb/>ſenkt und nur den noͤthigen Raum fuͤr einen Fahrweg laͤßt.<lb/>
Am Fuße der ſerbiſchen Berge hingegen befindet ſich ein<lb/>
50 bis 100 Schritt breiter Abſatz zwiſchen dem Thalhang<lb/>
und dem Flußufer.</p><lb/><p>Reiſende und Guͤter werden in große Donaukaͤhne ein-<lb/>
geſchifft und von zwanzig Paar Ochſen bis gegenuͤber von<lb/>
Orſowa hinaufgezogen; der Zeitverluſt hierbei entſteht haupt-<lb/>ſaͤchlich daraus, daß an vielen Orten kein Leinpfad vorhan-<lb/>
den iſt. Bei den vorſpringenden Felsriffen, ſo wie bei den<lb/>
Baſtionen des Forts Eliſabeth werden die Thiere ausge-<lb/>ſpannt, und das Ende des wohl an 400 Schritte langen<lb/>
Taues muß auf einem Kahne um das Hinderniß herum-<lb/>
gefuͤhrt und jenſeits wieder angeſchirrt werden.</p><lb/><p>Die Feſtung Neu-Orſowa mit dem gegenuͤber liegen-<lb/>
den Fort Eliſabeth gewaͤhrt einen ſehr ſchoͤnen Anblick; letz-<lb/>
teres beſteht aus zwei caſemattirten Baſtionen mit einer<lb/>
Defenſiv-Kaſerne als Courtine. Ueber dieſe ragt an dem<lb/>ſchroff abfallenden Thalrand ein ſchoͤn gebauter Thurm mit<lb/>
vier Feuer-Etagen empor, zu welcher man durch eine un-<lb/>
terirdiſche Wendeltreppe empor ſteigt. Neu-Orſowa iſt mit<lb/>
großem Aufwande von Mauerwerk und Hohlbau mit Con-<lb/>
tregarden und zwei detachirten Forts, aber Alles im klein-<lb/>ſten Maaßſtab gebaut; die Straßen an beiden Ufern, ſo<lb/>
wie die Fahrt auf der Donau ſind durch das Geſchuͤtz der<lb/>
Feſtung vollkommen beherrſcht, und es kam eigentlich nur<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[427/0437]
Das eiſerne Thor iſt nun nicht ſo ſchrecklich, wie ſein
Name; die Donau fließt zwiſchen nicht ſehr hohen bewal-
deten Bergen auf einer Strecke von etwa 1500 Schritt
uͤber mehrere niedrige Felsriffe, die quer durch das Bette
ſetzen. Nur bei ganz niedrigem Waſſerſtand ſind die Klip-
pen ſichtbar; da aber die Donau 8- bis 900 Fuß breit
und ihr Gefaͤlle hier ſtaͤrker iſt, als auf andern Stellen, ſo
entſteht heftiger Strudel bei geringer Tiefe des Fahrwaſ-
ſers, letzteres zieht ſich an der noͤrdlichen wallachiſchen
Seite hin, wo die Thalwand ſich ziemlich abſchuͤſſig herab-
ſenkt und nur den noͤthigen Raum fuͤr einen Fahrweg laͤßt.
Am Fuße der ſerbiſchen Berge hingegen befindet ſich ein
50 bis 100 Schritt breiter Abſatz zwiſchen dem Thalhang
und dem Flußufer.
Reiſende und Guͤter werden in große Donaukaͤhne ein-
geſchifft und von zwanzig Paar Ochſen bis gegenuͤber von
Orſowa hinaufgezogen; der Zeitverluſt hierbei entſteht haupt-
ſaͤchlich daraus, daß an vielen Orten kein Leinpfad vorhan-
den iſt. Bei den vorſpringenden Felsriffen, ſo wie bei den
Baſtionen des Forts Eliſabeth werden die Thiere ausge-
ſpannt, und das Ende des wohl an 400 Schritte langen
Taues muß auf einem Kahne um das Hinderniß herum-
gefuͤhrt und jenſeits wieder angeſchirrt werden.
Die Feſtung Neu-Orſowa mit dem gegenuͤber liegen-
den Fort Eliſabeth gewaͤhrt einen ſehr ſchoͤnen Anblick; letz-
teres beſteht aus zwei caſemattirten Baſtionen mit einer
Defenſiv-Kaſerne als Courtine. Ueber dieſe ragt an dem
ſchroff abfallenden Thalrand ein ſchoͤn gebauter Thurm mit
vier Feuer-Etagen empor, zu welcher man durch eine un-
terirdiſche Wendeltreppe empor ſteigt. Neu-Orſowa iſt mit
großem Aufwande von Mauerwerk und Hohlbau mit Con-
tregarden und zwei detachirten Forts, aber Alles im klein-
ſten Maaßſtab gebaut; die Straßen an beiden Ufern, ſo
wie die Fahrt auf der Donau ſind durch das Geſchuͤtz der
Feſtung vollkommen beherrſcht, und es kam eigentlich nur
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/437>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.