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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841.

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ken zu erzielen. Aber wo werdet Jhr nun hingehen? --
Nach Marasch? Von Kaisarieh über die Samantia-Dörfer
Ekrek, Dallar, Gögsyn nach Albistan wird es gehen; wie
aber von dort Artillerie weiter kommen soll, davon habe
ich, nach meiner Kenntniß jenes Terrains, keine Vorstel-
lung, es sei denn, daß Jhr sie 18 Stunden weit auf Ka-
meelen fortschaffen könnt; wo nicht, so giebt es keine an-
dere Möglichkeit, als die Artillerie auf Malatia zu dirigiren.

Wenn Jhr nicht zu uns stoßt (und das wird wohl
nicht geschehen), so glaube ich, daß Jhr auf Kiliß vor-
rücken müßtet; ob Jhr über den Kara-Dagh und seinen
Derbend werdet vordringen können, ist sehr fraglich; Jhr
werdet aber doch einen Theil der feindlichen Kräfte in
Schach halten. Eine andere Frage ist es, ob Jhr nicht
von Marasch nach Adana eine Expedition unternehmt, um
den Boghas für Hadschi-Aly zu öffnen, welcher dort
angekommen sein soll; leider lauter vereinzelte Unternehmun-
gen, so wie die Landung von Cypern auch. Doch darüber
erwarte ich von Dir Nachricht. Wir müssen nun durch-
aus in Verbindung treten; wenn ich nur überhaupt erst
weiß, wo Jhr seid, werde ich Dir nöthigenfalls einen ex-
pressen Tataren spediren.

63.
Das Lager.

Es ist so lange her, seit Du keine Nachricht hast, daß
ich Dir gern heute einen langen Brief schriebe, aber das
wird kaum mehr möglich sein, der Tatar geht morgen früh
ab und mein Lichtstümpfchen ist beinahe schon in die Ba-
jonnet-Dille hinabgebrannt, welche als Leuchter neben mir
in die Erde eingepflanzt ist. Um Dich jedoch nicht länger
ohne Kunde von hier zu lassen, melde ich für heute nur
das Wichtigste, daß wir von Malatia aufgebrochen und

ken zu erzielen. Aber wo werdet Jhr nun hingehen? —
Nach Maraſch? Von Kaiſarieh uͤber die Samantia-Doͤrfer
Ekrek, Dallar, Goͤgſyn nach Albiſtan wird es gehen; wie
aber von dort Artillerie weiter kommen ſoll, davon habe
ich, nach meiner Kenntniß jenes Terrains, keine Vorſtel-
lung, es ſei denn, daß Jhr ſie 18 Stunden weit auf Ka-
meelen fortſchaffen koͤnnt; wo nicht, ſo giebt es keine an-
dere Moͤglichkeit, als die Artillerie auf Malatia zu dirigiren.

Wenn Jhr nicht zu uns ſtoßt (und das wird wohl
nicht geſchehen), ſo glaube ich, daß Jhr auf Kiliß vor-
ruͤcken muͤßtet; ob Jhr uͤber den Kara-Dagh und ſeinen
Derbend werdet vordringen koͤnnen, iſt ſehr fraglich; Jhr
werdet aber doch einen Theil der feindlichen Kraͤfte in
Schach halten. Eine andere Frage iſt es, ob Jhr nicht
von Maraſch nach Adana eine Expedition unternehmt, um
den Boghas fuͤr Hadſchi-Aly zu oͤffnen, welcher dort
angekommen ſein ſoll; leider lauter vereinzelte Unternehmun-
gen, ſo wie die Landung von Cypern auch. Doch daruͤber
erwarte ich von Dir Nachricht. Wir muͤſſen nun durch-
aus in Verbindung treten; wenn ich nur uͤberhaupt erſt
weiß, wo Jhr ſeid, werde ich Dir noͤthigenfalls einen ex-
preſſen Tataren ſpediren.

63.
Das Lager.

Es iſt ſo lange her, ſeit Du keine Nachricht haſt, daß
ich Dir gern heute einen langen Brief ſchriebe, aber das
wird kaum mehr moͤglich ſein, der Tatar geht morgen fruͤh
ab und mein Lichtſtuͤmpfchen iſt beinahe ſchon in die Ba-
jonnet-Dille hinabgebrannt, welche als Leuchter neben mir
in die Erde eingepflanzt iſt. Um Dich jedoch nicht laͤnger
ohne Kunde von hier zu laſſen, melde ich fuͤr heute nur
das Wichtigſte, daß wir von Malatia aufgebrochen und

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[376/0386] ken zu erzielen. Aber wo werdet Jhr nun hingehen? — Nach Maraſch? Von Kaiſarieh uͤber die Samantia-Doͤrfer Ekrek, Dallar, Goͤgſyn nach Albiſtan wird es gehen; wie aber von dort Artillerie weiter kommen ſoll, davon habe ich, nach meiner Kenntniß jenes Terrains, keine Vorſtel- lung, es ſei denn, daß Jhr ſie 18 Stunden weit auf Ka- meelen fortſchaffen koͤnnt; wo nicht, ſo giebt es keine an- dere Moͤglichkeit, als die Artillerie auf Malatia zu dirigiren. Wenn Jhr nicht zu uns ſtoßt (und das wird wohl nicht geſchehen), ſo glaube ich, daß Jhr auf Kiliß vor- ruͤcken muͤßtet; ob Jhr uͤber den Kara-Dagh und ſeinen Derbend werdet vordringen koͤnnen, iſt ſehr fraglich; Jhr werdet aber doch einen Theil der feindlichen Kraͤfte in Schach halten. Eine andere Frage iſt es, ob Jhr nicht von Maraſch nach Adana eine Expedition unternehmt, um den Boghas fuͤr Hadſchi-Aly zu oͤffnen, welcher dort angekommen ſein ſoll; leider lauter vereinzelte Unternehmun- gen, ſo wie die Landung von Cypern auch. Doch daruͤber erwarte ich von Dir Nachricht. Wir muͤſſen nun durch- aus in Verbindung treten; wenn ich nur uͤberhaupt erſt weiß, wo Jhr ſeid, werde ich Dir noͤthigenfalls einen ex- preſſen Tataren ſpediren. 63. Das Lager. Lager von Biradſchik am Euphrat, den 10. Juni 1839. Es iſt ſo lange her, ſeit Du keine Nachricht haſt, daß ich Dir gern heute einen langen Brief ſchriebe, aber das wird kaum mehr moͤglich ſein, der Tatar geht morgen fruͤh ab und mein Lichtſtuͤmpfchen iſt beinahe ſchon in die Ba- jonnet-Dille hinabgebrannt, welche als Leuchter neben mir in die Erde eingepflanzt iſt. Um Dich jedoch nicht laͤnger ohne Kunde von hier zu laſſen, melde ich fuͤr heute nur das Wichtigſte, daß wir von Malatia aufgebrochen und

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Zitationshilfe: Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/386>, abgerufen am 22.11.2024.