lich zusammen, wickelt es in ein Stück Musselin, drückt ein Siegel von rothem Wachs darauf und empfängt seine 20 Para für eine Freudenpost, wie für eine Todesnachricht.
Die zahllosen Kaffees gewähren jetzt einen eigenen An- blick, Alles drängt sich um die Feuerbecken, aber der lieb- liche Dampf des Kaffees und der Pfeife fehlt; es ist das Fest des Ramasan, und vor Einbruch der Nacht darf kein Rechtgläubiger essen, trinken, Taback rauchen, oder sich nur den Geruch einer Blume erlauben. Die Türken schleichen langsam in den Straßen herum, den Rosenkranz in der Hand, und schneiden grimmige Gesichter vor Hunger und ungewohn- ter Kälte. Sobald aber die Sonne hinter der Moschee Su- leimans des Prachtvollen untergeht, rufen die Jmans von allen Minarehs: "Es giebt keinen Gott, als Gott", und nun ist es sogar die Pflicht des Moslems, die Fasten zu brechen.
Wir sind nun bis an die Mauern von Galata gekom- men und steigen zu jenem großen weißen Thurm empor, von dem man wieder einen prachtvollen Anblick auf die Stadt jenseits des Hafens, auf Scutari, jenseits des Bos- phorus, und auf das Marmormeer, die Prinzeninseln und den asiatischen Olymp hat. Rechts breitet sich die mäch- tige Stadt von einer halben Million Einwohner aus, die so viel Werth wie ein Königreich hat, und wirklich über funfzig Jahre ein Kaiserthum gewesen ist, als die Ungläu- bigen schon den ganzen Rest des oströmischen Reichs ver- schlungen hatten. Die äußerste Spitze mit den hohen Mauern, den vielen Kuppeln und dunkelgrünen Cypressen ist das Seraj, eine Stadt für sich mit 7000 Einwohnern, mit ihren eigenen Mauern und Thoren. Dicht daneben wölbt sich die mächtige Kuppel der Sophienkirche, jetzt eine Moschee, welche das Vorbild zu so vielen andern Kirchen, selbst zu St. Peter in Rom, geworden ist. Weiter rechts ragen die sechs prächtigen Minarehs der Moschee Sultan Achmets her- vor. Wegen ihrer schlanken Form sehen diese Minarehs un- gleich höher aus, als die höchsten Thürme unserer christlichen Kirchen. Den höchsten Punkt aber bildet der schöne Thurm
lich zuſammen, wickelt es in ein Stuͤck Muſſelin, druͤckt ein Siegel von rothem Wachs darauf und empfaͤngt ſeine 20 Para fuͤr eine Freudenpoſt, wie fuͤr eine Todesnachricht.
Die zahlloſen Kaffees gewaͤhren jetzt einen eigenen An- blick, Alles draͤngt ſich um die Feuerbecken, aber der lieb- liche Dampf des Kaffees und der Pfeife fehlt; es iſt das Feſt des Ramaſan, und vor Einbruch der Nacht darf kein Rechtglaͤubiger eſſen, trinken, Taback rauchen, oder ſich nur den Geruch einer Blume erlauben. Die Tuͤrken ſchleichen langſam in den Straßen herum, den Roſenkranz in der Hand, und ſchneiden grimmige Geſichter vor Hunger und ungewohn- ter Kaͤlte. Sobald aber die Sonne hinter der Moſchee Su- leimans des Prachtvollen untergeht, rufen die Jmans von allen Minarehs: „Es giebt keinen Gott, als Gott“, und nun iſt es ſogar die Pflicht des Moslems, die Faſten zu brechen.
Wir ſind nun bis an die Mauern von Galata gekom- men und ſteigen zu jenem großen weißen Thurm empor, von dem man wieder einen prachtvollen Anblick auf die Stadt jenſeits des Hafens, auf Scutari, jenſeits des Bos- phorus, und auf das Marmormeer, die Prinzeninſeln und den aſiatiſchen Olymp hat. Rechts breitet ſich die maͤch- tige Stadt von einer halben Million Einwohner aus, die ſo viel Werth wie ein Koͤnigreich hat, und wirklich uͤber funfzig Jahre ein Kaiſerthum geweſen iſt, als die Unglaͤu- bigen ſchon den ganzen Reſt des oſtroͤmiſchen Reichs ver- ſchlungen hatten. Die aͤußerſte Spitze mit den hohen Mauern, den vielen Kuppeln und dunkelgruͤnen Cypreſſen iſt das Seraj, eine Stadt fuͤr ſich mit 7000 Einwohnern, mit ihren eigenen Mauern und Thoren. Dicht daneben woͤlbt ſich die maͤchtige Kuppel der Sophienkirche, jetzt eine Moſchee, welche das Vorbild zu ſo vielen andern Kirchen, ſelbſt zu St. Peter in Rom, geworden iſt. Weiter rechts ragen die ſechs praͤchtigen Minarehs der Moſchee Sultan Achmets her- vor. Wegen ihrer ſchlanken Form ſehen dieſe Minarehs un- gleich hoͤher aus, als die hoͤchſten Thuͤrme unſerer chriſtlichen Kirchen. Den hoͤchſten Punkt aber bildet der ſchoͤne Thurm
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lich zuſammen, wickelt es in ein Stuͤck Muſſelin, druͤckt ein
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Para fuͤr eine Freudenpoſt, wie fuͤr eine Todesnachricht.
Die zahlloſen Kaffees gewaͤhren jetzt einen eigenen An-
blick, Alles draͤngt ſich um die Feuerbecken, aber der lieb-
liche Dampf des Kaffees und der Pfeife fehlt; es iſt das
Feſt des Ramaſan, und vor Einbruch der Nacht darf kein
Rechtglaͤubiger eſſen, trinken, Taback rauchen, oder ſich nur
den Geruch einer Blume erlauben. Die Tuͤrken ſchleichen
langſam in den Straßen herum, den Roſenkranz in der Hand,
und ſchneiden grimmige Geſichter vor Hunger und ungewohn-
ter Kaͤlte. Sobald aber die Sonne hinter der Moſchee Su-
leimans des Prachtvollen untergeht, rufen die Jmans von
allen Minarehs: „Es giebt keinen Gott, als Gott“, und nun
iſt es ſogar die Pflicht des Moslems, die Faſten zu brechen.
Wir ſind nun bis an die Mauern von Galata gekom-
men und ſteigen zu jenem großen weißen Thurm empor,
von dem man wieder einen prachtvollen Anblick auf die
Stadt jenſeits des Hafens, auf Scutari, jenſeits des Bos-
phorus, und auf das Marmormeer, die Prinzeninſeln und
den aſiatiſchen Olymp hat. Rechts breitet ſich die maͤch-
tige Stadt von einer halben Million Einwohner aus, die
ſo viel Werth wie ein Koͤnigreich hat, und wirklich uͤber
funfzig Jahre ein Kaiſerthum geweſen iſt, als die Unglaͤu-
bigen ſchon den ganzen Reſt des oſtroͤmiſchen Reichs ver-
ſchlungen hatten. Die aͤußerſte Spitze mit den hohen
Mauern, den vielen Kuppeln und dunkelgruͤnen Cypreſſen
iſt das Seraj, eine Stadt fuͤr ſich mit 7000 Einwohnern,
mit ihren eigenen Mauern und Thoren. Dicht daneben
woͤlbt ſich die maͤchtige Kuppel der Sophienkirche, jetzt eine
Moſchee, welche das Vorbild zu ſo vielen andern Kirchen, ſelbſt
zu St. Peter in Rom, geworden iſt. Weiter rechts ragen die
ſechs praͤchtigen Minarehs der Moſchee Sultan Achmets her-
vor. Wegen ihrer ſchlanken Form ſehen dieſe Minarehs un-
gleich hoͤher aus, als die hoͤchſten Thuͤrme unſerer chriſtlichen
Kirchen. Den hoͤchſten Punkt aber bildet der ſchoͤne Thurm
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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/37>, abgerufen am 27.11.2024.
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