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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841.

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gab eine Zeit," sagte er den versammelten Generalen, "wo
wir die besten Topdschi's der Welt waren, und jetzt können
wir nicht über eine Ebene fahren!" "Kürzlich," fuhr er
fort, "hat ein gewisser Bey gesagt, daß die Artillerie, welche
die aus Preußen gesandten Offiziere in Konstantinopel er-
richten, ihm nicht gefalle, sie schösse langsam etc.; solchen
Leuten sollte man den Kopf vor die Füße legen, wir müs-
sen dem Padischah alle Tage danken, daß er uns Offiziere
geschickt, welche unser Jnteresse besser wahrnehmen, als
wir selbst, und für uns arbeiten, wenn wir schlafen!"

50.
Die orientalische Tracht.

Jch habe Dir jetzt über die letzten sechs Wochen mei-
nes Aufenthalt nachzuholen. Eine kleine Excursion an die
Quellen des Tigris ausgenommen, wurde sie größtentheils
zu Karput zugebracht, auf einer Klippe 1000 Fuß über der
reichen weiten Ebene von Mesireh, die rings von hohen
Bergen eingefaßt ist. Die Hitze unten zwang uns, nach
diesem Adlerhorst zu flüchten, von welchem wir die Dör-
fer, die Wege und Bäche, die Baumwollenfelder und Wein-
gärten, die Maulbeerwäldchen und die Läger der Truppen
wie auf einer großen Landkarte überblickten. Dieser Auf-
enthalt war indeß sehr einförmig und unerfreulich; täglich
kühlte ein heftiger Wind, von dem man unten in der Ebene
nichts ahnete, die Hitze bedeutend ab, aber Wind ist im-
mer ein unangenehmes, widerwärtiges Wetter; dabei war
die Sonnenhitze doch so brennend, daß man den ganzen
Tag das Zimmer hüten mußte, und nur Geschäfte trieben
mich von Zeit zu Zeit in die Ebene hinab. Erst wenn die
glühende Scheibe sich hinter die hohen armenischen Berge
gesenkt, auf deren Gipfel hin und wieder noch ein silber-

gab eine Zeit,“ ſagte er den verſammelten Generalen, „wo
wir die beſten Topdſchi's der Welt waren, und jetzt koͤnnen
wir nicht uͤber eine Ebene fahren!“ „Kuͤrzlich,“ fuhr er
fort, „hat ein gewiſſer Bey geſagt, daß die Artillerie, welche
die aus Preußen geſandten Offiziere in Konſtantinopel er-
richten, ihm nicht gefalle, ſie ſchoͤſſe langſam ꝛc.; ſolchen
Leuten ſollte man den Kopf vor die Fuͤße legen, wir muͤſ-
ſen dem Padiſchah alle Tage danken, daß er uns Offiziere
geſchickt, welche unſer Jntereſſe beſſer wahrnehmen, als
wir ſelbſt, und fuͤr uns arbeiten, wenn wir ſchlafen!“

50.
Die orientaliſche Tracht.

Jch habe Dir jetzt uͤber die letzten ſechs Wochen mei-
nes Aufenthalt nachzuholen. Eine kleine Excurſion an die
Quellen des Tigris ausgenommen, wurde ſie groͤßtentheils
zu Karput zugebracht, auf einer Klippe 1000 Fuß uͤber der
reichen weiten Ebene von Meſireh, die rings von hohen
Bergen eingefaßt iſt. Die Hitze unten zwang uns, nach
dieſem Adlerhorſt zu fluͤchten, von welchem wir die Doͤr-
fer, die Wege und Baͤche, die Baumwollenfelder und Wein-
gaͤrten, die Maulbeerwaͤldchen und die Laͤger der Truppen
wie auf einer großen Landkarte uͤberblickten. Dieſer Auf-
enthalt war indeß ſehr einfoͤrmig und unerfreulich; taͤglich
kuͤhlte ein heftiger Wind, von dem man unten in der Ebene
nichts ahnete, die Hitze bedeutend ab, aber Wind iſt im-
mer ein unangenehmes, widerwaͤrtiges Wetter; dabei war
die Sonnenhitze doch ſo brennend, daß man den ganzen
Tag das Zimmer huͤten mußte, und nur Geſchaͤfte trieben
mich von Zeit zu Zeit in die Ebene hinab. Erſt wenn die
gluͤhende Scheibe ſich hinter die hohen armeniſchen Berge
geſenkt, auf deren Gipfel hin und wieder noch ein ſilber-

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[304/0314] gab eine Zeit,“ ſagte er den verſammelten Generalen, „wo wir die beſten Topdſchi's der Welt waren, und jetzt koͤnnen wir nicht uͤber eine Ebene fahren!“ „Kuͤrzlich,“ fuhr er fort, „hat ein gewiſſer Bey geſagt, daß die Artillerie, welche die aus Preußen geſandten Offiziere in Konſtantinopel er- richten, ihm nicht gefalle, ſie ſchoͤſſe langſam ꝛc.; ſolchen Leuten ſollte man den Kopf vor die Fuͤße legen, wir muͤſ- ſen dem Padiſchah alle Tage danken, daß er uns Offiziere geſchickt, welche unſer Jntereſſe beſſer wahrnehmen, als wir ſelbſt, und fuͤr uns arbeiten, wenn wir ſchlafen!“ 50. Die orientaliſche Tracht. Hauptquartier Asbuſu bei Malatia, den 2. September 1838. Jch habe Dir jetzt uͤber die letzten ſechs Wochen mei- nes Aufenthalt nachzuholen. Eine kleine Excurſion an die Quellen des Tigris ausgenommen, wurde ſie groͤßtentheils zu Karput zugebracht, auf einer Klippe 1000 Fuß uͤber der reichen weiten Ebene von Meſireh, die rings von hohen Bergen eingefaßt iſt. Die Hitze unten zwang uns, nach dieſem Adlerhorſt zu fluͤchten, von welchem wir die Doͤr- fer, die Wege und Baͤche, die Baumwollenfelder und Wein- gaͤrten, die Maulbeerwaͤldchen und die Laͤger der Truppen wie auf einer großen Landkarte uͤberblickten. Dieſer Auf- enthalt war indeß ſehr einfoͤrmig und unerfreulich; taͤglich kuͤhlte ein heftiger Wind, von dem man unten in der Ebene nichts ahnete, die Hitze bedeutend ab, aber Wind iſt im- mer ein unangenehmes, widerwaͤrtiges Wetter; dabei war die Sonnenhitze doch ſo brennend, daß man den ganzen Tag das Zimmer huͤten mußte, und nur Geſchaͤfte trieben mich von Zeit zu Zeit in die Ebene hinab. Erſt wenn die gluͤhende Scheibe ſich hinter die hohen armeniſchen Berge geſenkt, auf deren Gipfel hin und wieder noch ein ſilber-

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Zitationshilfe: Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/314>, abgerufen am 25.11.2024.