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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841.

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handene wurde, wie beim Schloß Choris, in dieser Art fort-
gesetzt. Jm Schlosse von Beledschik (das die Türken Kalai-
Beda oder das Schloß des Beda nennen) laufen hinter
jener Bekleidung gewölbte Gänge mit Schießscharten. Jn
Suverek steht eine solche an 80 Fuß hohe schräge Wand
aus kohlschwarzen Basaltsteinen.

Das eigentliche Schloß Beda besteht aus drei, selbst
vier Etagen von Gewölben der colossalsten Art. Es be-
durfte der sechs Erdbeben, die es heimgesucht haben sollen,
um solche Steinblöcke auseinander zu reißen; das Meiste
steht aber noch unerschüttert da; es ist ein wahres Laby-
rinth. Eine schöne hohe Kirche, jetzt das Grab eines tür-
kischen Heiligen, mit den anstoßenden Gemächern ist noch
ganz erhalten; andere Räume sind verschüttet. Ein meh-
rere 100 Fuß tiefer Brunnen, der noch Wasser enthält, be-
findet sich in einem Gewölbe an der Nordseite, und der
Aufgang ist durch einen Gang in den Felsen selbst geführt.
Jn einem anderen Gewölbe fand ich zwei menschliche Figu-
ren in colossaler Größe abgebildet und eine persische Jn-
schrift.

Die Ruine von Kalai-Beda ist, so wie sie da steht, völ-
lig sturmfrei, man möchte sagen, unnehmbar; was soll
man auch wirklich gegen eine 100 Fuß hohe Felswand, auf
der eine 60 bis 80 Fuß hohe Mauer aus Felsblöcken steht,
viel unternehmen? Was das anhaltendste Brescheschießen
nur vermag, hat das Erdbeben bewirkt; ein an 100 Fuß
langes Stück der äußern Bekleidungsmauer ist von oben
den Berg herunter gestürzt, aber die Gewölbe dahinter ste-
hen unerschüttert und das Schloß ist unersteiglich nach
wie vor.

Auf dem Wege nach Orfa übernachteten wir in einem
Dorfe eigener Art. Jn dem ganzen obern Theile von Me-
sopotamien, der Steinwüste, wie ich sie Dir oben geschil-
dert, findest Du keinen Baum, keinen Busch, nicht so viel,
um ein Schwefelholz daraus zu schnitzeln, oft ist nicht Erde
genug da, um Grashalme zu treiben. Die Menschenwoh-

handene wurde, wie beim Schloß Choris, in dieſer Art fort-
geſetzt. Jm Schloſſe von Beledſchik (das die Tuͤrken Kalai-
Beda oder das Schloß des Beda nennen) laufen hinter
jener Bekleidung gewoͤlbte Gaͤnge mit Schießſcharten. Jn
Suverek ſteht eine ſolche an 80 Fuß hohe ſchraͤge Wand
aus kohlſchwarzen Baſaltſteinen.

Das eigentliche Schloß Beda beſteht aus drei, ſelbſt
vier Etagen von Gewoͤlben der coloſſalſten Art. Es be-
durfte der ſechs Erdbeben, die es heimgeſucht haben ſollen,
um ſolche Steinbloͤcke auseinander zu reißen; das Meiſte
ſteht aber noch unerſchuͤttert da; es iſt ein wahres Laby-
rinth. Eine ſchoͤne hohe Kirche, jetzt das Grab eines tuͤr-
kiſchen Heiligen, mit den anſtoßenden Gemaͤchern iſt noch
ganz erhalten; andere Raͤume ſind verſchuͤttet. Ein meh-
rere 100 Fuß tiefer Brunnen, der noch Waſſer enthaͤlt, be-
findet ſich in einem Gewoͤlbe an der Nordſeite, und der
Aufgang iſt durch einen Gang in den Felſen ſelbſt gefuͤhrt.
Jn einem anderen Gewoͤlbe fand ich zwei menſchliche Figu-
ren in coloſſaler Groͤße abgebildet und eine perſiſche Jn-
ſchrift.

Die Ruine von Kalai-Beda iſt, ſo wie ſie da ſteht, voͤl-
lig ſturmfrei, man moͤchte ſagen, unnehmbar; was ſoll
man auch wirklich gegen eine 100 Fuß hohe Felswand, auf
der eine 60 bis 80 Fuß hohe Mauer aus Felsbloͤcken ſteht,
viel unternehmen? Was das anhaltendſte Breſcheſchießen
nur vermag, hat das Erdbeben bewirkt; ein an 100 Fuß
langes Stuͤck der aͤußern Bekleidungsmauer iſt von oben
den Berg herunter geſtuͤrzt, aber die Gewoͤlbe dahinter ſte-
hen unerſchuͤttert und das Schloß iſt unerſteiglich nach
wie vor.

Auf dem Wege nach Orfa uͤbernachteten wir in einem
Dorfe eigener Art. Jn dem ganzen obern Theile von Me-
ſopotamien, der Steinwuͤſte, wie ich ſie Dir oben geſchil-
dert, findeſt Du keinen Baum, keinen Buſch, nicht ſo viel,
um ein Schwefelholz daraus zu ſchnitzeln, oft iſt nicht Erde
genug da, um Grashalme zu treiben. Die Menſchenwoh-

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[228/0238] handene wurde, wie beim Schloß Choris, in dieſer Art fort- geſetzt. Jm Schloſſe von Beledſchik (das die Tuͤrken Kalai- Beda oder das Schloß des Beda nennen) laufen hinter jener Bekleidung gewoͤlbte Gaͤnge mit Schießſcharten. Jn Suverek ſteht eine ſolche an 80 Fuß hohe ſchraͤge Wand aus kohlſchwarzen Baſaltſteinen. Das eigentliche Schloß Beda beſteht aus drei, ſelbſt vier Etagen von Gewoͤlben der coloſſalſten Art. Es be- durfte der ſechs Erdbeben, die es heimgeſucht haben ſollen, um ſolche Steinbloͤcke auseinander zu reißen; das Meiſte ſteht aber noch unerſchuͤttert da; es iſt ein wahres Laby- rinth. Eine ſchoͤne hohe Kirche, jetzt das Grab eines tuͤr- kiſchen Heiligen, mit den anſtoßenden Gemaͤchern iſt noch ganz erhalten; andere Raͤume ſind verſchuͤttet. Ein meh- rere 100 Fuß tiefer Brunnen, der noch Waſſer enthaͤlt, be- findet ſich in einem Gewoͤlbe an der Nordſeite, und der Aufgang iſt durch einen Gang in den Felſen ſelbſt gefuͤhrt. Jn einem anderen Gewoͤlbe fand ich zwei menſchliche Figu- ren in coloſſaler Groͤße abgebildet und eine perſiſche Jn- ſchrift. Die Ruine von Kalai-Beda iſt, ſo wie ſie da ſteht, voͤl- lig ſturmfrei, man moͤchte ſagen, unnehmbar; was ſoll man auch wirklich gegen eine 100 Fuß hohe Felswand, auf der eine 60 bis 80 Fuß hohe Mauer aus Felsbloͤcken ſteht, viel unternehmen? Was das anhaltendſte Breſcheſchießen nur vermag, hat das Erdbeben bewirkt; ein an 100 Fuß langes Stuͤck der aͤußern Bekleidungsmauer iſt von oben den Berg herunter geſtuͤrzt, aber die Gewoͤlbe dahinter ſte- hen unerſchuͤttert und das Schloß iſt unerſteiglich nach wie vor. Auf dem Wege nach Orfa uͤbernachteten wir in einem Dorfe eigener Art. Jn dem ganzen obern Theile von Me- ſopotamien, der Steinwuͤſte, wie ich ſie Dir oben geſchil- dert, findeſt Du keinen Baum, keinen Buſch, nicht ſo viel, um ein Schwefelholz daraus zu ſchnitzeln, oft iſt nicht Erde genug da, um Grashalme zu treiben. Die Menſchenwoh-

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Zitationshilfe: Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/238>, abgerufen am 25.11.2024.