am Ufer Fundamente von riesenhaften Quadern aufgeführt. Die Höhe dahinter war von alten Mauerresten umgeben, und hat wahrscheinlich die Stadt Amisus getragen, in welcher der mächtige Römerfeind gehauset. -- Es hat sich so getroffen, daß ich nun fast alle Häfen des Schwarzen Meeres von der Mündung der Donau bis zum Kisil-Jr- mak genauer kennen gelernt habe; sie sind sämmtlich schlecht. Das schon von Alters her so verrufene Schwarze Meer ist weder stürmischer noch so oft mit Nebel bedeckt, wie un- sere Ostsee, und Untiefen und Klippen, wie jene, hat es gar nicht; die große Gefahr besteht hauptsächlich in dem Mangel an geschützten Rheden und gesicherten Häfen. Am besten auf der genannten Strecke von über 150 deutschen Meilen ist die weite Bucht von Burgas, in welcher man sich nach Beschaffenheit der Umstände und je nach der Rich- tung des Windes einen Ankerplatz wählen kann. Der Bos- phor selbst ist zwar ein vortrefflicher Hafen, aber der Ein- gang überaus schwer zu finden, und höchst gefährlich, wenn man ihn verfehlt. Die Nordküste Kleinasiens bietet bis Samsun, d. h. auf 100 deutsche Meilen, nur zwei Punkte dar, in welchen Schiffe Schutz suchen können, und diese sind bei starken Stürmen aus Nord-Osten so gefährlich, daß das Dampfschiff den Kessel geheizt behält, um das Weite zu suchen, wenn die Anker der Gewalt der Wogen weichen. Auch in Varna sah ich ein Dampfschiff bei fürch- terlichem Sturm auslaufen, weil der Hafen ihm gefähr- licher schien, als die hohe See. Bei schlechtem Wetter kann das Schiff in Samsun gar nicht landen, sondern nimmt seine Passagiere mit bis Trapezunt, denn die vier Meilen weit vorgreifenden, ganz niedrigen Landzungen, welche der Kisil- und Jeschil-Jrmak (der rothe und grüne Strom) angeschwemmt haben, machen den Zugang bei dunklem Wet- ter allzu gefahrvoll. Aber der Hafen von Trapezunt ist um nichts besser, und obwohl ein sehr wichtiger Handel über diesen Platz getrieben wird, so ist doch nicht das Ge- ringste geschehen, um den Ort einem Seehafen ähnlich zu
am Ufer Fundamente von rieſenhaften Quadern aufgefuͤhrt. Die Hoͤhe dahinter war von alten Mauerreſten umgeben, und hat wahrſcheinlich die Stadt Amiſus getragen, in welcher der maͤchtige Roͤmerfeind gehauſet. — Es hat ſich ſo getroffen, daß ich nun faſt alle Haͤfen des Schwarzen Meeres von der Muͤndung der Donau bis zum Kiſil-Jr- mak genauer kennen gelernt habe; ſie ſind ſaͤmmtlich ſchlecht. Das ſchon von Alters her ſo verrufene Schwarze Meer iſt weder ſtuͤrmiſcher noch ſo oft mit Nebel bedeckt, wie un- ſere Oſtſee, und Untiefen und Klippen, wie jene, hat es gar nicht; die große Gefahr beſteht hauptſaͤchlich in dem Mangel an geſchuͤtzten Rheden und geſicherten Haͤfen. Am beſten auf der genannten Strecke von uͤber 150 deutſchen Meilen iſt die weite Bucht von Burgas, in welcher man ſich nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde und je nach der Rich- tung des Windes einen Ankerplatz waͤhlen kann. Der Bos- phor ſelbſt iſt zwar ein vortrefflicher Hafen, aber der Ein- gang uͤberaus ſchwer zu finden, und hoͤchſt gefaͤhrlich, wenn man ihn verfehlt. Die Nordkuͤſte Kleinaſiens bietet bis Samſun, d. h. auf 100 deutſche Meilen, nur zwei Punkte dar, in welchen Schiffe Schutz ſuchen koͤnnen, und dieſe ſind bei ſtarken Stuͤrmen aus Nord-Oſten ſo gefaͤhrlich, daß das Dampfſchiff den Keſſel geheizt behaͤlt, um das Weite zu ſuchen, wenn die Anker der Gewalt der Wogen weichen. Auch in Varna ſah ich ein Dampfſchiff bei fuͤrch- terlichem Sturm auslaufen, weil der Hafen ihm gefaͤhr- licher ſchien, als die hohe See. Bei ſchlechtem Wetter kann das Schiff in Samſun gar nicht landen, ſondern nimmt ſeine Paſſagiere mit bis Trapezunt, denn die vier Meilen weit vorgreifenden, ganz niedrigen Landzungen, welche der Kiſil- und Jeſchil-Jrmak (der rothe und gruͤne Strom) angeſchwemmt haben, machen den Zugang bei dunklem Wet- ter allzu gefahrvoll. Aber der Hafen von Trapezunt iſt um nichts beſſer, und obwohl ein ſehr wichtiger Handel uͤber dieſen Platz getrieben wird, ſo iſt doch nicht das Ge- ringſte geſchehen, um den Ort einem Seehafen aͤhnlich zu
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am Ufer Fundamente von rieſenhaften Quadern aufgefuͤhrt.
Die Hoͤhe dahinter war von alten Mauerreſten umgeben,
und hat wahrſcheinlich die Stadt Amiſus getragen, in
welcher der maͤchtige Roͤmerfeind gehauſet. — Es hat ſich
ſo getroffen, daß ich nun faſt alle Haͤfen des Schwarzen
Meeres von der Muͤndung der Donau bis zum Kiſil-Jr-
mak genauer kennen gelernt habe; ſie ſind ſaͤmmtlich ſchlecht.
Das ſchon von Alters her ſo verrufene Schwarze Meer iſt
weder ſtuͤrmiſcher noch ſo oft mit Nebel bedeckt, wie un-
ſere Oſtſee, und Untiefen und Klippen, wie jene, hat es
gar nicht; die große Gefahr beſteht hauptſaͤchlich in dem
Mangel an geſchuͤtzten Rheden und geſicherten Haͤfen. Am
beſten auf der genannten Strecke von uͤber 150 deutſchen
Meilen iſt die weite Bucht von Burgas, in welcher man
ſich nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde und je nach der Rich-
tung des Windes einen Ankerplatz waͤhlen kann. Der Bos-
phor ſelbſt iſt zwar ein vortrefflicher Hafen, aber der Ein-
gang uͤberaus ſchwer zu finden, und hoͤchſt gefaͤhrlich, wenn
man ihn verfehlt. Die Nordkuͤſte Kleinaſiens bietet bis
Samſun, d. h. auf 100 deutſche Meilen, nur zwei Punkte
dar, in welchen Schiffe Schutz ſuchen koͤnnen, und dieſe
ſind bei ſtarken Stuͤrmen aus Nord-Oſten ſo gefaͤhrlich,
daß das Dampfſchiff den Keſſel geheizt behaͤlt, um das
Weite zu ſuchen, wenn die Anker der Gewalt der Wogen
weichen. Auch in Varna ſah ich ein Dampfſchiff bei fuͤrch-
terlichem Sturm auslaufen, weil der Hafen ihm gefaͤhr-
licher ſchien, als die hohe See. Bei ſchlechtem Wetter
kann das Schiff in Samſun gar nicht landen, ſondern
nimmt ſeine Paſſagiere mit bis Trapezunt, denn die vier
Meilen weit vorgreifenden, ganz niedrigen Landzungen, welche
der Kiſil- und Jeſchil-Jrmak (der rothe und gruͤne Strom)
angeſchwemmt haben, machen den Zugang bei dunklem Wet-
ter allzu gefahrvoll. Aber der Hafen von Trapezunt iſt
um nichts beſſer, und obwohl ein ſehr wichtiger Handel
uͤber dieſen Platz getrieben wird, ſo iſt doch nicht das Ge-
ringſte geſchehen, um den Ort einem Seehafen aͤhnlich zu
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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/210>, abgerufen am 27.11.2024.
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