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Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841.

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ler sind erstlich ein etwa 80 Fuß hoher Obelisk aus meh-
reren Steinen aufgethürmt, welche zu seinem Unglück mit
vergoldeten Kupferplatten bekleidet gewesen sind; diese hat
die Habgier abgerissen, und der Obelisk steht so schief und
ist so baufällig, daß es unbegreiflich scheint, wie er den
Stürmen und Erdbeben noch widerstehen kann. Das zweite
Denkmal ist die 10 Fuß hohe broncene Säule, drei um
einander gewundene Schlangen darstellend, deren Köpfe
aber verschwunden sind; Mehmet oder Mohammed der Er-
oberer hieb der einen mit seiner Streitaxt die Unterkiefer
ab. -- Es läßt sich mit großer geschichtlicher Gewißheit
nachweisen, daß dieser Schlangenpfeiler dem Apoll von den
Griechen geweiht wurde, zum Andenken ihres Sieges über
Xerxes Myriaden. Herodot und Pausanias führen an:
daß er den goldenen Dreifuß zu Delphi getragen, und die
Kirchen-Schriftsteller erwähnen seiner Versetzung nach By-
zanz durch Kaiser Konstantin. -- Am ältesten und doch
am besten erhalten ist aber der ägyptische Obelisk; dieser
stammt aus einer uralten Monolithen-Familie aus Theben.
Einer der gewaltigen Aegypter wanderte auf das Geheiß
des Pompejus nach Alexandrien und liegt dort im Sande
hingestreckt; ein zweiter sieht sich mit Staunen nach Pa-
ris versetzt; der dritte pilgerte nach Rom; aber trotz sei-
ner 12,000 Ctr. Schwere sollte er dort keine Ruhe haben,
sondern mußte die Wanderung nach der neuen Hauptstadt
des Weltreichs fortsetzen.

Es ist erstaunlich, daß die Türken diesen Stein haben
aufrecht stehen lassen, denn er ist bedeckt nicht nur mit Kä-
fern und Vögeln, Händen und Augen, sondern auch mit
Abbildungen von Menschen, Alles so scharf gezeichnet und
so wohl erhalten, daß man glaubt, es sei vor vier Tagen
und nicht vor vier Jahrtausenden gemeißelt worden; die
obere Spitze dieses Monolithen ist schief abgeschnitten oder
zugespitzt. Einige Schriftsteller behaupten, er sei abgebro-
chen, das ist aber wohl nicht der Fall, denn es befinden
sich Hieroglyphen ebenfalls auf den obern Facetten. Der

ler ſind erſtlich ein etwa 80 Fuß hoher Obelisk aus meh-
reren Steinen aufgethuͤrmt, welche zu ſeinem Ungluͤck mit
vergoldeten Kupferplatten bekleidet geweſen ſind; dieſe hat
die Habgier abgeriſſen, und der Obelisk ſteht ſo ſchief und
iſt ſo baufaͤllig, daß es unbegreiflich ſcheint, wie er den
Stuͤrmen und Erdbeben noch widerſtehen kann. Das zweite
Denkmal iſt die 10 Fuß hohe broncene Saͤule, drei um
einander gewundene Schlangen darſtellend, deren Koͤpfe
aber verſchwunden ſind; Mehmet oder Mohammed der Er-
oberer hieb der einen mit ſeiner Streitaxt die Unterkiefer
ab. — Es laͤßt ſich mit großer geſchichtlicher Gewißheit
nachweiſen, daß dieſer Schlangenpfeiler dem Apoll von den
Griechen geweiht wurde, zum Andenken ihres Sieges uͤber
Xerxes Myriaden. Herodot und Pauſanias fuͤhren an:
daß er den goldenen Dreifuß zu Delphi getragen, und die
Kirchen-Schriftſteller erwaͤhnen ſeiner Verſetzung nach By-
zanz durch Kaiſer Konſtantin. — Am aͤlteſten und doch
am beſten erhalten iſt aber der aͤgyptiſche Obelisk; dieſer
ſtammt aus einer uralten Monolithen-Familie aus Theben.
Einer der gewaltigen Aegypter wanderte auf das Geheiß
des Pompejus nach Alexandrien und liegt dort im Sande
hingeſtreckt; ein zweiter ſieht ſich mit Staunen nach Pa-
ris verſetzt; der dritte pilgerte nach Rom; aber trotz ſei-
ner 12,000 Ctr. Schwere ſollte er dort keine Ruhe haben,
ſondern mußte die Wanderung nach der neuen Hauptſtadt
des Weltreichs fortſetzen.

Es iſt erſtaunlich, daß die Tuͤrken dieſen Stein haben
aufrecht ſtehen laſſen, denn er iſt bedeckt nicht nur mit Kaͤ-
fern und Voͤgeln, Haͤnden und Augen, ſondern auch mit
Abbildungen von Menſchen, Alles ſo ſcharf gezeichnet und
ſo wohl erhalten, daß man glaubt, es ſei vor vier Tagen
und nicht vor vier Jahrtauſenden gemeißelt worden; die
obere Spitze dieſes Monolithen iſt ſchief abgeſchnitten oder
zugeſpitzt. Einige Schriftſteller behaupten, er ſei abgebro-
chen, das iſt aber wohl nicht der Fall, denn es befinden
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[178/0188] ler ſind erſtlich ein etwa 80 Fuß hoher Obelisk aus meh- reren Steinen aufgethuͤrmt, welche zu ſeinem Ungluͤck mit vergoldeten Kupferplatten bekleidet geweſen ſind; dieſe hat die Habgier abgeriſſen, und der Obelisk ſteht ſo ſchief und iſt ſo baufaͤllig, daß es unbegreiflich ſcheint, wie er den Stuͤrmen und Erdbeben noch widerſtehen kann. Das zweite Denkmal iſt die 10 Fuß hohe broncene Saͤule, drei um einander gewundene Schlangen darſtellend, deren Koͤpfe aber verſchwunden ſind; Mehmet oder Mohammed der Er- oberer hieb der einen mit ſeiner Streitaxt die Unterkiefer ab. — Es laͤßt ſich mit großer geſchichtlicher Gewißheit nachweiſen, daß dieſer Schlangenpfeiler dem Apoll von den Griechen geweiht wurde, zum Andenken ihres Sieges uͤber Xerxes Myriaden. Herodot und Pauſanias fuͤhren an: daß er den goldenen Dreifuß zu Delphi getragen, und die Kirchen-Schriftſteller erwaͤhnen ſeiner Verſetzung nach By- zanz durch Kaiſer Konſtantin. — Am aͤlteſten und doch am beſten erhalten iſt aber der aͤgyptiſche Obelisk; dieſer ſtammt aus einer uralten Monolithen-Familie aus Theben. Einer der gewaltigen Aegypter wanderte auf das Geheiß des Pompejus nach Alexandrien und liegt dort im Sande hingeſtreckt; ein zweiter ſieht ſich mit Staunen nach Pa- ris verſetzt; der dritte pilgerte nach Rom; aber trotz ſei- ner 12,000 Ctr. Schwere ſollte er dort keine Ruhe haben, ſondern mußte die Wanderung nach der neuen Hauptſtadt des Weltreichs fortſetzen. Es iſt erſtaunlich, daß die Tuͤrken dieſen Stein haben aufrecht ſtehen laſſen, denn er iſt bedeckt nicht nur mit Kaͤ- fern und Voͤgeln, Haͤnden und Augen, ſondern auch mit Abbildungen von Menſchen, Alles ſo ſcharf gezeichnet und ſo wohl erhalten, daß man glaubt, es ſei vor vier Tagen und nicht vor vier Jahrtauſenden gemeißelt worden; die obere Spitze dieſes Monolithen iſt ſchief abgeſchnitten oder zugeſpitzt. Einige Schriftſteller behaupten, er ſei abgebro- chen, das iſt aber wohl nicht der Fall, denn es befinden ſich Hieroglyphen ebenfalls auf den obern Façetten. Der

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Zitationshilfe: Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/188>, abgerufen am 28.11.2024.